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1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

Titel: 1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Jakob Weiher
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Jakobsweg zu gehen, wenn er dies wieder zulassen würde. Und deshalb ist sie hier. Sie schafft es gerade von Herberge zu Herberge, aber ihr wird auch überall geholfen.“
    „Unglaublich“, sagte ich und erzählte von meiner Begegnung mit ihr und das sie mich so merkwürdig angesehen hatte, als ich ihr meine Hilfe angeboten habe.
    „Lass dich nicht von ihrem körperlichen Zustand und ihrem Alter täuschen. Du hättest sie gestern Abend auf der Grillparty erleben sollen. Sie ist im Geiste eine junge Frau mit richtig Humor.“ Jörg wirkte bei diesen Worten sehr berührt.
    „Sie hat mir erzählt, wie sie mit Gott spricht und er mit ihr.“
    Bei diesen Worten kam eine junge Frau an unseren Tisch und begrüßte uns. Conni hatte ebenfalls an der Grillparty teilgenommen. Sie stand neben Hinz und Kunz und erkundigte sich nach ihrem heutigen Ziel. Sie wollten vielleicht bis zum nächst größeren Ort und dann mit dem Bus weiter.
    „Ihr seid doch erst vorgestern in Burgos gestartet“, fragte sie entgeistert, „ und da wollt ihr schon mit dem Bus weiter?“
    „Es soll ja nicht zu anstrengend werden“, lächelte Hinz und bürstete ihr Haar.
    Daraufhin verabschiedete sich Conni und ich wandte mich wieder Jörg zu. Er war tatsächlich immer noch in seinen Sandalen unterwegs, ohne große Fußprobleme. Aber sonst schien ihm der Weg Schwierigkeiten zu bereiten. Er hatte sogar darüber nachgedacht, nach Hause zu fahren. Na, da wäre es sicher nicht lustig gewesen, ihm über Monica und mich zu berichten. Ich bekam Hummeln im Hintern und verabschiedete mich.
    Ich wanderte eine Weile durch abgeerntete Weizenfelder, als ich hinter mir das Gebimmel der Pferdekutsche hörte. Die ganze Truppe galoppierte an mir vorbei und schreckte zwei Störche auf, die unweit im Feld nach Mäusen gesucht hatten. Wenig später überholte ich Conni mit einem kurzen Gruß.
    An einer Brücke versorgte ich mich in einem kleinen Kiosk mit süßem Proviant, den ich im Schatten sitzend vertilgte. Conni kam auf mich zu und wollte wissen, wo ich das Eis her habe. Ich zeigte in die Richtung des Kiosks. Eine Minute später setzte sie sich zu mir.
    „Bei uns in Köln“, startete ich den Versuch einer Konversation, „sagt man, wenn man sich dreimal am Tag begegnet, muss man dem anderen einen ausgeben.“ Da wir aber beide unser Eis schon hatten, verschoben wir das auf unser nächstes Treffen. Ich startete als erster, sie blieb in einiger Entfernung hinter mir.

    Der Weg führte nun einige Kilometer an einem Bach entlang in kleine Waldgebiete, die sich hier und da verengten und ziemlich dicht wurden. Außer Conni und mir konnte ich niemanden auf dem Weg entdecken. Manchmal schaute ich nach hinten, um zu sehen, ob sie noch da war.
    Als ich sie eine ganze Weile nicht mehr sehen konnte, setzte ich mich an die Seite des Weges und machte eine kurze Pause.
    Minuten später tauchte sie auf und setzte sich mir gegenüber auf einen Baumstamm.
    „Jetzt geb ich eine Runde Schokolade aus“, sagte sie und schien nichts gegen eine Pause zu haben. Conni war in Frankreich gestartet und schon zwei Wochen unterwegs. Sie hatte ihren Jobwechsel genutzt, um eine Auszeit zu nehmen. Zeit spielte für sie also keine Rolle. Sie war verheiratet und ihr Mann ein selbständiger Architekt. Sie selbst hatte eine sichere Stellung bei der Stadtverwaltung aufgegeben und wollte sich in Zukunft um die Betreuung alter Menschen kümmern.
    Wir machten uns wieder auf den Weg und kamen auf die beiden aus dem Café zu sprechen.
    „Ich habe mich mit den beiden gestern während der Grillparty länger unterhalten“, sagte sie. Ich konnte das Wort Grillparty nicht mehr hören.
    „Und ich frage mich, wie sie mit der Einstellung auf den Jakobsweg gekommen sind. Und hast du mal auf Rapunzel geachtet?“
    „Rapunzel?“ fragte ich zurück.
    „Ja. Ist dir nicht aufgefallen, dass sie sich andauernd die Haare bürstet?“
    „Klar ist mir das aufgefallen. Ich nenne die beiden übrigens Hinz und Kunz.“ Wir lästerten noch ein bisschen, bis wir am frühen Nachmittag im Ort Villalcázar de Sirga im einzigen Restaurant des Ortes Jörg wieder trafen, der sich, wie wir, für die restlichen sieben Kilometer stärken wollte. Conni und ich nahmen also diese Kilometer unter die Füße und waren beide froh, nicht alleine gehen zu müssen.
    Der Weg führte schnurgerade neben einer Landstraße entlang. Einzig als Ablenkung geeignet waren Betonpfosten, die etwa einen Meter hoch, weiß gestrichen und mit einer

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