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1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

Titel: 1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Jakob Weiher
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Liebe eingerichtet. Sie ist supersauber und wird auch noch von einem deutschen Ehepaar geführt.“ Die beiden sahen mich verwirrt an.
    „Da werdet ihr aber noch tolle Überraschungen erleben. Pilgern ist kein Luxus“, ereiferte ich mich ein wenig, „da muss man auch schon mal auf die Verhältnisse von zu Hause verzichten.“
    Hinz bürstete sich verlegen ihr Haar und Kunz mahnte zum Aufbruch. Da konnte ich zumindest meinen Kaffee in Ruhe austrinken. Ich bedankte mich bei den Besitzern der Herberge für das Frühstück und machte mich auf den Weg.
    Das Wetter war wieder einmal traumhaft schön mit einem strahlend blauen Himmel.
    Weiter vor mir entdeckte ich einen Pilger, der Probleme haben musste. Als ich näher kam, erkannte ich eine alte Frau mit Rucksack im Schneckentempo voran kriechen. Ihre Körperhaltung war schlecht. Ihr Gang war schief und das rechte Bein zog sie hinter sich her. Einige Minuten schaute ich mir das an und überlegte, was ich tun sollte. Hatte sie sich verletzt? Schleifte sie sich zum nächsten Ort? Langsam kam ich näher und ging auf die andere Seite des Weges, um sie nicht zu erschrecken.
    Ich sprach sie in englischer Sprache an, wünschte ihr einen guten Morgen und fragte, ob ich ihr helfen konnte. Sie aber schaute mich nur an mit einem überraschten Blick und antwortete mir mit einem knappen „no.“ Ich wünschte ihr einen „Buen Camino“ und ging weiter.
    Der Weg führte wenig später entlang eines Wasserkanals namens „Canal del Castilla“, der um das achtzehnte Jahrhundert erbaut wurde. Er war insgesamt über zweihundert Kilometer lang und überwand auf dieser Strecke, mit Hilfe von achtundvierzig Wehren, einhundertfünfzig Höhenmeter.
    Vor dem Ort Frómista führte der Weg über eines dieser Wehre. Und wer stand dort und machte Fotos? Hinz und Kunz. Ich lächelte sie an und wollte über die schmale Fußgängerbrücke den Kanal überqueren, als mich Hinz bat, ein gemeinsames Foto von ihnen auf dem Wehr zu machen. Darüber freuten sie sich so sehr, dass sie mich einluden, mit ihnen im Ort einen Kaffee zu trinken.

    „Gerne“, grinste ich etwas unehrlich. Wir fanden ein schönes Café und saßen draußen auf dem Vorplatz einer Kirche. Wieder ging das Gefrage los. Ich hätte ja nichts dagegen gehabt, Pilgern, die erst frisch unterwegs sind ein paar Tipps zu geben. Aber ihre Fragen waren alle so negativ angehaucht, als wollten sie eine Bestätigung, dass auf dem Jakobsweg vieles im Argen liegen würde. Dann kamen wir auf die übervollen Rucksäcke der beiden zu sprechen. Ich erzählte ihnen von meinen Entlastungserfolgen, aber sie versuchten ihre Notwendigkeiten nur zu verteidigen. Er hatte zum Beispiel fünf Bücher eingepackt für Zeiten der Ruhe.
    „Jow“, schaute ich ihn an, „Ruhe in Frieden.“ Sie hatte wieder ihre Bürste in der Hand, mit der sie sich immer mal durchs Haar fuhr, was mich diesmal etwas irritierte.
    Wir saßen in unmittelbarer Nähe der Eingangstüre der kleinen Kirche und ab und zu beobachtete ich, wie jemand hinein oder hinaus kam. Dann entdeckte ich plötzlich ein bekanntes Gesicht — es war Jörg, der mich auch sofort bemerkte und sehr erfreut zu uns an den Tisch kam. Fast zwei Wochen hatten wir uns nicht gesehen.
    „Ich hatte mich schon gefragt, ob wir uns noch mal begegnen würden“, sagte er zu mir und begrüßte gleichzeitig Hinz und Kunz. Sie hatten in derselben Herberge übernachtet.
    „Das war eine tolle Herberge. Die hatten...“, ich unterbrach ihn lächelnd.
    „Ich weiß, ich hab da heute Morgen gefrühstückt.“
    Jörg erzählte ein wenig über seine Erlebnisse und fragte mich nach Monica. Ich sagte ihm nur, dass wir uns zufällig in Burgos getroffen, und zusammen die Kathedrale besichtigt hätten. Warum ich nicht offen war, verwunderte mich in dem Moment. Ich hatte nichts zu verbergen, aber es hatte doch den Eindruck gemacht, er habe sich zu Anfang in sie verliebt und ich wollte ihm nicht die Laune verderben.
    „Aber mal was anderes“, interessierte es mich, „hat jemand von Euch die alte Frau auf dem Weg gesehen?“
    „Ja“, erwiderte Jörg, „ das ist Katharina. Sie war auch mit uns in der Herberge. Ich habe ihr heute Morgen geholfen, den Rucksack aufzusetzen. Alleine kann sie das gar nicht.“
    „Aber sie ist doch verletzt, so wie sie geht“, meinte ich ungläubig.
    „Nein. Sie hatte vor einiger Zeit einen Schlaganfall und war vollkommen gelähmt. Dann hat sie angefangen zu beten und dem lieben Gott versprochen auf den

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