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1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg

Titel: 1000 Kilometer auf dem 1000-jährigen Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Jakob Weiher
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hat einen Sinn“, hatte sie mir sehr eindringlich gesagt, „achte immer darauf, was dich anspricht, wohin du dich gezogen fühlst. Es könnte für deinen speziellen Weg wichtig sein.“
    Dass ich eine bestimmte Mission zu erfüllen hatte, dessen wäre sie sich sicher. Welche das allerdings war, konnte, so Monica, nur ich selbst herausfinden.
    Nun, ja. Im Moment lag die Aufgabe im Überschreiten einer Brücke und dem Wandern durch zwanzig Kilometer Nichts.
    Das war mir jetzt zu blöd. Ich stand auf und bewegte mich wieder Richtung Brücke. Ich war fit, der Himmel blau und die Sonne schien.
    Und an der Brücke war wieder Schluss. Ich setzte mich auf die Mauer und dachte nach. Es fiel mir aber nichts Vernünftiges ein, außer, dass mir die Situation echt blöd vorkam. Das änderte sich auch nicht, als Conni sich mir näherte.
    „Na? Willst du nicht rüber?“ blickte sie in mein ratloses Gesicht.
    „Alles hat seinen Grund auf dem Weg“, sagte sie. Dann gab sie mir einen Kuss auf die Wange und überquerte die Brücke.

    Ich schlenderte wieder zurück ins Dorf, und diesmal machte ich einen kleinen Umweg. Als ich in der Nähe des Hauptplatzes um die Ecke bog, jubelten mir eine Gruppe bekannter Gesichter zu. Auf der Terrasse eines Cafés in der Morgensonne saßen Jörg, Marlies, Martina, Hinz und Kunz und das kanadische Paar, mit dem ich einige Tage zuvor das Zimmer geteilt hatte.
    „Wir haben heute alle keine Lust. Wir machen hier einen Sitzstreik“, sagte Jörg, der ungewohnt gute Laune zu haben schien. Die ganze Truppe war so merkwürdig gut drauf, dass ich schon den Verdacht hatte, sie hätten sich schon etwas Alkoholisches gegönnt. Bei dem Wort Sitzstreik war ich dabei und erzählte gleich, dass ich schon zweimal an der Brücke gewesen war.
    Nun war es ein kleiner Trost für mich, dass es auch anderen gestandenen Pilgern, Hinz und Kunz mal ausgenommen, so erging wie mir. Es gestaltete sich ein recht feudaler Vormittag. Alle hatten sich gestern mit reichlich Proviant eingedeckt für die lange, einsame Strecke. Und der wurde jetzt Stück für Stück hervorgeholt und so waren wir gegen Mittag voll abgefüllt.
    Marlies bedankte sich nochmals für das Teebaumöl, das ihr sehr geholfen hatte. Mich interessierte, wie die Gruppe nun weiter wollte. Jörg wollte hier im Ort bleiben und morgen einen neuen Versuch machen. Die anderen warteten auf dreizehn Uhr. Sie hatten sich Tickets für den Bus gekauft. Zuerst ignorierte ich das Wort Bus und redete weiter mit Jörg, der entspannt die Sonne genoss. Dann ging es wieder ganz schnell. Marlies fragte, wie ich denn weiter wollte.
    In dem Moment, als ich antworten wollte, fuhr der Bus vor. Er hielt einen Meter neben meinem Stuhl. Nicht nachdenkend holte ich meinen Rucksack und verabschiedete mich von Jörg. Mein Ticket löste ich beim Fahrer und setzte mich hinter Hinz und Kunz. Die Unterhaltung der beiden war wieder genauso, wie ich es schon von ihnen kannte :
    „Die Herberge letzte Nacht war viel zu laut, nicht sauber und eigentlich zu teuer.“ Und am dritten Tag ihrer Reise saßen sie schon im Bus, der kurze Zeit später in Terradillos de los Templarios hielt. So spontan ich eingestiegen war, eilte ich nun zur Tür hinaus.
    Vor meinem geistigen Auge tauchte das Bild der Brücke auf und wie zeitversetzt stand ich nun hier. Es geschah alles so spontan und schnell, ohne zu planen und nachzudenken. Langsam beschlich mich der Verdacht, irgendjemand setzte mich wie eine Figur von hier nach dort, damit ich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort sein würde.
    Ich setzte mich auf den Bordstein und studierte meinen Reiseführer. In etwa zwölf Kilometern gab es einen Ort namens Sahagún. Der Name gefiel mir und so wanderte ich bei herrlichem Wetter los. Am späten Nachmittag kam ich dort an und fand eine Herberge, wie ich sie mir schon vor meiner Reise gewünscht hatte. Es war eine alte Kirche.
    Über eine Treppe gelangte man auf eine große Empore, auf der zwanzig Betten und eine kleine Küche untergebracht waren. Dieser Raum war abgetrennt vom großen eigentlichen Kirchenraum, der als Konzert-, und Theatersaal genutzt wurde. Wenn hier am Abend, teils bis spät in die Nacht gespielt wurde, mahnte man die Pilger, ganz leise zu sein.
    Ich quartierte mich in dem, von außen nach rein gar nichts aussehenden, Gotteshaus ein und gönnte mir am Abend in einem feinen Restaurant ein ausgiebiges, gutes Essen mit einer Zigarre zum Nachtisch. Heute Abend gab es etwas zu feiern.

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