1003 - Die Templer-Säule
werden Zeit und Muße genug haben, darüber sprechen zu können. Deshalb komm mit mir.«
Da gab ich ihm recht. Es war einfach wunderbar, sich mit dem Mann zu unterhalten, als der ich einmal gelebt hatte, doch auf der anderen Seite war der Drang, endlich die Lade zu sehen, natürlich riesengroß.
Ich hätte ihn am liebsten gebeten, mich sofort dorthin zu führen, aber das ließ ich bleiben. So gut kannten wir uns nicht. Außerdem wollte ich sein Vertrauen nicht mißbrauchen, und so stellte ich diesen drängenden Wunsch zunächst einmal zurück.
Er lächelte mich an, als er wieder auf mich zutrat. Sein Gesicht war glatt, nicht bärtig wie das der meisten Männer hier in Jerusalem. Ich durfte gar nicht darüber nachdenken, daß er der Sohn des legendären Königs David war und später selbst zu einer Legende geworden war. Zudem befand ich mich in einer Zeit, über die das Alte Testament berichtete. Ich hätte jetzt so vieles erfahren können, aber das stellte ich zurück. Wichtig waren allein der König und die Lade.
Bevor er mich wegführte, lächelte er noch das Schwert an. Ich wollte es ihm schon geben, aber er schüttelte den Kopf und legte seine Hand auf meine, die bereits den Griff berührt hatte.
Es war schon ein unbeschreibliches Gefühl, das mich beim ersten Kontakt überkommen hatte. Da wurde ich praktisch von mir selbst angefaßt! Ich überlegte, ob ich ihm das sagen sollte und vor allen Dingen mit welchen Worten. Es würde schwierig werden, aber es nutzte auch nichts, sich jetzt schon darüber Gedanken zu machen.
Andere Dinge waren wichtiger.
Durch meine eigenen Gedanken hatte ich auf die Umgebung kaum achten können. Ich war einfach zu sehr abgelenkt gewesen und ließ mich dann eine Treppe hochführen.
Wenig später hatten wir die Gemächer des Königs betreten, und ich hielt für einen Moment die Luft an, denn ich wunderte mich über die Pracht der Ausstattung. Von anderen Königen war ich es gewohnt, auch in meiner Zeit gab es noch in manchen Schlössern einen unbeschreiblichen Luxus, aber hier hatte ich den Eindruck, im Palast eines muslimischen Herrschers zu stehen, obwohl an den Islam zur damaligen Zeit noch nicht zu denken war.
Mich beeindruckten die Wasserspeier und die Liegen.
Diener standen an verschiedenen Orten. Sie verbeugten sich, wenn wir sie passierten. Mosaike an den Decken und Wänden zeigten verschwenderische Motive. Man hatte mit Gold nicht gespart, und mir kam in den Sinn, daß sich in einem derartigen Palast auch die Königin von Saba wohlgefühlt hätte.
Salomo sagte nichts. Er beobachtete mich heimlich von der Seite her und lächelte hin und wieder. Wie jemand, der sich über das Staunen seines Begleiters amüsierte.
Zwei Diener glitten lautlos heran und öffneten uns eine zweiflügelige Tür. So konnte ich den privaten Bereich des Königs betreten, in dem die Düfte kostbarer Öle schwebten, vermischt mit Blumendüften.
Auch hier sprudelte Wasser – in Brunnen und aus den Wänden. Es war der Quell des Lebens, das in Rinnen aufgefangen und weitergeleitet wurde.
Ein Diener überholte uns. Er trug ein Tablett, auf dem Obst lag.
Datteln und Feigen. Auch einen Krug und zwei Schalen hatten darauf Platz gefunden.
In meiner Zeit sagt man Sitzlandschaft zu dem, in dem wir uns niederließen. Prächtige Liegen, herrlich weiche, bestickte Kissen.
Uns umwehte der angenehme Geruch des brennenden Öls.
Ich war tief in die Kissen eingesunken. Fühlte mich so wohl wie in Abrahams Schoß und mußte selbst über diesen Vergleich lächeln, weil Abraham auch eine biblische Figur war.
Salomo verstand das Lächeln falsch. »Es gefällt dir hier, nicht wahr?«
»Ja, es ist wunderschön. Eines Königs würdig.«
Er selbst schickte seinen Diener fort und verteilte Wasser aus dem Krug in die beiden Schalen. »So darf man es nicht sehen«, sagte er.
»Ich brauche den Prunk nicht, denn meine Welt ist eine andere. Es ist die Welt des Friedens. Ich möchte, daß keine Kriege mehr stattfinden. Ich will endlich Frieden haben, und ich bin auf dem Weg dorthin, denn ich habe es geschafft, die Stämme Israels zu vereinigen und Jerusalem zur Stadt Jahwes und des Königs zu machen. So kann ich nur hoffen, daß der Friede hält. Dazu brauche ich keinen Prunk, auch keinen Tempel. Das haben andere gewollt.«
»Das hat sich auch in meiner Zeit nicht geändert«, sagte ich.
Er schaute mich intensiv an, als er mir die Schale reichte. »Sind die Menschen gleichgeblieben?«
»Man kann es so
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