1003 - Die Templer-Säule
sah, dann überkam mich das Gefühl, einfach in die Leere hineinzufliegen. Abheben und weg.
Schritt für Schritt tappte ich weiter. Nur keinen Fehler begehen, nur nicht ausrutschen, auf keinen Fall den Blick abwenden und einen Fehltritt riskieren.
Die Anstrengung und die Konzentration waren enorm. Es gelang mir einfach nicht, das Zittern in den Knien zu unterdrücken. Ich tat, was ich tun mußte: Ich legte eine Pause ein und ließ mich vorsichtig auf einer Stufe nieder.
Tief ausatmen. Die Beine wieder unter Kontrolle kriegen. Mich trieb ja nichts, ich hatte keine Eile, ich würde schon früh genug zu dem Ziel in der Tiefe gelangen, die deutlich näher gerückt war.
Erkennbar näher!
Zum erstenmal zeichneten sich die Umrisse innerhalb der Schatten deutlicher ab. Mauern, Dächer, tiefe Löcher in den Wänden, die wie Eingänge zum Reich der Finsternis wirkten. Tunnels, Höhlen, ein düsteres Labyrinth, ein Versteck für das Böse, das so schnell kein Mensch entdecken würde.
Ja, dort unten öffnete sich eine Welt für mich. Ich hoffte, daß ich am Boden einen weiteren Hinweis auf die Bundeslade fand. Zurück schaute ich nicht, als ich mich wieder erhob. Der Weg nach vorn war wichtiger, aber ich kam jetzt besser voran, denn ich hatte mittlerweile Routine bekommen.
Schatten umgeisterten mich. Ihre Farbe sah aus wie ein dunkles Grau. Als hätte ein gewaltiger Mund Staub aufgewirbelt. Tatsächlich waren es keine treibenden Schatten, sondern die hier unten herrschende Finsternis, von einer kühleren und beinahe schon klebrigen Luft durchzogen, die ich bei jedem Atemzug in meine Lungen saugte.
Die letzten Stufen. Ich wußte es. Sie malten sich gerade noch als schwacher Umriß ab.
Endlich lag die Treppe hinter mir, und ich war nicht ein einziges Mal ausgerutscht.
Für einen Moment fühlte ich mich verdammt gut, wie jemand, der auf dem Podest des Siegers steht. Dann aber mußte ich mir die Kehle freihusten.
Das Hustengeräusch war normal. Aber es hallte als Echos durch die tiefe Schlucht. Die querstehenden Mauern gaben es ebenso wider wie die Wände.
Wo war ich gelandet?
Ohne Licht konnte ich nicht viel sehen. Meine Lampe trug ich wie immer bei mir. Ich schaltete sie ein und beschrieb mit dem Lichtkegel einen Kreis.
Er traf immer ein Ziel. Lautlos geisterte er über dunkle Wände hinweg, drang in Fenster- und Türöffnungen ein, suchte seinen Weg auch in den Löchern der Tunnels, um dahinter dann von der dicken Schwärze verschluckt zu werden.
Es spielte keine Rolle, ich welch eine Richtung ich mich bewegte.
Ob nach rechts oder links, es sah alles gleich aus, und ich gelangte immer in die verschiedenen Räume oder Bauten hinein, von denen manche eine Decke aufwiesen.
Hier unten wuchs nichts. Hier gab es nur den nackten Fels. Auch das Licht der Sonne war auf seinem Weg in die Tiefe längst versickert, so war ich denn einzig und allein auf meine Lampe angewiesen.
Mich interessierte eine der dunklen Öffnungen in der Felswand, die auch wie ein Maul aussahen. Es war egal, welche ich nahm, und so schritt ich auf dem direkten Weg der mir am nächsten liegenden entgegen. Sicherheitshalber stoppte ich vor dem Eingang, der vor und über mir ein schiefes Viereck bildete.
Der Lichtarm strahlte hinein.
Erwartungen hatte ich mir nicht gesetzt. Ich glaubte auch nicht an ein Ziel, das ich treffen würde, weil ich einfach damit rechnen mußte, eine leere Höhle vorzufinden.
Ein Irrtum!
Plötzlich drängte sich in meiner Magengegend so einiges zusammen. Die Luft kam mir noch kälter vor, ich spürte den Schauer auf meinem Rücken, denn was ich dort im kalten Licht der Lampe zu sehen bekam, hätte ich nicht erwartet.
Ich stand am Eingang einer kleinen Felsenkirche, einer Kapelle oder zumindest an einer Kultstätte. Das Licht hatte sich an einem Steinaltar verfangen, der leer und nur mit dünnem Staub bedeckt war. Davor und nicht einmal versetzt hatte ein Betbank ihren Platz gefunden. Ein hölzernes Gestell, nur in seinem Ursprung vorhanden, aber dennoch brüchig aussehend. Wenn ich mich darauf kniete, würde das Ding sicherlich zusammenbrechen.
Meine Überraschung dauerte nicht lange, und so betrat ich diese kleine Felskapelle. Etwas knirschte unter den Sohlen, und ein seltsamer Geruch erreichte meine Nase. Ich überlegte noch, dann wußte ich Bescheid.
Das war der Geruch von Weihrauch…
Weshalb mir bei dieser Erkenntnis ein Schauer über den Rücken rann, konnte ich beim besten Willen nicht sagen, aber der Weg
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