1008 - Ein Computer spielt verrückt
diese vergessene Fracht gestoßen war, hatte er der Kontorchefin sofort Meldung erstattet und sie auf die Möglichkeit einer Verwendung der primitiven Gebrauchsgegenstände in dieser Krisenzeit aufmerksam gemacht.
Und nun, kaum daß Mercell sich von ihm verabschiedet hatte, kam Alja Symens' Antwort. Sie ließ ihm durch einen Boten ausrichten, daß er die Waren sicherstellen und zur Verteilung vorbereiten solle.
Sassoon begab sich persönlich zu jener Lagerhalle.
Dort traf er seinen Stellvertreter Narom Kensaler an, der von Plophos stammte.
Sassoon teilte ihm die Entscheidung der Kontorchefin mit und wollte zusammen mit Kensaler einen Verteilerplan erstellen. Da wurde der Plophoser blaß.
„Das ist ein Alptraum, Avor", stammelte er. „Sag, daß das nicht wahr ist."
„Was ist, Narom?" fragte Sassoon argwöhnisch. „Du willst doch nicht sagen, daß die Waren nicht mehr zur Verfügung stehen?"
„Genau das!" rief Kensaler verzweifelt. „Erst vor wenigen Stunden ist der Befehl gekommen, den gesamten Warenbestand einzustampfen, damit Lagerraum frei wird. Das Lager ist bereits geräumt."
Sassoon zitterte vor Wut, er war nahe daran, seine Beherrschung zu verlieren.
„Von wem hast du den Befehl bekommen?" fragte er seinen Stellvertreter. „Und wurde er mündlich gegeben?"
„Nein, das nicht, er kam über unsere Frequenz und war kodiert", sagte Kensaler kleinlaut. „Ich hatte keinen Grund, daran zu zweifeln, daß du ihn gegeben hast."
„Idiot!" sagte Sassoon. „Du hättest wenigstens zurückfragen sollen. Wenn du deinen Verstand gebraucht hättest, wärest du daraufgekommen, daß Albert spielend leicht hinter den Kode kommen und Funkbefehle fälschen kann."
„Es tut mir leid", sagte Kensaler zerknirscht.
Sassoons Wut war noch nicht verraucht, als die Schreckensmeldung kam, daß die Stadt brennt.
„In Ost-Hades ist an Hunderten von Stellen gleichzeitig ein Brand ausgebrochen und greift rasend schnell um sich", wurde ihm berichtet.
„Wieso im Osten?" wunderte sich der Lagerverwalter im ersten Augenblick. „Mercell wurde mit seinem Trupp doch in den Westen gerufen."
Doch es dauerte nicht lange, bis er von selbst hinter die Wahrheit kam.
Ost-Hades war der modernste Stadtteil, das Luxusviertel, und voll an das Computernetz angeschlossen. Dort war die Positronik in jedem Haushalt gegenwärtig, so daß es für Albert ein leichtes war, an Hunderten von Stellen gleichzeitig Feuer zu entfachen.
Und es konnte nur die Positronik gewesen sein, die die Falschmeldung verbreitete, daß West-Hades in Flammen stand.
*
„Sind wir hier sicher?" erkundigte sich Alja Symens und blickte Jost Governor an.
„So sicher, wie man nur irgendwo im Kontor sein kann", antwortete der Chef des Demontagekommandos. „Meine Leute haben alle Anschlüsse an das Computernetz ausgeschaltet und groß teils auch demontiert. Ich selbst habe mich davon überzeugt, daß keine Verbindung mehr von diesem Raum zu Albert besteht. Nach menschlichem Ermessen ist es unmöglich, daß er irgend etwas davon erfährt, was wir hier besprechen."
„Mehr Garantien kann man eigentlich nicht erwarten", sagte Alja. „Es sei denn, wir ziehen uns in die Wälder jenseits der Stadtgrenze zurück."
„Nicht einmal dort sind wir mehr vor der Positronik sicher", erwiderte Jost müde. „Albert hat die gesamte Ladung der von uns demontierten Computerteile an sich gebracht und außerhalb des Kontors entführt." Er klopfte mit dem Finger auf den Handcomputer vor sich und fuhr fort: „Ich habe hier die Aufstellung aller Teile. Sie reichen aus, um irgendwo in der Wildnis eine Großcomputeranlage zu errichten. Sie wäre in der Lage, sowohl eigenständig zu operieren, wie auch mit der Kontor-Positronik zu kooperieren.
Albert besitzt somit einen Außenposten, dessen Position wir nicht kennen."
„Es scheint fast, als hätte Albert diesen Teilexodus lange geplant", meinte Alja.
„Ich möchte sogar noch weitergehen", sagte Jost. „Ich werde das Gefühl nicht los, daß Albert mich und meine Leute so lange gewähren ließ, bis wir genügend Bestandteile demontiert hatten, aus denen sich eine Großpositronik zusammenstellen ließ.
Dann kaperte er die Ladung und brachte sie in Sicherheit."
Alja nickte.
„Das zeigt, daß wir den Computer bis zuletzt unterschätzt haben", sagte sie.
„Schließlich haben wir, seine Erbauer, ihm Sperren eingegeben, die verhindern sollen, daß er uns bevormunden oder unterdrücken oder uns gar wissentlich Schaden
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