1008 - Endloser Schrecken
ebenfalls Gedanken über meinen Fall machen.
Dann los!
Ich holte das Handy hervor und schaltete es ein. Mit unruhigen Bewegungen wählte ich die Telefonnummer meiner Eltern…
***
Etwa fünfzehn Minuten später war alles gesagt. Suko hatte sofort begriffen und sich auch verständnisvoll gezeigt. Es war mir nur schwergefallen, ihm den Weg zu diesem Treffpunkt zu beschreiben, weil ich ihn selbst nicht mehr genau in der Erinnerung hatte, aber Suko wollte einen Einheimischen fragen, und diese Leute wußten schon Bescheid.
So wartete ich auf ihn.
Keine neue Situation. Ich hatte schon des öfteren auf den Freund und Kollegen gewartet, aber diesmal war es anders. Da tobten in mir ganz andere Gefühle und Vorstellungen. Ich malte mir aus, wie Suko mich anschauen würde, wenn er mich mit dem Gesicht meines Vaters sah. Ich hatte ihn nicht erst großartig darauf vorbereiten müssen, er hatte sich so etwas Ähnliches nach den Aussagen des Zeitungsboten schon gedacht. Aber ein bedrückendes Gefühl war bei mir trotzdem nicht zu vermeiden, und das würde auch anhalten.
Ich hatte mich neben den Wagen gestellt und wartete in der Stille.
Selbst die Geräusche des Waldes hatten sich zurückgezogen, als wollten sie mit mir nichts mehr zu tun haben.
Ich strich hin und wieder mit beiden Händen über die flachen Seiten der Schwertklinge hinweg, als wollte ich diese stählerne Waffe heimlich liebkosen. Manchmal hörte ich Schreie aus dem Wald. Es waren die Vögel, die sich untereinander verständigten.
Irgendwann hörte ich ein anderes Geräusch, das nicht in die Natur hineinpaßte. Ein Auto näherte sich. Das konnte nur Suko sein, der mit dem Wagen meiner Eltern unterwegs war.
Ich stellte mich dorthin, wo der Weg auf die Lichtung mündete, und ich brauchte nicht lange zu warten. Die Schnauze des Geländewagens schob sich in mein Blickfeld. Zweige wippten, als sie von dem Fahrzeug berührt wurden, dann fuhr Suko den Wagen bis dicht vor den Pilz, stellte den Motor ab und stieg aus.
Ich erwartete ihn.
Okay, wir beide kannten uns lange genug. Wir hatten verdammt viele Fälle gemeinsam gelöst, meist unter extremen Bedingungen.
Einer konnte sich auf den anderen verlassen, wenn es hart auf hart kam. In diesem Fall jedoch war es anders.
Ich schaute meinen Freund an, der aussah wie immer. Aber wie sah er mich?
Das war die große Frage. Er mußte sich erschrecken, den Mann mit dem Gesicht eines anderen zu sehen, mit dem er so lange befreundet war und zusammenarbeitete.
Er reagierte fabelhaft. Suko sprach mich auf die körperliche Veränderung nicht an. Im Gegenteil. Er kam auf mich zu, und ein Lächeln umspielte seine Lippen.
Wir umarmten uns. Suko klopfte mir dabei auf die Schultern.
»Verdammt, ich freue mich, dich wiederzusehen. Das glaubst du kaum, aber es stimmt.«
»Hör auf, Suko. Schau mich nur mal an.«
»Na und? Spielt das eine Rolle?«
»Ja, verdammt, für mich schon!« erklärte ich mit kratziger Stimme.
»Es wird zu keiner Gewohnheit werden«, sagte Suko, als er einen Schritt zur Seite trat. »So darfst du auf keinen Fall denken, John. Das mußt du dir abgewöhnen.«
»Glaubst du, daß es leicht ist?«
»Nein, aber wir packen es.« Er ballte seine Hände zu Fäusten und nickte mir heftig zu. »Das wird gemacht, verstehst du? Laß dich nur nicht hängen, John.«
Ich hob die Hände und deutete auf mein Gesicht. »Weißt du, wie ich mich fühle?«
»Ja.«
Mein Lachen klang spöttisch. »Nichts weißt du. Gar nichts. Du kannst es gar nicht wissen. Mein Leben ist aus dem Ruder gelaufen, zumindest in den letzten Stunden! Ich kann das nicht einfach hinnehmen und zur Tagesordnung übergehen. Das ist einfach unmöglich für mich. Da mußt du doch Verständnis haben.«
»Deshalb bin ich bei dir. Wir sollten gemeinsam überlegen, was wir machen können.«
»Machen? Handeln?« Wieder mußte ich lachen. Dann überkam mich die Wut, und ich schlug mit der Faust wütend gegen einen Träger. »Da gibt es nichts zu machen. Ich stehe auf verlorenem Posten, Suko. Ich bin allein gelassen worden und nicht nur, weil meine Eltern gestorben sind und sich mein Vater so schrecklich verändert hat. Das solltest du bedenken. Ich werde auch nicht mehr so handeln können wie früher. Alles ist anders geworden, Suko.«
»Du sprichst wie jemand, der keine Lösung weiß.«
»Nicht ganz. Es gibt eine Lösung, und ich habe sie auch angedeutet, als wir telefonierten.«
»Die Vernichtung deines Vaters?«
»So ist es.«
Suko sah, daß
Weitere Kostenlose Bücher