1008 - Endloser Schrecken
und er versuchte immer wieder, seinen Freund John über das Handy zu erreichen. Es war nicht möglich. Wenn John das Ding bei sich trug, hatte er es abgestellt.
So blieb die Warterei, verbunden mit der quälenden Ungewißheit, wie es nun weitergehen sollte.
Gab es überhaupt noch eine Chance?
Suko wußte es nicht. In der jüngsten Vergangenheit war John Sinclairs Leben zerrissen worden, nichts paßte mehr zusammen, und aus einem Toten war ein Monstrum geworden.
Und aus John?
Bisher hatte Suko noch keinen endgültigen Beweis erhalten, aber er wußte sehr gut, daß sich Tom Frazer diese Dinge nicht aus den Fingern gesaugt hatte. So etwas konnte ein gesunder Mensch nicht erfinden.
Er ging durch das Haus.
Durch leere Zimmer, durch einen leeren Flur. Keine Menschen außer ihm, kein Leben mehr. Alles lag in der Schwebe. Der Boden schwankte unter seinen Füßen, und er hatte das Gefühl, tief einzusinken.
Unruhe. Nicht wissen, wie es weitergehen sollte. Ob es überhaupt noch eine Lösung gab?
»Melde dich doch, John!« flüsterte er sich immer wieder selbst zu.
»Verdammt noch mal, tu was!«
John war immer nervenstark gewesen. Jeder Mensch hatte einen Punkt, an dem er nicht mehr weiter weiß. So mußte es auch John gehen, der keine Maschine war, die einfach abgestellt werden konnte.
Kein Telefon meldete sich. Die Stille blieb, und sie wurde für Suko zu einer Belastung. Sie drückte auf und auch in seinen Körper hinein. Er selbst spürte, wie er zitterte. Das Kribbeln auf seiner Haut ließ nicht nach.
Er wußte auch, daß die Vorbereitungen für die Beerdigung getroffen wurden. Die Särge wurden geschlossen, die Kränze herbeigeschafft. Es würde alles seinen normalen Weg gehen.
In den Gräbern lagen dann zwei Leichen. Einmal eine normale Frau, und zum zweiten ihr toter Gatte, dessen Kopf sich zu einem Totenschädel verändert hatte.
Suko dachte auch darüber nach, wie er das den Freunden erklären sollte, die bald eintreffen würden. Sie kamen mit dem Flieger und würden sich Leihwagen nehmen. Er wußte nicht, ob er ihnen alles zeigen sollte. Einweihen ja, aber die Wahrheit auch optisch präsentieren?
Suko kam nicht mehr zurecht. Eine lange Nacht lag noch vor ihm.
Stunden der Qual, aber es tröstete ihn irgendwie, daß er bald von Freunden umgeben war, und er freute sich auch auf seine Partnerin Shao, die ebenfalls eintreffen würde.
Wo hielt sich John auf? Wo hatte er sich versteckt? Diese Frage quälte ihn am stärksten. Er wollte sich nicht vorstellen, daß er weit weggefahren war.
Wenn jemand so etwas erlebte, dann hatte er keine Lust mehr, noch weit mit dem Auto zu fahren. Dann suchte er sich ein Ziel aus, das versteckt lag, wo er allein sein konnte.
Davon gab es leider in der Umgebung von Lauder viele. Suko kannte sich auch nicht aus.
Er wollte auf keinen Fall nur im Haus warten. Es würde dauern, bis die Trauergäste aus London erschienen, aber so lange, über Stunden hinweg, hier zu hocken und durch die Räume zu gehen, belastet durch Erinnerungen, das war für ihn nicht möglich.
In Lauder nachfragen. Sich erkundigen. Vielleicht wußte der eine oder andere Bewohner mehr über die Sinclairs. Auch über irgendwelche Plätze außerhalb des Ortes, wo sie sich des öfteren aufgehalten hatten, und die dann auch John bekannt waren.
Zu Fuß war es schlecht. Und den fahrbaren Untersatz hatte John mitgenommen.
Blieb der Wagen der alten Sinclairs.
Suko besaß zwar keinen Schlüssel davon, aber er würde sich nach einem Ersatzschlüssel umsehen und ihn auch sicherlich irgendwo in der Wohnung finden.
Falls das nicht klappte, konnte er sich einen zweiten Wagen leihen.
Das war alles kein Problem.
Suko schrak zusammen, als das Telefon tutete. Das Geräusch war völlig normal für ihn, nur in diesem Fall, wo er unter einem gewissen Streßfaktor litt, sah er es mit anderen Augen an.
Eine Gänsehaut krabbelte über seinen Körper.
Er ging auf das Telefon zu, das nicht weit entfernt stand. Mit jedem Schritt, der ihn näher an das Ziel heranbrachte, wußte er, daß dieser Anrufer nur ein bestimmter sein konnte.
John Sinclair…
***
In den Wintersportorten gibt es immer wieder Künstler, die aus Eis außergewöhnliche Figuren schufen. So war es hier zwar nicht, nur fühlte ich mich wie eine dieser Eisfiguren, denn ich hockte auf meinem Platz und bewegte mich nicht. Ich war nicht mal in der Lage, normal zu denken.
Ein Gedanke allerdings beschäftigte mich immer wieder und hatte sich zu einem wahren
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