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101 - Der Seelensauger

101 - Der Seelensauger

Titel: 101 - Der Seelensauger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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Wenn Sie sagen, daß Sie einen Wolf aus Eiskristall gesehen haben, glaube ich Ihnen das, ohne auch nur im geringsten an Ihren Worten zu zweifeln. Ich hätte mir nicht die Mühe gemacht, hierher zu kommen, wenn ich Sie für einen Märchenonkel halten würde.«
    David Fairbanks trank einen Schluck. Er stellte die Tasse auf den Schreibtisch und nickte zufrieden. »Sie sind in Ordnung, Mr. Silver. Ihnen erzähle ich gern, was ich erlebt habe… Also, das war so: Ich war mit dem Hundeschlitten unterwegs, um die Meßgeräte, die ich zwei Tage zuvor aufgestellt hatte, einzusammeln. Als ich beim letzten Gerät anlangte, verhielten sich die Hunde auf einmal so merkwürdig. Es sind brave, gehorsame Tiere. Man sollte es nicht für möglich halten, aber zwischen ihnen und mir hat sich im Laufe der Zeit eine regelrechte Freundschaft entwickelt. Ich kann mit ihnen reden, und sie verstehen mich. Auch die Hunde haben eine Sprache. Mit der Zeit kann man sie erlernen. Ich schimpfte damals zuerst mit ihnen, weil sie sich so merkwürdig benahmen. Es schien, als hätten sie Angst, und ich redete ihnen gut zu. Aber die Hunde hörten nicht auf mich. Selbst dann nicht, als ich ärgerlich wurde und sie anbrüllte. Sie duckten sich, klemmten den Schwanz ein und stießen Klagelaute aus, während sie alle in dieselbe Richtung sahen. Das habe ich dann auch getan.«
    »Und?« fragte Mr. Silver gespannt.
    David Fairbanks nippte an seinem Rum mit Tee. Er blickte starr vor sich hin. Es hatte den Anschein, als würde er alles noch einmal erleben. Langsam bewegte er den Kopf hin und her, und ein Schauer schüttelte ihn.
    »Zuerst…«, begann er schleppend, »sah ich nichts. Aber ich sagte mir, es müsse einen triftigen Grund geben, weshalb die Hunde so verrückt spielten. Ich entfernte mich ein paar Schritte vom Schlitten, und plötzlich sah ich ihn.«
    »Den Kristallwolf.«
    »Ja. Er stand reglos da - ein wunderschönes Tier. Ich dachte an eine verrückte Laune der Natur, die diesen Wolf aus einer Schneewehe geschaffen hatte. Es gibt Wurzeln, die wie kleine Männchen aussehen. Ich sah mal eine Kartoffel, die hatte doch tatsächlich die Form eines…«. Fairbanks lachte, bis ihm die Tränen kamen. »Naja, ich will nicht ordinär werden. Deshalb dachte ich an nichts Böses, als ich den Kristallwolf entdeckte.«
    »Das Verhalten der Schlittenhunde hätte Ihnen zu denken geben müssen«, sagte Mr. Silver.
    »Sie haben recht, aber mir kam nicht im entferntesten die Idee, daß ich mich einer großen Gefahr aussetzte, zumal sich der Kristallwolf nicht regte. Ich glaubte nicht, daß sich Leben in ihm befand. Wenn Sie in ein Museum gehen und die Statue eines Muskelmannes sehen, denken Sie doch auch nicht, er könne von seinem Sockel heruntersteigen und Sie angreifen.«
    »Hat der Kristallwolf Sie angegriffen?« fragte der Ex-Dämon.
    »Zum Glück nicht«, antwortete Fairbanks. Jetzt brauchte er einen besonders großen Schluck. »Ich glaube, das Biest hätte mich zerrissen.«
    »Wie nahe sind Sie ihm gekommen?« wollte Mr. Silver wissen.
    »Auf drei Schritte kam ich an dieses Kristallungeheuer heran. Nichts geschah. Der verdammte Wolf wiegte mich in Sicherheit, verstehen Sie?« Fairbanks wischte sich über die Augen. Sein Herz schlug nun schneller. Er leckte sich nervös über die glänzenden Lippen. »Er… er wollte, daß ich noch näher kam, aber mir war die Geschichte auf einmal nicht geheuer.«
    »Vermutlich spürten Sie die magische Aura des Kristallwolfs«, sagte der Ex-Dämon.
    »Ja, Sie haben recht«, pflichtete ihm David Fairbanks bei. »Irgend etwas spürte ich tatsächlich. Ich konnte mir aber nicht erklären, was es war. Die Schlittenhunde spürten es schon viel früher. Und dann bewegte er sich plötzlich!«
    »Das muß ein Schock für Sie gewesen sein«, sagte Mr. Silver.
    »Können Sie laut sagen«, seufzte David Fairbanks. »Ich… wir tragen immer einen Revolver bei uns, wenn wir hinausgehen. Ich riß die Waffe heraus und feuerte auf das Kristalltier. Die Kugel prallte vom Eiskörper des Wolfs ab. Ich feuerte kein zweites Mal. Als ich sah, daß sich der Kristallwolf zum Sprung duckte, wirbelte ich herum und gab Fersengeld.«
    Mr. Silver blickte auf die Hände des Mannes. Sie zitterten.
    »Ich rannte zu den Hunden, scheuchte sie hoch, sprang auf den Schlitten und trieb die Tiere an. Noch nie hatten sie sich so sehr ins Zeug gelegt. Ich verlor eines der Meßgeräte, aber ich kehrte nicht um, um es zu holen. Mit wilden Zurufen und der Peitsche

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