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101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)

Titel: 101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Seide. Vor dem Zelt waren Lanzen in den Boden gesteckt und ein scharf schneidendes Schwert aufgehängt. Er ritt darauf zu. «Friede sei mit euch, ihr da im Zelt!», rief er zum Gruß. Doch niemand antwortete ihm. Während er noch so verharrte, vernahm er aus dem Inneren des Zelts eine Stimme.
    Er saß ab, legte die Hand fest um das Heft seines Schwertes, hob die Zipfel der Zeltwand und trat ein. In der Mitte des Zelts sah er ein Mädchen, so schön wie der aufgehende Vollmond oder eine ungezähmte Gazelle, die frei weidend sich an frischem Grase gütlich tut. Das Mädchen war mit ihren Haarsträhnen an die Zeltstangen gefesselt.
    «W as sehe ich dich in diesem Zustand?», sprach er sie an. «Und wer hat diese abscheuliche Tat an dir verübt?»
    Sie aber entgegnete: «Rette dein Leben und bringe dich in Sicherheit, ehe die Klageweiber die Totenklage über dir halten und deine Freunde und Verwandten dich betrauern!»
    «W er könnte mir denn so etwas zufügen?», wollte Suleiman wissen.
    «Ein Recke, an dessen Feuer man sich besser nicht zum Wärmen setzt und dessen Nachbar man nicht werden sollte», sagte sie.
    «W ie ist sein Name?», erkundigte er sich.
    «Er heißt Mudhill al-Akrân, das bedeutet: ‹der seine Gegner erniedrigt›», sagte sie. «Er besitzt einen schwarzen Sklaven namens Dawwâs, das heißt: ‹der alles mit den Füßen zermalmt›. Der Sklave ist gerade zur Jagd ausgezogen.»
    «Und wie heißt du, mein Mädchen?», fragte Suleiman weiter.
    «Mein Name ist Leila, und ich bin die Tochter von Bâsit al-Liwâ, also: ‹der das Banner entfaltet›, dem Herrscher des Sternenschlosses und des Reiterwadis. Ich war mit einer Gruppe von Mädchen auf einem Ausflug, da hat mich dieser Recke gepackt und an diesen Ort hier verschleppt. Er wollte mir die Unschuld rauben, doch ich habe mich zur Wehr gesetzt. So hat er mir das angetan, was du hier siehst.»
    AlsSuleiman ihre Rede gehört hatte , band er sie los und sagte dabei zu ihr: «Eisen wird nur durch Eisen zerspalten!» Dann trat er aus dem Zelteingang ins Freie. Dabei hörte er plötzlich aus der Ferne etwas grollen. Er spähte in die Richtung, aus der das Grollen kam, und was sah er da? Eine Staubwolke erhob sich wie eine Säule, und ein schwarzer Sklave gleich einem hoch aufgeschossenen Palmstamm oder einem frisch ausgetriebenen Schössling tauchte darunter auf. Seine dicken Lippen hingen wulstig und schlaff im Gesicht, seine Augen blitzten, er hatte Augäpfel wie Feuerkugeln und Nasenlöcher wie Erdhöhlen. Der Sklave führte ein Kamel hinter sich her, darauf hatte er seine Jagdbeute geladen: Hasen, Wildesel und Gazellen.
    Der Sklave beschleunigteseinenSchritt,alserSuleimanIbnAbdalmaliknebendemMädchenstehensah.ErließdenNasenstrickderKamelstutefahren,griffzueinemeisernenKnüppel,denerbeisichtrug,stießeinenKampfschreiaus,vondemdieErdeerbebteunddieBäumeerzitterten,undstürztesichmitdemKnüppelaufSuleiman.DeraberwichseinerSchlagbahnaus.NunwütetederSklaveunterdenBäumen,wiedasFeuerimBrennholzwütet.DannkämpftendiebeideneineWeilemiteinander.
    Dochwaswardas?WährendderSklaveundSuleimanimZweikampfverstricktwaren,tratzwischendenBäumeneinRittergleicheinemfurchterregendenBergoderdemwogendenMeerhervor.Als Suleiman ihn sah ,konnteernichtansichhalten.ErversetztedemSklaveneinenHieb,mitdemerihnköpfte,wiemaneinSchreibrohrkappt.DannsprengteeraufdenRitterlos,unddiebeidenkämpfteneineWeile.EndlichfandKönigSuleimaneinegünstigeGelegenheit,denRittermiteinemKunstgriffausdemSattelzuziehen.ErhobihnindieHöhe,schleuderteihnvonrechtsnachlinksundversetzte ihm einen Hieb, mit dem er ihn köpfte, wie man ein Schreibrohr kappt.
    An dieser Stelle unterbrach das Morgengrauen Schahrasad , und sie verstummte. Der König erhob sich, entzückt von ihrer spannenden Geschichte, verschloss die Tür, versiegelte sie mit seinem Siegel und begab sich in seine Regierungsgemächer.
    Die zweiunddreißigste Nacht

    Er spricht:
    Und in der folgenden Nacht kam der König, brach das Siegel auf und schlief mit dem Mädchen bis zu der bewussten Zeit.
    Da rief ihre Schwester Danisad ihr zu: ~ Ach, meine Schwester! Ach, Schahrasad, erzähle doch unserem Herrn, dem König, deine schönen Geschichten!
    ~ Einverstanden, erwiderte sie. ~ Und so, mein Gebieter, geht die Geschichte weiter:
    Nachdem Suleiman den Ritter getötet hatte, stieg er vom Pferd. Er packte alles, was im Zelt war, zusammen und lud es auf den Rücken des Kamels. Dann saß er auf, ebenso ließ er das Mädchen aufsitzen. Er

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