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1015 - Henkeraugen

1015 - Henkeraugen

Titel: 1015 - Henkeraugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nahe an der Leinwand, um die Augen klar und genau zu sehen. Aus diesem Grunde ging sie einen Schritt zurück, damit sie die Henkeraugen genauer sehen konnte, deren Blicke direkt auf sie gerichtet waren.
    Dunkle Augen. Schwarz, vergleichbar mit altem Öl. Leicht glänzend und traurig blickend, als hätten diese Augen sämtliches Leid der Welt eingefangen.
    Jane Collins fürchtete sich vor diesen Augen nicht. Sie hielt dem Blick auch stand. Sie kamen ihr vor, als wollten sie ihr etwas sagen, aber die Botschaft bekam sie auf eine ganz andere Art und Weise zugeschickt. Auch nicht geflüstert oder gesagt, sie zeigte sich einzig und allein in den Augen.
    Dort entstanden Bilder.
    Jane konnte sie im rechten und auch im linken Auge entdecken, und sie sah, daß sich diese Szenen in einem Restaurant abspielten, wo zahlreiche Tische standen, die allesamt besetzt waren. Das Bild war nicht unbedingt von bestechender Schärfe, aber es gab doch etwas wider, was sich nicht hinter irgendwelchen Schleiern versteckte.
    Normale Szenen mit normalen Menschen – und auch Personen, die Jane Collins bekannt waren.
    Zum Beispiel Sarah Goldwyn, Glenda Perkins – und auch ihr Freund John Sinclair!
    Für einen Moment hielt sie den Atem an. Nicht nur wegen ihrer Freunde, auch wegen der Gestalt, die urplötzlich erschienen war und ein Richtbeil mitgebracht hatte.
    Rodney Chesterton war da.
    Nicht bei John, am Nebentisch.
    Dort schwang er sein Beil hoch, um die am Tisch sitzenden Gäste mit der mörderischen Klinge zu töten.
    Zugleich startete John.
    Jane schrie unbewußt auf, ging zurück und sah, wie die Augen in den Hexenhaut plötzlich in einem blendenden Lichtschein aufglühten, als sollte sie von dieser Fülle zerrissen werden.
    Einen Moment später waren sie verschwunden!
    ***
    Das Strahlen!
    Hell, mächtig, beherrschend. Ein Schutz, der auch zerstörte. Er zerriß diese unterschiedlichen Welten, und er sorgte dafür, daß mich die Beilklinge nicht erwischte.
    Ich hatte fest damit rechnen müssen, daß ich getötet wurde. Ich war einfach zu spät gekommen. Es wäre mir nicht mehr gelungen, der Klinge auszuweichen, dann aber hatte mein Kreuz reagiert. Es hatte sich praktisch selbständig gemacht, ohne von mir erst aktiviert worden zu sein. Sein mächtiger Glanz hatte den Schutzfilm gebildet und den augenlosen Henker zurückgedrängt.
    Er war weg. Seine Waffe war weg. Beide mußten sich wieder in dieser anderen Welt befinden, die irgendwo zwischen dem Diesseits und dem Jenseits lag, wie viele andere auch.
    Ich stand noch immer neben dem Tisch mit den Chestertons und ihren Gästen und ich wußte nicht, ob sie das gleiche erlebt hatten wie ich. Zumindest waren sie unruhig geworden. Sie schauten sich irritiert um, aber das große Grauen konnten sie bestimmt nicht erlebt haben. Dann hätten sie anders ausgesehen.
    Julia Chesterton lachte kurz und hysterisch auf. Dabei schüttelte sie den Kopf wie ein Vogel, der Wassertropfen aus der Tränke loswerden wollte. »Was ist das gewesen?« kreischte sie los. »Ich habe ein Licht gesehen. Ein helles Licht. Auch einen Schatten.« Sie lachte wieder schrill und starrte dabei ihren Gatten an, als könnte er ihr eine Antwort auf die Frage geben.
    Aber Caspar Chesterton sagte nichts. Er saß unbeweglich und starrte vor sich hin.
    Auch ich hatte eine gewisse Zeit gebraucht, um wieder zu mir selbst zu finden. Noch immer war ich aufgewühlt und dachte darüber nach, wie knapp ich letztendlich dem Tod entgangen war.
    Wäre mein Kreuz nicht gewesen, dann hätte mich der Henker töten können. Nicht nur mich, auch andere Gäste. So aber waren sie diesem Schicksal im letzten Augenblick entgangen.
    Auch die anderen Gäste aßen nicht mehr so ruhig weiter. Ich sah es, als ich mich umschaute. Sie saßen zwar auf ihren Stühlen, doch die gewisse Unruhe war schon zu spüren. Die Leute schauten mich an, sie sprachen leise miteinander, und ich sah auch manches Schulterzucken, was auf eine gewisse Ratlosigkeit hindeutete.
    Ein Mann im dunkelblauen Anzug kam mit schnellen Schritten auf mich zu. Es war der Geschäftsführer, der blaß geworden war und den Kopf schüttelte. »Was ist da passiert, Sir?« fragte er und bemühte sich, ruhig zu bleiben. »Zeugen sprachen von einem Licht und somit von einem Vorgang, den sie nicht fassen können. Ich habe ja selbst nichts gesehen. Gab es dieses Licht?«
    »Das stimmt.«
    »Haben Sie eine Erklärung?«
    »Nein.«
    Er ließ nicht locker. »Da ist noch der Schatten gewesen, meine ich.

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