1018 - Die Spur der irren Luna
wollte ich wissen.
»Das ist möglich. Wenn ja, dann hat er mit mir nicht darüber gesprochen. Das ist leider so.«
Ich wechselte das Thema und kam auf uns zu sprechen. »Wie lange müssen wir bis zum Kloster fahren?«
»Eine gute Viertelstunde.«
»Führt ein Weg hin?«
»Ja, mehr aber auch nicht. Es ist keine Straße.«
»Und in welchem Zustand befindet sich Gilwich Abbey?«
»Wie… wie… haben Sie das gemeint?«
»Ist es zerstört? Hat man die Mauern eingerissen? Kann man es noch normal besuchen?«
»Eingerissen? Wer sollte das denn getan haben?«
»Was weiß ich? Wenn schon jemand wie Claudius wie ein Vandale in der Kirche gehaust hat, kann man eigentlich nichts mehr ausschließen, meine ich zumindest.«
»Davon müssen Sie sich schon selbst überzeugen, Mr. Sinclair. Ich kann Ihnen keine Auskunft geben. Zudem schwöre ich, daß ich den Auszug der Mönche nicht gesehen habe. Niemand hat gesehen, wie sie Gilwich Abbey verließen. Sie waren plötzlich nicht mehr da, und damit war die Sache für uns erledigt.«
»Sie haben auch nie mit den Bewohnern des Dorfes darüber gesprochen?«
»Nein, das Thema war tabu.«
»Warum?« fragte Suko.
»Das kann ich auch nicht sagen. Wir redeten einfach nicht darüber.«
»Hatten Sie Furcht davor?«
»Nicht direkt.«
»Aber suspekt war es Ihnen schon?«
»Das gebe ich zu.«
Ich überlegte was ich ihn noch fragen sollte. Mir fiel im Moment nichts ein. Dennoch hakte ich nach. »Ihnen ist seit unserer Abreise auch nichts aufgefallen? Eine Veränderung hier in der Nähe oder etwas in dieser Richtung?«
»Nein.«
»Gut, dann möchte ich Sie nur noch bitten, uns den genauen Weg zu erklären.«
Erst jetzt schien es Cyrus Miller aufzufallen, daß es uns mit einem Besuch des Klosters ernst war. Er schnappte nach Luft, bevor er fragte: »Sie wollen wirklich hin?«
»Sicher.«
»Aber es ist leer.«
Ich lächelte ihn an. »Das festzustellen, überlassen Sie bitte uns, Mr. Miller.«
»Wie Sie wollen. Wie schon erwähnt, weit ist es nicht. Sie kommen sogar von hier aus recht gut hin. Wenn Sie sich an bestimmte Fahrtrouten halten, werden Sie automatisch den schmalen Weg erreichen, der zu Gilwich Abbey führt.«
Wir hörten ihm zu und bedankten uns. Dabei fiel uns auf, daß Cyrus Miller erleichtert aufatmete.
Eine Frage brannte ihm noch auf der Seele, und er stellte sie auch. »Werden Sie denn jetzt länger hier in der Nähe bleiben?«
»Wenn es sich ergibt, schon.«
»Sorry, aber das kann ich mir schlecht vorstellen.«
»Sie brauchen sich darüber auch keine Gedanken zu machen, denke ich«, sagte ich und stand auf.
»Allerdings bin ich mir fast sicher, daß wir uns noch sehen.«
Der Pfarrer erhob sich ebenfalls. Es ging ihm nicht gut. Er schwitzte, obwohl er als Oberteil nur ein graues Hemd trug. Auf den Schultern und an den Achseln waren dicke Schweißflecken zu sehen.
Auch hatte er etwas viel getrunken und konnte froh sein, den Tisch als Stütze zu haben. Das bekamen wir mit, und Suko zog als erster die richtigen Schlüsse. »Lassen Sie mal gut sein, Mr. Miller, Sie brauchen uns nicht bis zur Tür zu begleiten. Außerdem müssen Sie ja noch Ihre nächste Predigt vorbereiten.«
Da lachte er nur.
Irgendwo waren wir beide froh, die Enge dieses Hauses verlassen zu können. Draußen holten wir erst einmal tief Luft. Suko schlug auf das Roverdach. »Und jetzt?« fragte er mich. »Was hältst du von unserer Unterhaltung mit Mr. Miller?«
»Ich kann es dir nicht sagen. Ich habe noch immer keine Ahnung, was er weiß und was nicht.«
»Eben.«
»Das heißt, du traust ihm auch nicht über den Weg?«
»So ist es.«
»Aber du stufst ihn nicht als gefährlich ein, denke ich mal.«
»Stimmt. Wenn ich mehr über ihn sagen sollte, dann würde ich fast darauf setzen, daß er Angst hat.«
»Akzeptiert. Nur vor wem? Vor einem leeren Kloster?«
Darauf konnten wir beide keine Antwort geben. Im Innern stellte ich mir allerdings die Frage, ob das Kloster tatsächlich leer war. Niemand hatte die Mönche verschwinden sehen. Es hatte nur geheißen, daß sie weg waren. So auch der Tenor der offiziellen Kirche. Aber sie waren nicht mehr aufgefunden worden. Man hatte nicht nach ihnen geforscht. Man hatte sie wahrscheinlich vergessen wollen, und das genau war der Fehler gewesen.
»Es gibt sie noch, Suko«, sagte ich leise. »Es gibt diese Mönche. Davon bin ich überzeugt.«
»Klar, als Opfer oder Diener. Als Verbrannte der Sonne Satans…«
***
Angelogen hatte uns der
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