1018 - Die Spur der irren Luna
etwas wie ein Hauptquartier für unsere Freunde sein. Platz genug haben sie schließlich.«
Wir waren bei unserem kurzen Gespräch nicht stehengeblieben, sondern auf das Kloster zugegangen. Es war aus unregelmäßig geschlagenen und mächtigen Steinen errichtet worden. Recht kleine Fenster reihten sich aneinander, das Dach war relativ flach, und darauf fehlten einige Schindeln.
Zwei kompakte Schornsteine ragten empor, aus denen allerdings kein Rauch mehr quoll.
Mir kam der Vergleich mit, einer Kaserne oder einer Baracke in den Sinn. Das war nicht zu weit hergeholt. So fragte ich mich weiter, wie jemand ein derartiges Kloster bauen konnte.
Suko redete weiter. Diesmal mit leiser Stimme. »John, ich entstamme einem anderen Kulturkreis als du, aber ich habe schon einige Klöster kennengelernt, und jetzt frage ich dich, wie man einen solchen Bau als Kloster bezeichnen kann.«
»Richtig, das ist zumindest äußerlich keines.«
»Was dann?«
Ich zuckte mit den Schultern und blieb stehen. Die Hände hatte ich in die Hüften gestemmt. Dort wo wir standen, wuchs nur hohes Unkraut, ansonsten war der Boden recht frei. Die Spitzen der Halme reichten uns bis zu den Kniekehlen.
»He, Alter, ich habe dich etwas gefragt.«
»Keine Sorge, du bekommst schon eine Antwort. Mir kommt das vor wie eine Experimentierstätte.«
»Hoi. Wovon denn? Von wem eingerichtet?«
»Soll ich jetzt die offizielle Kirche nennen?«
»Wäre nicht schlecht. Und was hat man hier für Versuche angestellt?«
Ich atmete tief aus und schüttelte den Kopf. »Nein, nein, laß es sein, das ist zu weit hergeholt. Ich will es einfach nicht glauben.«
»Okay, dann schauen wir uns diese Experimentierstätte mal von innen an.«
»Du klaust mir die Worte von der Zunge.«
Die Tür paßte zum Bau. Sie war ebenso schlicht, dunkel und aus glattem Holz gefertigt. Eine Klinke gab es nicht; sie war durch einen Knauf ersetzt worden.
Bevor wir die Tür aufzogen, gingen wir noch einmal auf Nummer Sicher und drehten uns um. Es war schon eine einstudierte Bewegung, sich absichern, noch einmal die Umgebung durchforsten. Es gab nichts zu sehen, abgesehen von dichtem Wald und dem entsprechenden Unterholz.
Suko nickte. Er überließ es mir, die Tür zu öffnen. Abgeschlossen war sie nicht. Sie gab nur seltsam kratzende Geräusche von sich, als ich sie aufzog. Die gesamte Atmosphäre konnte mir nicht gefallen. Dazu paßte die alte, muffige und abgestandene Luft, die uns aus dem Innern der Baracke entgegenwehte.
Hier war seit langem nicht mehr gelüftet worden. Graue Düsternis verteilte sich vor uns. Auch das Licht aus den Fenstern konnte sie nicht vertreiben.
Ein menschenleeres Gebäude. Für mich stand es fest. Es war zu spüren, denn für so etwas hatte ich einfach ein Gefühl.
Nicht weit von der Tür entfernt blieben wir stehen. Wir hatten die kleinen Lampen hervorgeholt und verschafften uns einen ersten Eindruck. Die Strahlen waren nicht breit, aber sie reichten aus, um das zu sehen, was wir eigentlich erwartet hatten.
Vor uns lag ein leerer Bau. Eine Diele, eine kleine Halle, wie auch immer. Kahle, graue Wände schwiegen uns an. Es war dort nichts zu sehen. Kein Bild, keine Malerei, sie waren in ihrer Schlichtheit einfach nicht zu überbieten.
Die hellen Lanzen wanderten weiter. Wir suchten in verschiedene Richtungen, aber wir entdeckten keine Türen. Dafür offene Durchgänge, hinter denen Gänge begannen, die im Dunkeln des Klosters verschwanden.
»War das ein Kloster?«
Ich kam da nicht mit. Ein Kloster hatte ich mir immer anders vorgestellt, und ich hatte sie auch anders erlebt, da brauchte ich nur an das Kloster St. Patrick zu denken.
Nein, das hier war etwas anderes. Eine Experimentierstätte vielleicht. Schmucklos, ohne irgendein Zeichen. Kein Hinweis auf Menschen, die hier lebten oder gelebt hatten. Wie leergefegt sahen die Räume aus, und die Steine auf dem Boden gaben einen matten Glanz ab.
Ich war nach rechts gegangen, um einen Durchgang zu erreichen. Für uns stand fest, daß wir das Kloster durchsuchen mußten. Ich ging einfach davon aus, daß sich hinter oder auch unter den Mauern ein Geheimnis versteckte.
Das Hindernis auf dem Boden sah aus wie ein Schatten. Ein Bündel Lumpen, das jemand vergessen hatte. Daran konnte ich nicht glauben. Das paßte einfach nicht hierher. Ich ging näher, und ich spürte auch schon den Druck in meiner Kehle. Hinter mir hörte ich Sukos Schritte. Er war dabei, mich einzuholen.
Ich blieb stehen. Dabei
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