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1019 - Das Vampirfenster

1019 - Das Vampirfenster

Titel: 1019 - Das Vampirfenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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daß es diesen Blutsauger überhaupt gab, obwohl sie ihn mit eigenen Augen sah, wie er sich in der Glasscheibe abmalte. Er war dichter als sonst. Sie konnte ihn besser sehen. Tiefschwarz vom Umriß her, auch kompakt, ein Schatten, der sich im Kirchenfenster hatte einschließen lassen.
    Es war schwer für Gilian, damit zurechtzukommen. Es lief aus dem normalen Raster weg. Für die Mehrzahl aller Menschen gab es keine Blutsauger. Auch sie hatte früher so gedacht, aber das stimmte nicht mehr. Jetzt stand ihr einer gegenüber, und irgendwie war sie ihm verfallen.
    Beide schauten sich an. Gilian nicht freiwillig, denn in den Augen des anderen stand etwas, das sie dazu zwang. Es war der Wille, beinahe schon eine Hypnose, und sie würde alles tun, was der andere von ihr verlangte.
    »Tu es jetzt!« hörte sie wieder seine Stimme.
    Gilian nickte. Er brauchte nichts mehr hinzuzufügen. Es war alles klar, und sie hatte die Dinge vorbereitet. Die rechte Hand rutschte in die Seitentasche des Mantels. Dort bewahrte sie das Fläschchen mit der wertvollen Flüssigkeit auf. Damit mit ihm kein Unglück geschah, hatte sie es in weichen Zellstoff eingepackt, den sie jetzt auseinanderwickelte und das wertvolle Stück behutsam zwischen zwei Finger klemmte. Sie hielt es vor ihre Augen und runzelte die Stirn.
    Die kleine Flasche war nur bis zu einem Drittel gefüllt. Daß es verdünntes Blut war, wußte nur sie, denn zu sehen war es nicht. Die dachte auch nicht mehr darüber nach, warum ausgerechnet ein Mann namens John Sinclair sein Blut hatte abgeben müssen. Ein Vampir trank das Blut von jedem Menschen, aber es hatte ausgerechnet dieser Polizist sein müssen.
    »Hier ist es!« flüsterte sie.
    Der Vampir war zufrieden. Sie glaubte sogar, ihn nicken zu sehen.
    Alles weitere oblag jetzt ihr. Gilian Kyle horchte in sich hinein, ob etwaige Gewissensbisse in ihr hochstiegen. Ein wenig komisch war ihr schon zumute, aber mit direkten Gewissensbissen hatte sie nicht zu kämpfen. So etwas hakte sie ab.
    Gilian zerrte den Korken ab. Ein leises »Plopp« entstand, dann war die Flasche offen.
    Das verdünnte Blut roch nicht, obwohl Gilian ihre Nase darüber hielt. Vielleicht weil es verdünnt war, aber das war nicht ihre Sache.
    Darum mußte sich der Vampir kümmern.
    Er hatte ihr auch erklärt, wie sie sich verhalten mußte. Da gab es Regeln, und die Frau hatte sie nicht vergessen.
    Sie löste sich vom Geländer und trat sehr dicht an die Scheibe heran. Dort blieb sie zunächst stehen und ließ ihren Blick an dem Mosaik in die Höhe gleiten.
    Über ihr schwamm das bleiche Gesicht in der Scheibe. Obwohl es so hell, blaß und nicht dunkel war, strahlte es die gleiche Düsternis ab wie die übrige Gestalt.
    Sie fröstelte.
    Einen Moment später hatte sie die kleine Flasche gekippt. Das verdünnte Blut rann aus der Öffnung in ihre auffangbereite linke Handfläche hinein.
    Es war kühl. Sie schauderte. Die Haut auf der Hand zog sich für einen Moment zusammen.
    Dann fing ihre eigentliche Arbeit an. Die kleine Trittleiter ließ sie zunächst stehen, als sie das dünne Blut auf der Scheibe und den Umrissen des Vampirs folgend verteilte. Sie zeichnete es mit den Fingern an das Glas, ging sehr methodisch vor, und kippte immer wieder etwas Blut nach, wenn es nicht reichte.
    Später holte sie die kleine Leiter und drückte sie auseinander. Sie ließ die drei Stufen hinter sich und blieb auf der breiten Plattform stehen. In dieser Haltung erreichte sie auch, wenn sie den Arm reckte, das Gesicht des Unheimlichen.
    Den letzten Blutrest verteilte sie dort. Dabei fuhr sie auch über das Gesicht hinweg. Gilian hielt den Atem an. Sie hatte die spannendste Stelle erreicht. Sie rechnete mit einem plötzlichen Erwachen des Vampirs, und tatsächlich war etwas zu spüren.
    Kälte.
    Eine eisige Kälte, die das Glas ausströmte. Zumindest kam es ihr so vor, aber das stimmte nicht, denn es war der Blutsauger, von dem die Kälte ausströmte.
    Sie zog ihre Finger hinein. Hastig zog sie die Hand weg. Dabei geriet sie ins Schwanken und wäre beinahe von der Leiter gefallen.
    Doch Gilian war es gewohnt, auf diesen wackligen Dingern zu stehen, das gehörte zu ihrem Beruf. Sie fing sich wieder, stieg die wenigen Sprossen hinab, verkorkte die Flasche und steckte sie weg.
    Der Job war getan – endlich!
    Eine große Erleichterung durchflutete sie. Auf der anderen Seite konnte sie nicht sagen, ob sie tatsächlich erleichtert war, denn von nun an gab es kein Zurück.
    Die Leiter

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