1025 - Ich töte jeden Sinclair!
bin Karen.«
»Eine Namensvetterin. Allmählich habe ich das Gefühl, daß es nur noch Sinclairs auf der Welt gibt.« Ich ging an ihr vorbei in die Küche und schnupperte, denn der Geruch von frisch gekochtem Kaffee erreichte meine Nase. Auf dem Tisch standen zwei Tassen. Eine für Tee, eine für Kaffee.
»Es war noch etwas da«, sagte Suko. »Karen war so nett und hat ihn gekocht.«
»Den könnte ich jetzt auch vertragen.« Wie es früher meine Mutter getan hatte, so holte ich diesmal eine Tasse aus dem Schrank. Ich goß die Tasse fast voll, blieb stehen und schaute bei den ersten Schlucken aus dem Fenster.
Ich mußte mich zurückhalten, um nicht vom Sturm der Erinnerungen überschwemmt zu werden. Suko ahnte, was in mir vorging und hielt sich mit Worten zurück.
Es war wirklich schwer, sich auf die Realität zu konzentrieren. Zu kurz lag der Tod meiner Eltern zurück. In diesem Haus steckte alles voller Erinnerungen. Es fiel mir noch immer schwer, mir vorzustellen oder mich daran zu gewöhnen, daß es keine Mary und keinen Horace F. Sinclair mehr gab. Ich ertappte mich bei dem Gedanken, daß plötzlich meine Mutter oder mein Vater die Küche betraten.
Ein Wunschtraum. Niemand kam. Niemand sprach. Es war so still zwischen diesen Wänden. Hin und wieder trank ich einen Schluck Kaffee. Die Erinnerung ließ sich nicht abschütteln, aber ich lebte in der Realität und nicht in der Vergangenheit.
Karen Sinclair und Suko hatten am Küchentisch ihre Plätze gefunden. Ich setzte mich zu ihnen, stellte die Tasse ab und nickte der Frau zu. »Erzählen Sie, Karen.«
»Was soll ich denn sagen?«
»Berichten Sie über sich.«
»Meine Güte«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »In meinem Leben gibt es nichts aufregendes. Im Gegensatz zu dem Ihrigen, John. Ich heiße eben Sinclair, das ist die einzige Gemeinsamkeit, die wir haben. Ich komme aus Newcastle, wohne nicht mehr bei meinen Eltern und arbeite bei einer Versicherung im Büro. Hocke dort den lieben, langen Tag vor dem Computer. Sie hören also, daß mein Leben sehr langweilig ist.«
Ich hob die Schultern. »Wie man’s nimmt. Viele, die keine Arbeit haben, würden sicherlich gern mit Ihnen tauschen.«
»Ja, da könnten Sie recht haben.«
Ich blickte auf ihr Profil. Die gerade Nase wirkte wie von einem Künstler geschaffen. »Sie haben also einen Anruf bekommen, daß Sie hier warten sollen?«
»So war es.«
»Von einem Sinclair?«
Karen verdrehte die Augen. »Das habe ich Ihrem Freund schon erzählt, John.«
»Sorry, aber wir sind beide Polizisten. Fragen zu stellen, steckt uns im Blut.«
»Klar, fragen Sie.«
»Wie sind Sie hergekommen?«
»Mit dem Auto.«
»Wo stand es?«
»Hinter dem Haus. Es ist ein kleiner Opel Corsa. Aber er tut seine Pflicht.«
Ich fragte weiter. »Mein Freund erzählte mir, daß der Unbekannte Sie hier abholen wird.«
»Ob er das auch tut, weiß ich nicht. Es deutete jedenfalls einiges darauf hin.«
Ich lächelte und schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Wissen Sie, Karen, mich wundert nur, daß Sie dem Anrufer sofort gefolgt sind. Ich will nicht sagen, auf den Leim gingen, aber es ist nicht eben normal, daß man so etwas tut. Hatten Sie denn keine Angst, daß man Ihnen eine Falle stellen könnte?«
»Nein«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Familientreffen gibt es immer wieder.«
»Haben Sie schon eines erlebt?«
»Klar.«
»Wann und wo?«
»Vor fünf Jahren.«
»Auch an dem gleichen Ort?«
»Ja.«
»Und was ist dort geschehen?«
Karen lachte mich an. »Nichts, gar nichts. Wir haben uns amüsiert. Es wurde gegessen, getrunken. Es gab Folklore, und wir haben die Nächte zum Tag gemacht.«
»Nächte?«
»Drei und auch drei Tage.«
»Wissen Sie noch, wieviele Personen zu diesem Treffen gekommen sind?«
Karen überlegte. »So genau kann ich es Ihnen nicht sagen. Aber hundert und mehr waren es schon. Und nicht einmal viele, wie es offiziell hieß. Nur ein Teil des Clans, der ja in aller Welt verstreut ist. Aus den Staaten waren auch welche da. Sind Sie denn nicht angeschrieben worden, John?«
»Nein. Das hat man wohl vergessen. Oder aus gutem Grund nicht getan.«
»Was meinen Sie damit?«
»Zu dieser Zeit lebten meine Eltern noch. Auch sie haben keinen Bescheid bekommen. Ich könnte mir denken, daß es bei diesem Treffen nur um einen bestimmten Zweig des Clans gegangen ist. Auch Stammbäume haben ihren eigenen Aufbau.«
»Da könnten Sie recht haben, John. Wissen Sie denn genau, woher Sie stammen?«
»In
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