1029 - Evitas Folterkammer
sondern warteten darauf, daß es weiterging. Es paßte uns zwar nicht, daß wir warten mußten und selbst nicht agierten, auf der anderen Seite waren wir sicher, daß etwas geschehen würde.
Wer stand schon gern außen vor? Bestimmt nicht Suko und ich.
Entsprechend gestaltete sich unsere Unruhe, die bei mir größer war als die meines Freundes Suko.
Wir saßen in den Sesseln, die sehr günstig standen. So überblickten wir einen großen Teil der Halle und behielten auch die Fahrstühle im Auge. Viel Trubel herrschte nicht. Das Kommen und Gehen der Gäste hielt sich in Grenzen, was sich allerdings änderte, als draußen der Schatten eines Busses vorfuhr, stoppte und aus dem Fahrzeug die Mitglieder einer Reisegruppe stiegen.
Es wurde hektisch vor der Rezeption. Die Menschen stauten sich.
Draußen entlud man den Bus und holte aus dessen Bauch die zahlreichen Gepäckstücke hervor.
Suko hatte gesehen, daß ich die Augen verdrehte. »Willst du hoch?« fragte er mich.
»Am liebsten schon.«
Mein Freund nickte. »Das kann ich sogar verstehen. Nur würde es nichts bringen. Das muß der Abbé zunächst allein durchstehen.«
»Stimmt irgendwo«, gab ich zu. »Trotz allem will mir diese Frau nicht aus dem Kopf. Es kann kein Zufall sein, daß sie uns am Flughafen so oft über den Weg gelaufen ist. Jemand hat Bloch die Nachricht geschrieben. Ich könnte mir vorstellen, daß es die Unbekannte gewesen ist. Dann habe ich versucht, über das Motiv nachzudenken.« Ich hob die Schultern. »Leider umsonst.«
»Klar, wir wissen zu wenig.«
»Richtig!« bestätigte ich.
Mein Blick fiel automatisch auf den Rezeptionsbereich. Mittlerweile war auch ein zweiter Bus eingetroffen. Die Fahrgäste gehörten zusammen. Sie standen in der Halle, sie redeten oder schauten sich einfach nur um. So herrschte schon ein ziemliches Gedränge. Auch die Mitarbeiter des Hotels zeigten sich gestreßt.
Auf die Uhr hatte ich nicht geschaut. Mir jedenfalls kam die Warterei hier in der Halle ziemlich lange vor. Das Prickeln in mir nahm zu. Ein Zeichen, daß auch die Nervosität wuchs.
Durch die neuen Touristen waren wir abgelenkt worden. So hatten weder Suko noch ich mitbekommen, daß die Telefonzellen innerhalb der Halle besetzt worden waren. Zudem standen weitere Touristen davor und warteten darauf, irgendwelchen Leuten Nachricht von ihrer Ankunft geben zu können. Als hätten sie das nicht von ihren Zimmern aus unternehmen können. Ich wußte auch nicht so recht, weshalb mich dieser Trubel aufregte, aber ich konnte nicht mehr auf meinem Platz bleiben und stand auf. Ein Kellner hastete an mir vorbei. Ich hörte ihn noch stöhnen, als er ein Tablett mit leeren Gläsern schleppte.
»Wo willst du hin, John?«
Ich winkte ab. »Nur ein kleiner Gang durch die Halle. Vom langen Sitzen werde ich sonst noch steif.«
»Okay, ich warte dann hier.«
Meine Schuhe schleiften über Teppiche oder hackten auf einen rötlichen Steinboden. Es war alles normal. Die Stimmen, der Trubel, der momentane Streß der Angestellten, so etwas gehörte einfach dazu. Ich akzeptierte es auch, aber in mir breitete sich zugleich der Eindruck aus, daß ich etwas übersehen hatte.
Nur eine Ahnung, kein Beweis. Aber dieses Kribbeln war da und ließ sich nicht vertreiben. Suko war auf seinem Platz sitzen geblieben, während ich mich der Rezeption näherte und mich umschaute.
Was ich suchte, wußte ich selbst nicht. Ich ging einfach nur meinen Ahnungen nach. Zudem gefiel es mir nicht, daß sich der Abbé nicht gemeldet hatte. Was trieb er so lange in seinem Zimmer?
Um mich herum entstand sehr bald ein Wirrwarr der Stimmen.
Die Touristen stammten aus Asien, Fernost. Sie verhielten sich sehr diszipliniert, aber sie redeten eben viel, und dieser Wirrwarr lenkte mich ab. Die Leute bekamen ihre Zimmer zugewiesen, erhielten auch die Codekarten, mit denen die Türen zu öffnen waren, und so kam allmählich Ordnung in den Trubel.
Ich hatte die Telefonzellen erreicht. Jede war besetzt. Davor drängten sich noch immer die nachfolgenden Gäste, die in alle Welt telefonieren wollten.
Scheiben ließen die Blicke in das Innere der Zellen zu. Ich schaute auf die Rücken der Telefonierer. Irgendwo waren diese Menschen alle gleich gekleidet, und auch von der Größe her unterschieden sie sich kaum.
Abgesehen von einer Ausnahme!
In der dritten Zelle stand eine Frau. Keine Asiatin. Ich sah nur ihren Rücken und natürlich auch die Haare.
Lang, hell und strähnig. In ihnen versammelten sich
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