1029 - Evitas Folterkammer
die Dinge ablaufen werden, und ich kann mir auch vorstellen, daß ich unter Beobachtung stehe, durch wen auch immer.« Er deutete auf den Nachttisch. »Dort steht ein Telefon. Da kann ich euch jederzeit in der Halle erreichen, wenn sich etwas ereignen sollte.«
»Aber ruf auch an!« sagte ich, bevor wir das Zimmer verließen.
»Ihr könnt euch voll und ganz auf mich verlassen, keine Sorge.«
»Dann ist es okay.«
Der Abbé warf einen Blick auf seine Uhr. »Sollte sich innerhalb der nächsten Stunde nichts tun, werde ich euch unten in der Halle anrufen. Dann können wir weitersehen. Außerdem habe ich etwas Hunger bekommen.«
»Bestell dir was über den Zimmerservice.«
»Gute Idee.«
Wir winkten ihm noch einmal zu und gingen. Es paßte uns nicht, daß wir den Abbé allein lassen mußten, aber wegen der Sache war es schon besser. Wir durften uns nicht zu offen zeigen oder einmischen.
In der Halle ließen wir uns nieder. Die Plätze waren günstig, denn so konnten wir den Eingang im Auge behalten. Ich holte mein Handy hervor und rief im Büro an.
»Wo steckt ihr?« fragte Glenda.
»Im Hilton.«
»Ach. Hat man euch die Wohnungen gekündigt? Wäre zumindest bei dir kein Wunder.«
»Nein, soweit ist es noch nicht gekommen, aber die Dinge laufen allmählich an.«
»Soll ich dich mit Sir James verbinden?«
»Das wäre gut.«
Wenig später hörte ich die Stimme unseres Chefs. »Ich habe schon gehört, daß Sie mit dem Abbé unterwegs sind. Was hat es denn gegeben? Ist der Fall wirklich dringend?«
»Das scheint uns so zu sein, Sir.«
»Gut, John, ich höre.«
Er bekam seinen Wissensdurst befriedigt und hörte auch genau zu, als ich ihm die Motive der Fotos beschrieb. Das gab für ihn den Ausschlag, uns offiziell weiter an den Fall zu binden. Er war etwas enttäuscht, daß wir noch nicht mehr herausgefunden hatten, doch ich ging davon aus, daß es sich sehr bald ändern würde.
»Dann höre ich wieder von Ihnen.«
»Ist recht, Sir.«
Ich steckte das Handy wieder weg. Tun konnten wir zunächst nichts, nur warten.
Mir aber wollte seltsamerweise das Bild dieser fremden Frau nicht aus dem Kopf…
***
Abbé Bloch gefiel sich selbst nicht, wenn er das so überspitzt sah. Es hing nicht mit seinem Aussehen zusammen, sondern lag einzig und allein an seiner inneren Unruhe, die einfach nicht weichen wollte und sich von Sekunde zu Sekunde noch verstärkte, obwohl nichts geschah. Es war auch dieses Warten und die Stille im Hotelzimmer, die ihm überhaupt nicht bekam. Er vermißte sein eigentliches Zimmer in Südfrankreich. Sein Arbeitszimmer, seine Templer-Brüder, aber diesen Weg hier mußte er allein gehen, obwohl er sich John Sinclair und Suko als eine gewisse Sicherheit geholt hatte.
Bloch fragte sich allerdings auch, ob es richtig gewesen war, die beiden einzuweihen. Dieser Eindruck, heimlich beobachtet zu werden, wollte bei ihm nicht weichen. Augen, die im Unsichtbaren lauerten und ihn unter Kontrolle hielten.
Über den hellblauen Teppichboden ging er zum Fenster und schob die Gardine zur Seite. Der Blick fiel über den Park, der bei diesem Wetter schon leicht herbstlich wirkte, aber es fielen noch keine Blätter. Es war nur keine Sonne da.
Er blickte auf die Grünfläche, ohne sie allerdings richtig zur Kenntnis zu nehmen. Ihn interessierten auch die Menschen nicht, die sich in Londons größter Grüner Lunge aufhielten. Seine Gedanken drehten sich um die nahe Zukunft.
Es mußte etwas passieren. Und wer immer sich hinter dieser Drohung verbarg, er konnte nicht mehr weit entfernt sein. Er war in der Nähe. Dieses Gefühl konnte der Abbé einfach nicht unterdrücken.
Die Gardine fiel wieder zu, als der Abbé sie losließ. Mit sehr kleinen und langsamen Schritten durchwanderte er das Hotelzimmer und blieb vor seinem kleinen Koffer stehen, der auf dem Bett lag.
Bloch hatte seinen Würfel nicht mitgenommen und dachte jetzt darüber nach, ob es nicht ein Fehler gewesen war. Wie auch immer, ändern konnte er es nicht, und bei einem Versuch, mit Hilfe des Würfels Kontakt zu seinen Feinden aufzunehmen, war er gescheitert.
Warum wurde sein Freund so gequält? Was wollte man zudem noch von ihm?
Der Abbé schwebte im luftleeren Raum. Er kam nicht zurecht und konnte sich auch keine Vorstellungen machen. Schließlich hatte er Victor jahrelang nicht zu Gesicht bekommen, und plötzlich überraschte man ihn mit dieser schaurigen Botschaft. Welche Zukunft lag da vor ihm? Warum hatte man ihn auf diese Art und Weise
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