1034 - Kitas Kettenhund
haben. Wahrscheinlich kontrolliert sie den Eingangsbereich und noch mehr.«
Ich dachte nach und richtete die nächsten Worte mehr an mich selbst. »Weshalb hat sie uns eingelassen, Suko? Sie wußte nichts von uns. Sie kennt uns aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Trotzdem sind wir hineingekommen. Das Signal war auffällig.«
»Dann muß sie einen Plan verfolgen.«
»Mit uns?«
»Sicher.«
Ich war skeptisch. »So schnell kann sich Kita umstellen? Das ist allerhand.«
»Sie wird sich melden«, sagte Suko. »Davon bin ich fest überzeugt. Außerdem könnten wir Mona fragen.«
»Das hatte ich auch vor.«
Die Barmaid hatte uns nicht aus den Augen gelassen und während ihrer Arbeit stets zu uns hingeschielt. Ich wunderte mich über die Ruhe innerhalb des Lokals. Die Menschen benahmen sich perfekt.
Zu perfekt sogar. So kamen sie mir eher vor wie Ausstellungspuppen und nicht wie normale Menschen.
Es war schon seltsam, doch davon konnten wir uns nicht abhalten lassen, nach Kita zu forschen. Sie war die Chefin. Ihr gehörte das Lokal, und sie würde auch die Fäden ziehen.
Ich hatte wieder zwei kleine Schlucke genommen und schmeckte den bittersüßen Geschmack jetzt intensiver. Bitter und süß – analog zu Sado und Maso.
Mona kehrte zurück. Ihre Handflächen strichen dabei über das dunkle und polierte Holz der Theke. Die Frau hatte ein hübsches Gesicht und sehr große, eindrucksvolle Augen. Wahrscheinlich stammte sie aus dem karibischen Raum.
Vor uns blieb sie stehen. »Darf ich euch etwas fragen?«
»Bitte.« Suko lächelte sie an.
»Je länger ich euch anschaue, um so mehr frage ich mich, ob ihr euch verlaufen habt. Ihr paßt nicht in dieses Lokal. Das ist zu sehen, auch für euch.«
»Und darüber denkst du nach?«
»So ist es, Suko. Ich denke auch weiter. Ich wundere mich darüber, daß man euch hineingelassen hat. Das ist sonst nicht der Fall. Schließlich sind wir ein Club.«
»Mit Stammgästen, nicht?«
»Auch das.«
»Vielleicht liegt es an der Chefin«, sagte Suko. »Wir hatten keine Schwierigkeiten.«
Mona sagte nichts. Sie überlegte, ob sie uns glauben sollte oder nicht. Dann hob sie die Schultern. »Eigentlich ist Kita sehr darauf bedacht, daß sie nicht gestört wird. Gerade heute nicht.«
»Warum nicht?«
»Es wird ihr Auftritt sein.«
»Aha«, sagte Suko nur. Er war vorsichtig und stellte keine weitere Frage, denn Mona sollte auf keinen Fall mißtrauisch werden und erfahren, daß wir wenig wußten. Zudem hatte sie wieder zu tun und ließ uns allein.
Ich klopfte mit der Kuppe des rechten Zeigefingers auf den Handlauf. »Sie hat ihren Auftritt, Suko. Darunter kann man sich vieles vorstellen…«
»Zum Beispiel?«
»Tanzen…«
»Kann sein, muß nur nicht. Vergiß nie, wo wir uns befinden, John. Hier können ganz andere Dinge ablaufen, denke oder befürchte ich. Spiele wie auf einer Bühne. Sado und Maso. Alles ist möglich.« Er lächelte etwas hintergründig.
Ich drehte mein Glas auf der blanken Unterlage. »Alles?« fragte ich gedehnt.
»Bis hin zur Folter und noch einen Schritt weiter. Mich würde hier nichts überraschen. Außerdem habe ich das Bild nicht vergessen, das die vier toten Hunde boten.«
»Hältst du Kita für die Killerin?«
Er hob die Schultern. »Wir wissen nichts von ihr. Wir kennen sie nicht einmal. Sie ist noch ein Phantom. Gut, man hat sie uns beschrieben, aber hier in ihrer Umgebung hält sie sich leider zurück. Das ärgert mich irgendwie.«
Zum Glück hatte Monas Interesse an uns nicht nachgelassen, denn sie kam wieder. Ihr Lächeln war breit und fordernd, verschwand aber, als sie auf unsere Gläser schaute. »Ihr habt ja kaum etwas getrunken«, meinte sie enttäuscht.
»Das kommt noch.«
»Wann denn, John?«
»Wir warten schließlich auf Kita.«
»Ach so.« Mona war nicht mehr so konzentriert. »Sicher, sie wird bald erscheinen. Kennt ihr sie eigentlich?«
»Wir haben sie nur kurz gesehen«, log ich.
»Sie ist eine faszinierende Frau.« Mona verdrehte die Augen, so sehr geriet sie ins Schwärmen. »Sie ist einfach wunderbar, und sie kann so immens viel.«
»Wie dürfen wir das verstehen?«
»Ganz einfach, John. Möglicherweise habt ihr es auch festgestellt.«
Mona bekam eine Gänsehaut. »Von ihr strahlt etwas ab, dem sich die Menschen nicht entziehen können. Kita ist eine besondere Frau. Sie kennt sich aus. Sie zieht die Menschen allein durch ihre Anwesenheit und durch die Blicke in ihren Bann. Für mich ist sie so etwas wie ein Wunder.
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