1039 - Die Heroin-Zombies
von meiner inneren Zerrissenheit. Sie sagte:
»Entscheide dich, Partner!«
Ich lächelte schief, als ich die letzten Worte wiederholte.
»Wieso, Sinclair? Gefällt es dir nicht?«
»Nicht immer.«
»Vergiß nie, wer dich hergebracht hat. Und eines kann ich dir sagen. Wenn ich die Fesseln los bin, stelle ich mich auch den Untoten, falls sie uns angreifen sollten. Freunde sind das keine von mir.«
»Ich werde aus Ihnen nicht schlau. Sie stehen auf der anderen Seite und arbeiten für diejenigen, die sich auf die Hilfe der Untoten verlassen.«
»Darauf bin ich auch stolz.«
»Ach ja? Seltsam, dann müßten Sie die Zombies doch auch unter Kontrolle halten können.«
»Nein, nicht mehr.« Sie schüttelte den Kopf, und ihr Gesicht verzog sich dabei, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. »Ich hasse sie, verdammt!«
»So plötzlich? Das kann ich kaum glauben.«
»Nein, nicht so plötzlich. Erst seit kurzem, denn ich bin nicht die einzige aus meiner Familie gewesen, die für die Firma gearbeitet hat. Mein älterer Bruder gehörte auch dazu.«
»Gehörte, sagten Sie?«
»Er ist tot.«
»Das tut mir leid und…«
»Scheiße, Sinclair, es braucht dir nicht leid zu tun. Ich will dir nur sagen, wer ihn getötet hat. Es ist einer dieser Untoten gewesen. Wie es dazu kommen konnte, weiß ich bis heute nicht. Ich habe ihn nur gesehen, und er sah einfach schrecklich aus. Dieser Untote hat ihm den Kopf abgerissen«, flüsterte sie und holte tief Luft. »Verstehst du das?« schrie sie mich an. »Einfach den Kopf abgerissen, als wäre er nur eine verdammte Puppe und kein Mensch.« Übergangslos fing sie an zu weinen, kam auch auf mich zu, denn sie suchte eine Stütze, die ich ihr gab.
Die Mörderin lag in meinen Armen, und ich streichelte ihr kurzes Haar. Es stand mir nicht zu, über Elena zu richten. Ja, sie hatte einen Menschen getötet, und ich wollte auch nicht nach Entschuldigungen suchen, lieber nach Gründen, auch wenn ich diese nicht voll akzeptieren konnte. Elena mußte sich in einer schrecklichen seelischen Umklammerung befunden haben, aus der sie nicht mehr hatte entwischen können. Möglicherweise hatte dies dafür gesorgt, daß ihre Seele so gut wie vereist worden war.
Ihr Anfall dauerte nur kurz. Sie war auch wütend darüber und schwieg, als sie den kleinen Schlüssel zwischen meinen Fingern blinken sah. Mit ihm schloß ich die Handschellen auf. Elenas Arme sackten nach unten. Sie schüttelte die Hände, dann rieb sie ihre Gelenke.
»Geht es?« fragte ich.
»Das muß.«
»Sie wissen, was Sie erwartet?«
»Kann sein. Aber ich lasse mir nicht den Kopf abreißen, wie es bei meinem Bruder geschehen ist. Dieser Verrat an der Firma ist allein meine persönliche Rache.«
»Gut, lassen wir das so stehen. Um Zombies wirkungsvoll etwas entgegensetzen zu können, braucht man Waffen. Die haben Sie nicht – oder?«
»Nein, du hast doch…«
»Vergessen Sie einen normalen Revolver. Für Zombies sind geweihte Kugel tödlich oder auch ein Kreuz. Ich trage es bei mir. Wenn Sie wollen, gebe ich es ihnen.«
Bevor ich es hervorholen konnte, war sie rasch von mir weggetreten. »Nein!« Sie streckte mir die Arme entgegen. »Ich will es nicht. Ich hasse Kreuze. Es hat meinen Bruder nicht beschützen können und auch mich nicht.«
Ich hielt es ihr trotzdem hin. Das Silber auf meiner Hand schimmerte matt. Es schien sie zu locken, aber Elena Cerez blieb stur. Sie hatte das Vertrauen in das Kreuz verloren, und dabei blieb es auch.
»Mein Vorschlag bleibt«, sagte ich und drehte mich um. »Kommen Sie, die Mühle wartet.«
Die Öffnung war breit genug, um mich bequem hindurchzulassen.
Der erste Schritt in die Mühle war ein vorsichtiger. Ich wußte, daß ich eine gefährliche Umgebung betrat, die auch für mich zu einer tödlichen Falle werden konnte, wenn ich nicht aufpasste.
Der Raum war recht groß. Leider auch düster. Einen Teil der Einrichtung hatte ich schon gesehen. An der linken Seite ließ so etwas wie ein breiter, nach innen gebauter Kamin nach unten. Wahrscheinlich rieselte dort das Mehl hindurch, das in dem Raum über unseren Köpfen gemahlen worden war. Dorthin führte eine Stiege aus dicken Holzbohlen. Sie war durch zwei Holzgeländer gesichert.
Leere Säcke lagen auf dem Boden. Die Bänke sah ich ebenfalls wieder, und jetzt in ihrer gesamten Breite. Wenn ich fremde Räume betrete, ist für mich auch der Geruch wichtig. Der alte Mehl- oder Ährengeruch war hier längst verschwunden oder hing nur noch
Weitere Kostenlose Bücher