1042 - Das Feuer-Monster
allerdings richtig ein, denn sie wußte, daß ich kein Kunde war.
»Was wollen Sie?«
»Nichts kaufen, Madam.«
»Das dachte ich mir. Ansonsten habe ich Ihnen nichts zu sagen.«
»Nur eine kleine Auskunft. Wir möchten zu Charlene, einem…«
Die Frau ließ mich nicht ausreden. »Verschwinden Sie besser. Lassen Sie die Kleine in Ruhe. Die hat schon genug Streß gehabt. Charlene O'Brien braucht eine Pause.« Die Frau reckte mir ihr Kinn entgegen. »Und schon gar nicht soll sie von irgendwelchen Pressetypen gestört werden. Ich spreche da auch im Sinne ihrer Eltern, die ich gut kenne. Verschwinden Sie aus Lukon.«
Ich tat, als hätte ich die Aufforderung nicht gehört. »Charlene ist doch zu Hause, Madam?«
»Hauen Sie ab, Mann, sonst hetze ich meinen Hund auf Sie.«
Ich hatte meinen Ausweis gezogen und schob ihn auf die Verkaufstheke. Dabei geriet meine Hand in die gefährliche Nähe der Beilschneide, aber die Frau hackte nicht zu. Sie starrte auf das Dokument, nagte an der Unterlippe und nickte.
»Wissen Sie Bescheid, Madam?«
»Ja. Sie sind Polizist.«
»Genau.«
»Das ist was anderes. Trotzdem wundert mich, daß Sie aus London gekommen sind.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Der Fall hat eben größere Kreise gezogen. Bitte, wenn Sie jetzt so freundlich wären und mir sagen könnten, wo ich die Familie O'Brien finden kann?«
Die Frau räusperte sich. »Sie brauchen nicht weit zu fahren. Bis zur nächsten Einmündung. Das Eckhaus ist ein Pub. Direkt links daneben wohnen die O'Briens.«
»Danke.«
Sie nickte und schaute mir nach, als ich zur Tür ging. Bevor ich sie öffnen konnte, holte mich ihre Stimme ein. »Finden Sie das Schwein, Mister. Finden Sie es, und sorgen Sie dafür, daß es bestraft wird. Sie würden uns allen hier einen Gefallen tun.«
»Ich werde mich bemühen.«
»Und? Erfolg gehabt?« fragte Suko, als ich die Wagentür öffnete.
»Ja. Ich mußte erst das Mißtrauen abbauen. Wir müssen bis zur nächsten Querstraße. Es ist nicht weit. Neben dem Eck-Pub wohnen die O'Briens.«
»Dann mal los.«
Der Pub hatte noch geschlossen. Über seiner Tür hing ein stolzer Hahn aus Metall, das allerdings schon verrostet war. Das Haus der O'Briens war nicht direkt an die Kneipe gebaut worden. Eine brachliegende Wiese diente als Zwischenraum. Darauf stapelte sich Gerümpel. Halbe Fahrräder und ein Autowrack hatten dort ihre Plätze gefunden wie ein modernes Kunstwerk.
Das Haus war klein. Ein graues Dach und auch angegraute Mauern, an denen sich Efeu hochrankte, die Fenster allerdings umwuchs und den Blick nach draußen nicht störte.
Ob wir schon beobachtet wurden, wußte ich nicht. Es war mir auch egal. Zu zweit schritten wir auf das Haus zu und blieben vor der Tür stehen. Eine Klingel war vorhanden, aber die brauchten wir nicht zu drücken, denn ziemlich heftig wurde die Tür aufgerissen. Eine Frau mit weißem Pullover und dunklen Jeans stand vor uns und giftete uns sofort an. »Es hat keinen Sinn, ich lasse niemand zu meiner Tochter. Wenn Sie nicht sofort wieder fahren, hole ich die Polizei.«
Schon wieder, dachte ich. Wer will uns in diesem Ort überhaupt noch sehen?
»Die Polizei ist schon da«, sagte ich.
»Was? Wie?«
Suko hielt ihr seinen Ausweis hin. Mrs. O'Brien las den Text und war ziemlich fahrig. Sie hob die Schultern, dann bekam Suko den Ausweis zurück.
»Ist es möglich, mit Ihrer Tochter zu sprechen?«
Mrs. O'Brien schwieg. Sie schaute zurück, sah uns anschließend wieder an und sprach davon, daß Charlene erst mal nicht in die Schule ging, weil sie sich von dem Schock erholen mußte, den sie auf dem Friedhof erlitten hatte. »Ich weiß nicht, ob es gut ist, wenn Sie Charlene jetzt verhören wollen.«
»Ein Verhör im eigentlichen Sinne ist es nicht«, klärte ich die besorgte Mutter auf. »Wir möchten wirklich nur ein paar Fragen stellen, die uns sehr am Herzen liegen.«
»Ich weiß nicht so recht…«
»Schläft sie denn?« fragte Suko.
»Leider nicht.« Die Frau mit den blonden Lockenhaaren rückte ihre Brille mit den runden Gläsern höher. »Sie liegt zwar in ihrem Bett, aber ich glaube nicht, daß sie schläft. Sie ist einfach nur sehr still geworden. Die letzten Erlebnisse haben sie doch stark mitgenommen.« Dann nickte sie. »Gut, ich werde eine Ausnahme machen, möchte aber bei der Befragung dabei sein.«
»Das können Sie natürlich.«
Mrs. O'Brien ließ uns ins Haus. Wir erfuhren, daß sie mit Vornamen Laura hieß, und auch wir sagten unsere
Weitere Kostenlose Bücher