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1050 - Die Nymphe und das Monster

1050 - Die Nymphe und das Monster

Titel: 1050 - Die Nymphe und das Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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nicht sagen.«
    Wir gingen weiter und hatten etwas die Hälfte der Strecke hinter uns gelassen, als mir etwas auffiel und ich sofort danach den Kopf schüttelte.
    »Was hast du?«
    »Ich kann mir nicht helfen, Grace. Aber hattest du nicht davon gesprochen, daß der Altar glatt aussieht, also plan ist?«
    »Ja, das habe ich.«
    »Dann schau mal nach vorn.«
    Sie tat es, aber sie blieb auch stehen, und ich ging ebenfalls nicht weiter. Ich ließ ihr Zeit. Es waren einige Sekunden verstrichen, als sie den Kopf schüttelte.
    »Was siehst du?« fragte ich.
    »Den… den Altar.«
    »Richtig, den sehe ich auch. Er hebt sich ja innerhalb der Dunkelheit ab. Aber da ist noch etwas. So glatt wie eine Steinfläche kommt er mir nicht vor. Ich habe eher den Eindruck, daß auf diesem Altar etwas liegt.«
    »Gott«, flüsterte sie. »Was sollte denn dort liegen? Du denkst doch nicht etwa an ein Opfer?«
    »Das läßt sich herausfinden.«
    Ich wartete ihre Antwort nicht ab, sondern schritt direkt auf den dunklen Gegenstand vor der Bankreihe zu. Wir waren allein in der Kirche, wir hatten keinen Menschen gesehen. Dennoch kamen mir erste Zweifel. Ich merkte auch, wie sich in meinem Innern die Spannung aufbaute, je näher ich dem Blutaltar kam.
    Nein, er war nicht flach. Dort lag etwas. Oder lag dort vielleicht jemand?
    Der Gedanke war nicht grundlos durch meinen Kopf geschossen, denn auf dem Altar hob sich etwas ab, das nicht nur die gesamte Fläche bedeckte, sondern an einer Seite überhing, bevor es abgeknickt war.
    Beine?
    Wenn ja, dann hatte jemand einen Menschen auf den Blutaltar gelegt wie ein Opfer.
    Auch die hinter mir gehende Grace Felder mußte ähnliches gedacht haben. Sie war ebenfalls überrascht worden und hatte mich ansprechen wollen. Ich war allerdings zu schnell, da ich keine Sekunde verlieren wollte. So erreichten mich ihre Worte nicht.
    Die letzte oder erste Bankreihe wischte vorbei. Noch ein Schritt.
    Dann stand ich direkt vor dem Altar und schaute nach unten.
    Ja, dort lag ein Mann. Er bewegte sich nicht. In der Kälte wirkte er wie festgefroren auf der Steinplatte. Ich konnte mir gut vorstellen, daß er nicht mehr lebte.
    Grace Felder wartete hinter mir. Wie jemand, der sich nicht traut, auch noch den letzten Schritt zurückzulegen.
    Ich ließ mir Zeit. Gelassen zog ich den rechten Handschuh aus, damit ich die kleine Leuchte aus der Tasche hervorholen konnte.
    Bis auf das heftige Atmen meiner Begleiterin war es still in der frostkalten Kirche.
    Der Lampenkegel erfaßte den Körper und wanderte von den Beinen her auf das Gesicht zu. Wie ein an den Rändern schwaches Bild wurde es aus der Dunkelheit hervorgerissen.
    Bleich, leer, aufgedunsen – das Gesicht eines Toten!
    Grace schrie leise auf. In der Kirche aber verdoppelten sich die Lautstärke und produzierte sogar Echos. Dann ihre Worte:
    »Himmel, das ist Carmacho. Das ist Don Carmacho, der Pfarrer!«
    ***
    Ich schwieg. Nur einmal drehte ich den Kopf und sah ihr entsetztes Gesicht. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Grace sah aus, als wollte sie jeden Moment zurücklaufen, doch sie blieb stehen wie ich.
    Den Toten schaute ich mir im Licht der Leuchte noch einmal an.
    Das Gesicht war wirklich unbeweglich. Die Haut so erschreckend bleich. Die Augen standen weit offen. In den Pupillen fiel mir der stumpfe Ausdruck auf. Einfach leer. Das Haar lag flach am Kopf. Es mußte weiß sein, entsprach also dem Alter des Mannes. Nur wunderte es mich, daß ich diese Farbe nicht sah. In diesem Fall glänzte das Haar. Es lag flach auf dem Kopf und mußte eine graue Farbe haben.
    Ich schnupperte wie ein Parfümprüfer. Etwas störte mich. Es war tatsächlich der Geruch. Er umschwebte den Toten, und über ihn wunderte ich mich, weil er für meinen Geschmack nicht hierher paßte. Es war einfach anders. Mit dem Geruch einer Kirche hatte er überhaupt nichts zu tun. Es war ein klammer und feuchter Gestank, der von dieser leblosen Gestalt ausging. Etwas Dunstiges, Dampfiges, wie auch immer. Feuchtigkeit, die noch einen bestimmten Geruch enthielt, und der stammte nicht aus der Kirche. Wohl aber aus deren Umgebung.
    Grace Felder hatte ihren Schock überwunden. Sie war so nah wie möglich an den Altar herangetreten. Sie senkte den Kopf und bewegte ihn von einer Seite zur anderen. Dabei produzierte sie schnaufende Laute, ähnlich wie ich es getan hatte. Meiner Ansicht nach mußte ihr der Geruch ebenfalls aufgefallen sein.
    Ich schaute sie an, als sie den Kopf gehoben hatte und wieder

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