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1050 - Die Nymphe und das Monster

1050 - Die Nymphe und das Monster

Titel: 1050 - Die Nymphe und das Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hineingebracht haben. Das ist mir bekannt.«
    »Du hast recht. So etwas habe ich auch schon erlebt, als ich nach einem Keltenkreuz gefahndet habe.«
    »Dann versuche es hier auch.«
    Sie ließ nicht locker. Ich mußte lächeln, auch wenn die Lage ernst genug war. Grace entfernte sich von mir. Als sie zurückkam, brachte sie vier bleiche Kerzen mit, die ziemlich lang waren. Sie zündete die geschwärzten Dochte der Reihe nach an, ließ flüssiges Wachs an verschiedenen Stellen auf den Boden tropfen, damit die Kerzen die nötige Standfestigkeit erhielten. Sie bildeten ein großes Viereck um den Blutaltar herum. Es gab keinen Wind, der die Kirche durchwehte, deshalb brannten die vier Flammen ruhig vor sich hin. Sie bewegten sich immer nur leicht und erreichten auch den toten Pfarrer. Durch die Bewegungen schufen sie dieses geheimnisvolle Zucken und ließen die Schatten über die Gestalt des Toten hinwegtanzen. Der Schein schien ihm ein gewisses Leben einzuhauchen.
    Ich hielt mich – ebenso wie Grace - außerhalb der Lichtinsel auf.
    Sie wartete natürlich darauf, daß ich den Kreuztest durchführte. Ich war auch bereit und hielt das Kreuz schon in der Hand, als mich Grace Felders leiser Schrei störte.
    Da ich zu sehr mit dem Kreuz beschäftigt war, wußte ich nicht, weshalb sie so reagiert hatte. Verunsichert blickte ich sie an. Grace streckte sehr langsam den Arm aus und wies auf den Toten.
    »Was ist denn?«
    »John…« Ihre Stimme war tatsächlich kaum mehr als ein Hauch.
    »Er hat sich bewegt.«
    »Wo?«
    »Am… am … Kopf, denke ich. Die Augen. Das war kein Schatten.«
    »Okay, ich schaue nach.«
    Einen Schritt ging ich. Dann stand ich genau zwischen zwei Kerzen, doch ich setzte mein Kreuz noch nicht, denn in diesem Augenblick hob der Tote seinen Oberkörper an…
    ***
    Ich blieb stehen, im Gegensatz zu Grace. Obwohl sie es zuerst bemerkt hatte, war sie entsetzt. Sie sprang zurück, um möglichst weit weg von der ungewöhnlichen Leiche zu kommen. Auch ihr Gesicht war bleich geworden und ähnelte dem eines Toten. Die großen Augen bewegten sich nicht. Was hier geschah, war wider die Naturgesetze. Nur gehörte ich eben zu den Menschen, die so etwas schon oft genug erlebt hatten und blieb deshalb recht gelassen.
    Die Beretta ließ ich stecken und hielt das Kreuz fest. Ansonsten beobachtete ich die Gestalt, die sich durch unsere Anwesenheit nicht stören ließ. Genau wie sie bewegten sich Zombies. Da sprach ich aus Erfahrung. So steif und unnatürlich.
    Sehr langsam schob er seinen Oberkörper hoch. Er benutzte die Hände als Stütze. Sie hatte er rechts und links des Körpers gestemmt, so daß die Handballen direkt auf der Abflußrinne für das Blut der Opfer lagen. Er war voll und ganz mit sich beschäftigt. Von uns nahm er keinerlei Notiz.
    Ich ließ die Gestalt nicht aus den Augen. Suchte nach Regungen auch im Gesicht. Es hatte sich verändert, auch wenn die Starre geblieben war. Der Ausdruck war schwer zu beschreiben. Menschlich jedenfalls konnte man ihn nicht nennen.
    Was wir in dieser Kirche erlebten, war schon einmalig. Dieser Vorgang stellte für mich eine Entweihung dar. Zugleich mußte ich an den Blutaltar denken. Er war ein Teil der nichtchristlichen Vergangenheit und hatte es geschafft, hier die Regentschaft zu übernehmen.
    Auf dem Blutaltar blieb der Pfarrer sitzen. Er wirkte auf mich zumindest wie jemand, der aus einem tiefen Schlaf erwacht war und sich zunächst noch orientieren mußte. Er schaute weder nach links zu Grace noch nach rechts zu mir. Er war voll und ganz mit sich selbst beschäftigt.
    »Wie soll man ihn bezeichnen, John?« flüsterte Grace Felder mir zu. »Ist das ein lebender Toter?«
    »Zumindest so ähnlich.«
    »Willst du ihn vernichten?«
    »Nur wenn es sein muß. Es kann durchaus möglich sein, daß er uns auf eine Spur bringt.«
    »Du denkst an die Nymphen?«
    »Er war naß. Er muß einfach etwas mit dem Teich zu tun gehabt haben.«
    Als wären meine Worte so etwas wie ein Startsignal, drehte der untote Pfarrer seinen Kopf und schaute mich direkt an. Ein starrer, ein stierer Blick. Böse und trotzdem leer. Augen, die keine Farbe aufwiesen, vor denen man sich trotzdem fürchten konnte.
    Ich rechnete stark mit einem Angriff, doch der blieb aus. Zudem wußte ich nicht, ob der Geistliche mich oder mein Kreuz anstarrte.
    Vielleicht auch beides.
    Ich wollte es aber wissen und ging sehr langsam und wachsam auf ihn zu. Jede Bewegung wurde verfolgt. Die Augen hatten ihre Starre

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