1053 - Die Rache der Geköpften
Tür. Möglicherweise auch tiefer in seiner Wohnung, um im günstigen Augenblick zuschlagen zu können.
Alles war möglich…
Der Schleim glitt weiter. Er breitete sich jetzt auch aus, als wollte er ihn umfangen, aber das geschah nicht mehr, denn jetzt erlebte er genau das, was auch seiner Kollegin passiert war.
Kaum hatte die ölige Masse einen bestimmten Punkt vor ihm erreicht, als sie in die Höhe stieg, als würde sie dabei von einem unsichtbaren Band geleitet.
Quinn konnte nichts mehr sagen. Er war auch nicht in der Lage, zu denken oder den Vorgang logisch nachzuvollziehen. Er stand da und staunte nur.
Weit offen standen die Augen. Der Blick war eingefroren. Quinn war es als Wissenschaftler gewohnt, logisch zu denken. Bei diesem Vorgang allerdings war sämtliche Logik verschwunden. Er kam damit nicht mehr zurecht. Hier waren die Gesetze der Physik auf den Kopf gestellt worden. Andere spielten die Hauptrolle. Gesetze, die der Mann nicht nachvollziehen konnte.
Die Masse stieg höher.
Das Gesicht kam näher.
Das Zeug hatte an Breite verloren. Es war jetzt schmaler geworden. Dabei erinnerte es an einen langen Hals, an dessen Ende tatsächlich ein Gesicht zu sehen war.
Dunkel zeichneten sich dort die Augen ab. Die Nase kam hinzu, ein Mund war ebenfalls zu sehen. Wenn Quinn genau hinschaute, dann war es tatsächlich das Gesicht des Igor Manski, dessen Kopf von der Kreissäge vom Körper abgetrennt worden war.
Quinn begriff noch immer nichts. Wie, zum Teufel, konnte sich das Gesicht in dieser Masse abzeichnen? Was war aus dem Toten geworden? Da hatte sich ein Mensch genetisch verändert. War vielleicht geklont worden, wie auch immer.
Der Wissenschaftler saugte die Luft scharf ein und stieß sie ebenso geräuschvoll wieder aus. Sein Puls raste. Auch ein Zeichen, daß der Druck größer wurde. Die Angst hielt ihn umfangen. Sie drängte sich in ihn hinein. Sie war wie eine Gabel, deren Zinken in verschiedene Richtungen wiesen.
Die Masse roch nicht, aber sie drängte sich noch weiter. Seinen Bauchnabel hatte sie bereits passiert. Jetzt schaute Quinn zu, wie sie allmählich seiner Brust entgegenstieg, sie sehr bald erreicht hatte und trotzdem nicht stoppte.
Ihr nächstes Ziel war sein Gesicht. Schlimme Vorstellungen durchzuckten ihn. Es war nicht ausgeschlossen, daß sich die Masse gegen seinen Mund drückte, um ihn zu ersticken. Einer, der umgebracht worden war und trotzdem irgendwo lebte, der hatte nichts zu verlieren.
Quinn konnte nichts dagegen tun. Er steckte einfach zu tief in dieser Klemme. Er war auch nicht in der Lage, sich zu bewegen. Atmen und abwarten, das war alles.
In Höhe seines Gesichts stoppte auch die Masse. Sehr gut schaute er in das Gesicht hinein. In der Tat malten sich im Schleim die Züge seines toten Kollegen ab.
Das war etwas, mit dem er nicht zurechtkam. Dieser Anblick stockte seinen Gedankenfluß. Er hemmte auch die Möglichkeit zu sprechen und eine Frage zu stellen. Quinn stand mit herabhängenden Armen auf der Stelle und wirkte dabei wie ein armer Sünder, der den Tod vor Augen sah und keine Chance mehr wußte.
»Hallo, Killer…«
Quinn hatte die Stimme gehört. Er riß auch seinen Mund auf, um zu schreien, aber nichts, gar nichts drang hervor. Die Laute blieben ihm im Hals stecken. Das kalte Entsetzen hatte ihn stumm gemacht.
Das Wissen darüber, die Stimme des Mannes zu hören, den er getötet hatte, machte ihn beinahe wahnsinnig.
»Hast du mich nicht verstanden, Killer?«
Quinn nickte jetzt.
»Sehr schön, Ed. Was sagst du dazu, daß ich gewonnen habe und nicht du? Los, rede. Hast du dich nicht darüber gefreut, mich aus der Welt schaffen zu können? Hast du mich nicht immer beneidet, weil ich besser gewesen bin und dir die Schau gestohlen habe? Hat dein Haß nicht lange genug gekocht, um sich schließlich durch meinen Tod freie Bahn schaffen zu können? Das alles ist passiert, aber du hast einen großen Fehler begangen, denn du hast mich unterschätzt. Ich bin nicht tot. Ich habe einen Weg gefunden, um leben zu können. Anders als zuvor, aber ich lebe und existierte auch weiter.«
Ed schnappte nach Luft. »Wie… wie … hast du das gemacht?«
»Ich sage es dir nicht.« Ein knappes Lachen folgte. »Du hast dich nicht geändert. Noch immer fragst du nach dem Wie und nach dem Warum, statt selbst die Konsequenzen zu ziehen. Du hast dich nie persönlich eingebracht. Du wolltest immer wissen, was ich mache, woran ich arbeite. Ich habe es dir nie gesagt, und so hat sich
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