1054 - Die Leibwächterin
aber…«
»Das glaube ich nicht.«
Im Vorzimmer trafen wir Glenda Perkins noch immer nicht an.
Wir wußten allerdings, daß sie einen Lehrgang im Haus besuchte.
Es ging wieder einmal um die Bedienung eines Computers oder die Einführung neuer Programme.
Mich sollte man mit dem Kram in Ruhe lassen. Ich war lieber aktiv als passiv.
Sich mit dem Wagen durch die Innenstadt zu quälen, hatte keinen Sinn. Von der nächsten U-Bahn-Station aus erreichten wir das Ziel in kürzerer Zeit. Und so stiegen wir in den schaukelnden Waggon, der zischend in der dunklen Röhre verschwand.
Am Piccadilly herrschte wie immer Trubel. Da konnte das Wetter noch so mies sein. Autofahrer, Fußgänger, Touristen und Tauben bildeten das übliche Bild und bevölkerten einen dieser berühmtesten Kreise der gesamten Welt.
Aus einer großen, dunklen Wolke fiel Schneegeriesel. Der Wind schaufelte das Zeug gegen unsere Gesichter. Wir stellten die Kragen der Jacken hoch und waren froh, das schützende Dach der Galerie erreicht zu haben.
Es war klar, daß wir vorsichtig zu Werke gehen mußten. Auf der Fahrt hatten wir uns abgesprochen. Suko wollte im Hintergrund bleiben und an einem anderen Tisch seinen Platz einnehmen. Er hatte einen guten Blick für Menschen. Wir hofften beide, daß es ihm gelang, irgendwelche Verfolger auszumachen.
Karina Grischin hatte einen guten Treffpunkt gewählt. Auch mit speziell eingestellten Richtmikrofonen war bei diesem allgemeinen Stimmenwirrwarr nicht viel zu hören. So brauchten wir bei der Unterhaltung nicht unbedingt zu vorsichtig sein.
In der Einkaufsgalerie hatten zahlreiche Geschäfte ihre Standplätze gefunden. Die Auslagen der Schaufenster interessierten mich nicht. Den Best der Strecke ging ich allein und hatte das Bistro bald gefunden. Um es französischer wirken zu lassen, war auf die Scheibe des Schaufensters ein Eifelturm gemalt worden. Im Lokal selbst standen die üblichen runden Bistrotische mit zumeist zwei Stühlen davor. Hinter der Theke arbeiteten drei junge Leute. Ein Mann und zwei Frauen. Sie alle trugen weiße lange Schürzen über ihrer normalen Kleidung mit dem Aufdruck des Bistronamens.
Karina sah ich kurz nach meinem Eintritt. Sie hatte sich einen strategisch gut plazierten Tisch ausgesucht. Ziemlich in der Ecke.
Zudem stand der Tisch so, daß sie den Eingang genau im Auge behalten konnte und jederzeit sah, wer da kam und das Lokal verließ.
Auch sie hatte mich gesehen. Gab mit keinem Zeichen zu erkennen, daß sie mich kannte. Ich benahm mich ebenfalls wie jemand, der auf der Suche nach einem freien Platz war.
Diesmal war ich über den Betrieb froh, denn es gab keinen freien Platz mehr. So fiel es nicht auf, wenn ich mich zu einer Person setzte. Natürlich nahm ich bei Karina Platz.
»Der Stuhl hier ist frei?« fragte ich.
»Ja, bitte.«
Ich nahm Platz, nachdem ich ihn ein wenig zurechtgerückt hatte.
Schon beim Eintritt hatte ich mir die Gäste so gut wie möglich angeschaut. Einige von Costellos Leuten waren polizeibekannt, und auch ich kannte ihre Gesichter.
Aufgefallen war mir niemand. Das mußte nicht heißen, daß man Karina nicht beobachtete. Deshalb verhielt ich mich wie in Fremder.
Zufällig sah ich Suko draußen vorbeigehen, während ich die in Plastik eingeschweißte Karte anhob.
Es gab Kleinigkeiten zu essen und entsprechende Getränke.
Hunger verspürte ich nicht, und so entschied ich mich für ein Wasser. Das hatte Karina nicht bestellt. Sie trank Kaffee und dazu einen Cognac. Den brauchte sie wohl jetzt.
Sie saß gleichmütig neben mir, und ich beobachtete sie aus den Augenwinkeln.
Wieder mußte ich mir eingestehen, daß sie eine hübsche und interessante Frau war. Auch die Wochen hier in London hatten daran nichts ändern können. Ihr Gesicht wirkte entspannt, aber ihre Blicke hatten die Härte nicht verloren. Sie wußte genau, in welcher Lage sie sich befand. In den ersten Minuten redeten wir nicht miteinander. Wir waren uns fremd und spielten das auch durch. Bis ich mit einer bewußt ungeschickten Bewegung gegen den Tisch stieß, so daß etwas Wasser über den Rand des Glases schwappte.
»Oh, das ist mir peinlich.«
Karina lächelte. »Es ist nichts passiert. Außerdem ist Wasser kein Rotwein.«
»Stimmt auch wieder.«
Wer uns jetzt beobachtet hatte, dem mußte aufgefallen sein, daß alles normal gelaufen war. Zwei Fremde, die durch ein kleines Mißgeschick ins Gespräch gekommen waren, und ich war es, der auch sofort zur Sache kam.
»Du bist
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