106 - Das Ghoul-Imperium
fragte ihn, ob er wisse, was mit einem Menschen passiere, wenn er von einem Vampir getötet worden war, »Er… er wird ebenfalls zu einem solchen Ungeheuer«, antwortete Ben Stallybrass stockend.
»Jubilee hat. Eartha Raft heute gesehen, Mr. Stallybrass«, sagte ich ernst. »Wenig später rief sie zu Hause an und sagte, es wäre etwas Schreckliches passiert.«
»Sie sollten damit rechnen, daß Eartha zur Vampirin wurde«, fügte Mr. Silver hinzu.
»Insgeheim tue ich das bereits«, sagte Ben Stallybrass. »Meine Gefühle wehren sich noch verzweifelt dagegen, aber wenn ich ehrlich Zu mir selbst bin, muß ich zugeben, daß ich nicht glauben kann, daß Eartha gestern ungeschoren davonkam. Sie muß ein Opfer dieses verdammten Vampirs geworden sein. Er war so entsetzlich stark…«
»Wissen Sie, was in der weiteren Folge zu befürchten ist?« fragte ich.
Ben Stallybrass sah mir abwartend ins Gesicht.
»Daß Ihnen Eartha wieder begegnet. Es wird allerdings nicht am Tag sein«, sagte ich, »Sie wird Sie belügen, wird Ihnen sagen, daß mit ihr alles in Ordnung ist, und im günstigsten Moment wird sie über Sie herfallen. Wenn Sie sie sehen, müssen Sie sehr vorsichtig sein. Sie dürfen ihr kein Wort glauben, denn alles, was sie sagt, wird nur darauf abzielen, Sie zu töten.«
Ich gab ihm meine Karte und bat ihn, mich unverzüglich anzurufen, wenn Eartha Raft bei ihm erscheinen sollte.
Ben Stallybrass nickte langsam. Den Blick auf meine Karte gerichtet, fragte er: »Was… werden Sie tun, wenn Sie ihr begegnen, Mr. Ballard?«
»Das, was ich tun muß«, antwortete ich.
»Wir werden sie erlösen, werden ihr den Frieden geben«, sagte Mr. Silver. »Der Geist der Hölle ist jetzt in ihr und zwingt sie, ein Leben zu führen, das ihrer nicht würdig ist. Sie selbst kann dieses Leben nicht beenden. Es ist unsere Pflicht, ihr dabei zu helfen.«
Ben Stallybrass nickte stumm. Ich konnte sehen, wie sein Verstand mit seinen Gefühlen rang.
»Sehen Sie sich bis auf weiteres vor«, riet ich ihm. »Und… Wie gesagt… Rufen Sie uns an, wenn Sie Eartha Raft sehen.«
»Das tue ich. Darauf können Sie sich verlassen«, sagte Ben Stallybrass.
Ich glaubte ihm.
***
»Das also ist das Haus«, sagte ich zwanzig Minuten später zu Mr. Silver. »Es sieht wirklich unheimlich aus.«
»Wäre ich ein Mensch, würde ich es mir zweimal überlegen, dieses Gebäude zu betreten«, sagte Mr. Silver.
»Ich bin ein Mensch«, entgegnete ich. »Aber ich werde nicht zögern, da hineinzugehen.«
»Was kann dir schon passieren, wenn ich bei dir bin?« sagte der Ex-Dämon grinsend.
Ich blieb dem Hünen die Antwort schuldig. Wir stiegen aus meinem Wagen, aber wir begaben uns nicht sofort in Answard Brewsters Anwesen, sondern betraten zuerst Eartha Rafts Haus.
Weder Mr. Silver noch ich nahmen an, daß Eartha daheim war. Wir wollten uns nur ansehen, wo der Vampir über Ben Stallybrass und Eartha Raft hergefallen war.
Mr. Silver hatte mit seiner Silbermagie das Schloß der Haustür geknackt. Nun befanden wir uns im Gebäude, sahen uns im Erdgeschoß um und begaben uns anschließend nach oben.
Das Bett war immer noch hochgestellt. Das Fenster war immer noch offen. Hier war es passiert. Mr. Silver ließ den Raum auf sich einwirken.
»Fühlst du was?« fragte ich ihn.
Er schüttelte langsam den Kopf. Ich begab mich zum Fenster und schaute zum Nachbarhaus hinüber. Obwohl ich schon oft gegen Vampire gekämpft hatte, sah ich dieser neuen Konfrontation mit gemischten Gefühlen entgegen. Answard Brewster schien ein besonders gefährliches Exemplar seiner Gattung zu sein.
Es war immer gefährlich, sich mit einem Vampir anzulegen, denn sie waren schlau und listig. Und Vampire taten fast nie das, womit man rechnete.
Ich wandte mich um und sah Mr. Silver an. »Warum hat er Ben Stallybrass nicht getötet?« fragte ich. »Kannst du mir das erklären?«
»Er war nur scharf auf das Mädchen«, sagte Mr. Silver. Aus Erfahrung wußten wir, daß männliche Vampire weibliche Opfer bevorzugten und weibliche Blutsauger männliche Opfer.
»Brewster mußte doch damit rechnen, daß Ben Stallybrass zur Polizei geht«, sagte ich.
Mr. Silver hob die Schultern. »Du siehst ja, was er erreicht hat: Man hat ihm seine Gruselgeschichte nicht geglaubt.«
»Das konnte Answard Brewster nicht vorhersehen. Er muß sich ziemlich sicher fühlen.«
»Dieses Gefühl der Sicherheit werden wir ihm nun gründlich durcheinanderbringen«, sagte Mr. Silver. »Komm, Tony.«
Während
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