106 - Das Ghoul-Imperium
zu täuschen!
Du bist verrückt, mit ihm hier durchzugehen! dachte Joanne Jampers nervös, und sie beschleunigte ihren Schritt, um rasch wieder aus dem Park hinauszukommen. Wenn er mich anfaßt, schlage ich ihm die Handtasche mitten ins Gesicht!
»Warum haben Sie es denn auf einmal so eilig?« fragte Answard Brewster.
»Es ist schon spät«, antwortete Joanne. »Ich bin müde. Ich möchte so rasch wie möglich nach Hause kommen.«
»Das werden Sie nicht, Miß Jampers.«
»Was?«
»Nach Hause kommen«, antwortete Answard Brewster. »Weder früher, noch später. Sie werden überhaupt nicht nach Hause kommen.«
Ein Lustmörder! schrie es in Joanne Jampers. Sie stürmte los und wollte um Hilfe schreien.
In dieser Nacht war dem Vampir schon einmal ein Mädchen davongelaufen. Joanne Jampers wollte er nicht entkommen lassen. Er schnellte vorwärts, stürzte sich auf sie, riß sie zu Boden und hielt ihr den Mund zu. Joanne wehrte sich mit ganzer Kraft, doch das nützte ihr nichts.
Sie spürte seine leichenkalten Lippen an ihrem Hals, und dann kam der Biß des Vampirs.
***
Wir hatten den ganzen Tag mit Shavenaar experimentiert. Weitere Erfolge waren uns jedoch versagt geblieben. Was wir aber erreicht hatten, war schon beachtlich.
Shavenaar gehorchte jetzt auch mir, und ich konnte das Höllenschwert genauso unsichtbar machen wie Mr. Silver. Wir hatten zudem festgestellt, daß Shavenaar nur in sichtbarem Zustand aktiv werden konnte, Unsichtbar hätte es einen schwarzen Feind nicht attackieren können.
Ich befand mich nun auf der Heimfahrt, fuhr ziemlich schnell, denn Vicky Bonney hatte mich ziemlich konfus bei Mr. Silver angerufen. Der Ex-Dämon hatte gefragt, ob er mitkommen solle. Ich hatte das jedoch für unnötig gehalten.
Je näher ich der Chichester Road kam, desto lästiger wurde das Gefühl in meiner Magengrube. Ich knüppelte den schwarzen Rover durch Paddington und stoppte ihn wenig später vor meinem Haus.
Vicky öffnete die Haustür, als ich aus dem Rover sprang. Sie hatte ihren Anruf sehr allgemein gehalten, hatte mich nur gebeten, so schnell wie möglich nach Hause zu kommen, denn es sei etwas passiert.
Da war ich nun. Vicky sah mich besorgt an und umarmte mich. Ich drängte sie ins Haus und fragte: »Was ist geschehen?«
»Jubilee ist weg.«
»Weg?«
»Sie ist verschwunden«, sagte Vicky. »Ich war nicht daheim, hatte diese Lesung… Boram war bei ihr.«
Boram trat neben Vicky. Ich musterte die graue Dampfgestalt. »Erfahre ich nun endlich, was passiert ist?« fragte ich ungeduldig.
»Sie verließ das Haus, Herr«, sagte der Nessel-Vampir hohl und rasselnd.
»Sagte sie, wohin sie gehen wollte?« fragte ich.
»Nein, Herr.« Boram betrachtete sich als mein Diener. Ich hatte eine Zeitlang versucht, es ihm abzugewöhnen. Mittlerweile hatte ich aber resigniert. »Sie sagte nur, sie wäre bald wieder zurück.«
»Warum hast du sie allein gehen lassen?« fragte ich den weißen Vampir vorwurfsvoll.
»Ich hatte den Eindruck, sie wollte mich nicht bei sich haben.«
»Darüber hättest du dich hinwegsetzen müssen.«
»Ja, Herr«, sagte Boram zerknirscht. »Als ich nach Hause kam, war Jubilee nicht da«, erzählte meine Freundin. »Ich hatte gleich kein gutes Gefühl, als mir Boram nicht sagen konnte, wo Jubilee ist. Und dann rief sie an.«
»Von wo?« wollte ich sofort wissen. »Ich habe keine Ahnung, Tony.«
»Hast du sie nicht gefragt?«
»Doch«, antwortete Vicky. »Ich sagte: ›Jubilee, wo steckst du? Ich mache mir Sorgen um dich!‹ Sie erwiderte nur: ›Vicky, es ist etwas Schreckliches passiert!‹«
Ich sah meine Freundin nervös an, »Und? Was hat sie noch gesagt?«
»Sonst nichts mehr«, antwortete Vicky mit belegter Stimme. »Plötzlich klirrte Glas, und ich hörte Jubilees erschrockenen Schrei. Dann hörte ich nichts mehr.«
Meine Kopfhaut spannte sich. Ich machte mir große Sorgen um Jubilee. Sie war ein ziemlich unerschrockenes Mädchen, aber gerade das konnte ihr einmal zum Verhängnis werden.
Sie konnte irgendwann einmal zuviel wagen.
War es heute dazu gekommen?
»Was hat sie veranlaßt, das Haus zu verlassen?« wollte ich wissen.
»Sie muß ihre Freundin draußen entdeckt haben«, sagte Vicky Bonney. »Eartha Raft. Sie hat diesen Namen gerufen, als sie dort am Fenster stand, sagte Boram… Ich habe Angst um Jubilee, Tony! Sie wollte mit dir reden…«
»Worüber?«
»Ihre Freundin wohnt neben einem unheimlichen Haus. Jubilee wollte dich bitten, daß du dir das
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