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1071 - Die Urnen-Gang

1071 - Die Urnen-Gang

Titel: 1071 - Die Urnen-Gang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Absatz herum, um ebenfalls zu starten, aber sie hatte zu lange gewartet. So bekam ich ihren linken Arm zwischen Ellbogen und Schulter zu fassen, bevor sie verschwinden konnte.
    Ich hielt sie fest.
    Nein, ich hielt sie nicht fest.
    Ich konnte sie gar nicht festhalten, denn meine Finger drückten einen Teil des Arms zusammen, so daß Kathy freikam, ich aber stehenblieb und auf das starrte, was aus meinen Fingern her dem Boden entgegenrieselte.
    Es war graue Asche…
    ***
    Es gab wirklich nicht viele Augenblicke, die so abliefen wie dieser hier. Tatsächlich blieb ich auf der Stelle stehen, wie die berühmte Salzsäule.
    Ich schaute auch nicht nach, wohin Kathy gelaufen war, ich starrte nur auf die noch immer dem Boden entgegenfallende Asche, mit der auch der Wind spielte.
    Auch Suko war geschockt. Er hätte die Verfolgung aufnehmen können, aber er stand plötzlich neben mir und blickte kopfschüttelnd auf das, was da zu Boden rieselte.
    »Asche!« hauchte er.
    Ich hatte Mühe, eine Antwort zu geben. »Ja, verdammt, es ist Asche. Und ich habe sie nur angefaßt. Ich wollte sie zurückhalten. Plötzlich wurde der Arm weich, und dann rieselte es durch meine Finger, wie du ja gesehen hast.« Ich schaute auf meine linke Handfläche, die aussah wie mit Staub gepudert.
    Suko schüttelte den Kopf. »Und jetzt?« fragte er leise. »Was sagst du dazu?«
    Zunächst mal nichts. Ich hob den Kopf an und mußte leider feststellen, daß Kathy schon einen sehr großen Vorsprung erreicht hatte. Ich hätte Mühe gehabt, sie einzuholen. Wahrscheinlich wäre es uns nur mit dem Auto gelungen, aber ein Auto zeichnete sich auch im Hintergrund ab, und es fuhr auf Kathy zu.
    Leider war es so weit von uns entfernt, daß wir das Fabrikat nicht herausfinden konnten. Aber das Fahrzeug sah aus wie ein Geländewagen, ein Jeep oder ein Range Rover. Etwas Militärisches möglicherweise. Der Wagen stoppte bei Kathy, und sie lief keinen Schritt mehr weiter.
    Jemand stieß die Tür von innen auf, so daß Kathy einsteigen konnte, was sie auch sehr schnell tat.
    Dann wurde die Tür wieder zugerammt, und der Fahrer gab sofort Gas. Wir sahen noch die Wolke aus Staub, die von den Reifen hochgewirbelt wurde. Dann beschrieb das Fahrzeug eine Kurve und war unseren Blicken entschwunden.
    »Das war ein Schock!« flüsterte ich und schüttelte den Kopf, weil ich noch immer nicht darüber hinweggekommen war. »Hat es Sinn, dich nach einer Erklärung zu fragen, Suko?«
    »Wohl kaum.« Er trat gegen ein Grasbüschel. »Aber ich habe schon vorher etwas bemerkt. Ich habe sie gerochen, John. Sie roch einfach anders, das sagte ich ja.«
    »Stimmt. Und sie ist auch anders.«
    »Aus Asche, John.«
    Drei Worte, die so einfach dahingesprochen worden waren. Aber konnten wir sie auch akzeptieren?
    Hatten wir tatsächlich einen Menschen vor uns gesehen, der nur im ersten Moment wie ein Mensch aussah, aber tatsächlich so filigran war, daß man ihn auf keinen Fall anfassen durfte.
    Wenn ja, was war mit dem Menschen? Wie konnte er existieren? Reagierte er wie ein Mensch?
    Atmete er wie ein Mensch? Oder war er ein Golem, eine Art Kunstmensch, wie er damals in Prag aus Lehm von einem Rabbi geschaffen worden war?
    Wir konnten keine Antwort darauf geben.
    Je mehr wir uns hineinknieten, um so rätselhafter wurde dieser Fall der Urnen-Gang. Einer allerdings war besonders wichtig. Und dieser Mann hieß Major Blake.
    Als ich den Namen halblaut aussprach, hörte ich Sukos Lachen. »Du hast recht, John, er ist der springende Punkt. Nur möchte ich dich auch darauf hinweisen, daß wir erst nach einem Weg suchen müssen, um an ihn heranzukommen. Oder willst du dich noch immer als Opfer zur Verfügung stellen?«
    »Nein, nicht mehr. Das hätte auch keinen Sinn. Ich kann mir vorstellen, daß Kathy zu ihm gebracht wird und ihm alles erzählt. Reden kann sie ja.« Ich schüttelte den Kopf, weil ich darüber noch immer nicht hinweggekommen war.
    Wie dem auch war. Wir standen noch immer am Anfang, obwohl wir schon einen kleinen Schritt weitergekommen waren. Jedenfalls war die Asche der verbrannten Menschen sehr wichtig für einen Major, der schon immer einen Hang zu Leichen und zum Tod gehabt hatte. Nach seiner unehrenhaften Entlassung mußte er es geschafft haben, sich auf einem bestimmten Gebiet weiterzuentwickeln und war jetzt zu einem Menschen geworden, der den Namen kaum noch verdiente. Davon war ich überzeugt, ohne ihn persönlich zu kennen.
    »Es bleibt bei deinem Vorschlag«, sagte ich.

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