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1071 - Die Urnen-Gang

1071 - Die Urnen-Gang

Titel: 1071 - Die Urnen-Gang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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»Wir setzen uns in den Wagen und schauen uns den Hof oder das Gut mal von der Ferne an.«
    »Nichts lieber als das.«
    Ich warf einen Blick zum Himmel. Nein, es war noch nicht viel dunkler geworden, weil die Wolkendecke jetzt stärkere Lücken zeigte. Der Tag kämpfte noch gegen die Nacht an, auch wenn er verlieren würde. Fern im Westen grüßte das Backofenrot der untergehenden Sonne, und der beinahe schon volle Mond zeichnete sich ebenfalls blaß am Firmament ab.
    »Willst du fahren, John?«
    »Nein, nein, übernimm du das.«
    »Okay.«
    Schweigend stiegen wir ein, schnallten uns an, und Suko startete den Motor. Es war alles normal, aber es kam mir nicht mehr normal vor. Diese so heile Welt hatte einen tiefen, schwarzen und gefährlichen Schatten bekommen, einen Riß, aus dem das Böse gedrungen war. In Person eines Mannes, der Major Blake hieß.
    Wer war er? Was steckte hinter ihm? Welche Kraft leitete ihn? Wie waren seine Ziele? So sehr ich darüber auch nachdachte, ich kam auf keine Lösung. Die Dinge liefen auseinander und leider noch nicht zusammen.
    Der Boden war zwar nicht unbedingt weich, aber wir kamen nicht so gut weg wie auf einem normalen Straßenbelag. Die Reifen hatten schon schwer zu arbeiten, und auch das Unkraut knickte weg, als sich der Rover darüber schob.
    Wir wollten die Straße erreichen, die nach Nackington führte. Auf dem Weg zum Ort war vielleicht ein Blick auf das Haus möglich, ansonsten mußten wir fragen oder auf den Zufall warten.
    Diesmal fuhren wir nicht mehr vor dem Bahnhof her, sondern dahinter. Das Gelände unterschied sich kaum von dem auf der vorderen Seite. Sollte es jemals Pfade gegeben haben, dann waren sie im Laufe der Zeit zugewuchert. Ich betrachtete meine Handfläche. Noch immer waren die Spuren zu sehen. Die feine Asche hatte sich in den Rillen der Handlinien festgesetzt. Sie würde erst durch Schweiß oder Wasser verschwinden.
    Ich hob die Hand an die Nase und roch an der Haut. Nein, da war nichts Ungewöhnliches zu bemerken. Die Asche gab keinen Geruch ab, nur meine Hand.
    Suko lenkte den Wagen nach rechts, in Richtung Westen, wo die Sonne noch immer rot am Himmel stand. Das Land war leer. Der kleine Ort Nackington würde erst zu sehen sein, wenn wir die Mauer aus Bäumen passiert hatten, die jetzt noch den Blick verdeckte.
    Zwei Dinge geschahen fast gleichzeitig. Zuerst trat Suko auf die Bremse. So hart, daß ich nach vorn in den Gurt geschleudert wurde. Ich hörte Suko kurz fluchen und sagen: »Das ist doch nicht wahr!«
    Ich schaute nach vorn.
    Jetzt sah ich, weshalb Suko so scharf gebremst hatte.
    Vor uns stand ein junges Mädchen - Kathy!
    ***
    Mir kam in den Sinn, über meine Augen zu wischen, und auch Sukos Hände zuckten bereits. Es war kaum zu fassen, noch weniger zu erklären. Kathy stand tatsächlich vor uns wie jemand, der nur auf uns gewartet oder sich einfach in den Weg gestellt hatte.
    Sie rührte sich nicht und glich einem Denkmal, dessen Arme und Hände vor dem Körper gekreuzt waren, ihn allerdings noch berührten. Sie schaute über die Kühlerhaube des Rovers hinweg und gegen die Scheibe. Ich wußte nicht, ob sie uns erkannte, weil das Glas getönt war, das war in diesem Augenblick auch unwichtig.
    »Kathy?« murmelte ich.
    »Du sagst es, John.«
    »Schau sie dir an. Schau sie dir genau an.«
    »Wieso?«
    Schon wütend deutete ich nach vorn, und Suko hielt sich mit seinen Fragen zurück. Er richtete seinen Blick auf das junge Mädchen. Die gleichen Haare, die gleiche Farbe der Augen, das gleiche Kleid, alles war gleich bei ihr, und trotzdem gab es einen großen Minuspunkt, den Suko erst sehr spät wahrnahm.
    »Du hast recht, John, das kann sie nicht sein. Das ist sie auch nicht, verdammt.«
    »Es fehlt kein Stück aus dem Oberarm.«
    »Genau, da ist keine Lücke.«
    »Demnach kann sie es nicht sein.«
    Suko drehte mir sein Gesicht zu.
    »Bist du dir da sicher? Könnte es nicht auch nachgewachsen sein?«
    »Das wäre möglich. Man muß ja mit allem rechnen. Es ist wohl besser, wenn wir sie fragen.«
    »Wollte ich gerade vorschlagen.«
    Wir stemmten die Türen auf und verließen den Wagen sehr vorsichtig. Nur nichts überstürzen, nur keine unnötigen Bewegungen, die das Mädchen hätten mißtrauisch werden lassen. Wir wollten und mußten sehr behutsam zu Werke gehen.
    Kathy bewegte sich nicht. Der Wind fächerte leicht gegen ihr Gesicht und spielte auch mit den Haaren. Die Augen hielt sie etwas zusammengekniffen, so daß ihr Gesicht mißtrauisch

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