1078 - Im Bett mit einem Monster
aufgaben, wenn sie tot waren. Da der Rattenmann noch lebte, mußte er bisher alle Kämpfe überstanden haben.
Seine kleinen Augen funkelten. Seine Lippen hatten sich zu einem Grinsen verzogen, und das Kinn fiel nach unten hin stark ab. Er lachte rauh, als er uns sah und mit einem gleitenden Schritt zur Seite trat, um seinem Kumpel Platz zu schaffen.
Mr. President nannte er sich. Ein Bodybuilder wie aus dem Lehrbuch. Er trug nur eine eng anliegende Hose, auf der das Muster der amerikanischen Flagge aufgedruckt war. Beine wie Stempel, schrankbreite Schultern, Arme, unter deren Haut sich deutlich die Muskelpakete abzeichneten. Ein Brustkorb wie eine Wand. Dazu die schaufelförmigen Hände, die nackten Füße und natürlich sein Kopf. Er wirkte ebenfalls gestylt, zumindest was den Haarschnitt anging. Der sah aus als wäre er noch vor einer halben Stunde von einem Friseur behandelt worden. Exakt war das weizenblonde Haar gescheitelt, dessen Farbe bestimmt nicht echt war. Ein Gesicht mit hoher Stirn, kantiger, kurzer Nase, die allerdings etwas schief aussah, und Augen, die im grellen Licht der Scheinwerfer blau strahlten.
Die beiden also sollten unsere Mörder sein!
Mr. President hatte die Tür wieder zugezogen, während der Rattenmann nach rechts zur Seite geglitten war. Niemand der beiden hatte bisher ein Wort gesprochen, aber sie hatten uns auch nicht aus den Augen gelassen. Sie schätzten uns ab, da sprachen ihre Blicke Bände. Sie wollten herausfinden, wie lange wir es schafften, ihnen standzuhalten. Während sie mich beinahe übersahen, blieben ihre Blicke auf Suko länger haften. Sie konnten sich vorstellen, daß er derjenige von uns war, der besser mit ihnen zurechtkam.
»He!« Vom Rand des Beckens her meldete sich Mr. Jobb. »Na, wie findet ihr die beiden?«
Es war klar, daß er von uns keine Antwort bekam. Ich flüsterte Suko zu: »Wen nimmst du?«
»Diesen Mr. President. Ich hoffe, daß hinter seinen Muskeln etwas Hohles steckt.«
»Freu dich nicht zu früh. Der hat uns die besten geschickt.«
»Ich weiß, John, und gib auf die Ratte acht. Gerade die schmächtigsten sind oft am gefährlichsten. Der wird kämpfen wie eine Ratte und nicht aufgeben.«
Ich glaubte Suko jedes Wort, und es ging mir verdammt nicht gut, das stand fest. Auch voll in Form wären meine Chancen nicht so günstig gewesen. Nun litt ich weiterhin unter den Folgen des Gases, und das war nicht so leicht zu beheben. Mein Reaktionsvermögen wurde davon schon beeinträchtigt.
»Ach, noch etwas!« rief uns Mr. Jobb zu. »Ich weiß nicht, ob es euch beruhigt, aber die Kämpfe der beiden haben nie sehr lange gedauert. Ihre Gegner wurden schnell erledigt. Ich nehme an, daß es bei euch anders sein wird.«
Wir gaben ihm keine Antwort. Nichts sollte uns von diesen beiden Typen ablenken.
»Fangt an!« schrie Mr. Jobb. »Macht sie fertig - killt sie!«
***
Die Party war einer der Sommerhits. Jede Menge Leute hatte sich am Ufer der Themse versammelt, auch wenn das Wetter nicht gerade ein Einsehen hatte, aber das machte den Besuchern nichts aus.
Künstler, Geldleute, der Adel - alles war da und zog die große Show ab. Jeder für sich, denn auf der Bühne schrie eine weibliche Rockröhre so laut in das Mikro, daß selbst die Themse einen Schauer bekam.
Natürlich mußte man spenden. Aber wer gesehen werden wollte, der gab gern Geld für die Aids-Hilfe und war innerlich froh, daß es ihn nicht erwischt hatte.
Seit dem späten Nachmittag lief die große Schau, und fast jeder, der eintraf, starrte auf das Mikrophon irgendeines Senders. Er durfte ein paar Worte sagen, die weiblichen Schönen präsentierten ihre neuen Outfits, und die männlichen Gäste gaben sich gelassen und ungemein cool. Man kam nicht mehr so steif. Krawatten waren im Moment nicht in, so wurde das Hemd eben auch von denen offen getragen, die keine gebräunte, sondern eine Hühnerbrust zu bieten hatten.
Es zählte nur, daß man dabei war und auch gesehen wurde. Selbst lächerliche Outfits störten nicht.
Jedes Fest hat seine Auftritte und auch seine Höhepunkte. Das war auch hier nicht anders. Zwei große, miteinander verbundene und nach vorn hin offene Zelte boten den Gästen genügend Platz.
Das Gelände war abgesperrt worden. Trupps aus privaten Sicherheitsfirmen liefen permanent Streife, damit keiner erschien, der unerwünscht war.
Es gab zu essen, es gab zu trinken. Champagner, Wein, Bier, die besten Whiskys und auch Cognacsorten, es war eben alles da, und wer hungrig
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