1079 - Dämonen-Domina
keinen Fall antun.
Er warf einen letzten Blick in das Schlafzimmer und war beruhigt, eine schlafende Shao vorzufinden. Trotzdem überkam ihn das schlechte Gewissen, als er die Jacke vom Haken nahm, die Beretta einsteckte und die Wohnung verließ.
Auf dem Weg zum Fahrstuhl mußte er John Sinclairs Wohnungstür passieren. Für einen Moment zögerte er, dann schüttelte er den Kopf. Nein, das war einzig und allein seine Sache. Er hatte diese Plakette vernichtet. Er hatte sich die Suppe eingebrockt und würde sie auch auslöffeln. Möglicherweise besaß sie einen schalen Geschmack aus der Vergangenheit…
***
Das nächtliche London lag längst hinter ihm. Die Lichter waren weniger geworden. Dafür hatte die Natur wieder ihren Platz behauptet, und so lenkte Suko seinen BMW durch eine relativ einsame Gegend mit viel Grün.
Der Vorort Richmond wurde von einem großen Park beherrscht, der mit seiner Südwestseite an das Gelände von Wimbledon grenzte, nur geteilt durch eine Straße, die die Bezeichnung 308 führte.
Suko hatte behalten, was ihm mitgeteilt worden war. Die Person, deren Namen er nicht einmal kannte, hatte ihm einige markante Punkte aufgezählt. Dazu gehörte eine Tankstelle, der Turm einer Kirche, ein Friedhof mit hoher Mauer, an der Suko vorbei mußte und auch eine Plakatwand, die während der Tennisspiele weitaus mehr genutzt wurde als zu diesen Zeiten.
Die Wand bestand aus mehreren Teilen, die sich nahtlos zusammenfügten. Sehr breit reichte sie bis an eine Kreuzung heran, an der Suko kurz anhielt.
Er mußte nach links.
Kein Gegenverkehr. Tiefe Nachtruhe. Sein BMW schlich wie ein Geisterauto durch die Dunkelheit.
Hin und wieder hörte Suko das Schmatzen der Reifen auf dem leicht angefeuchteten Asphalt. Es regnete nicht, doch die Wolken hingen tief über dem Land und bildeten einen geisterhaften, weißgrauen Dunst.
Suko rollte eine stille Straße entlang. Bäume wuchsen rechts und links. Sie hatten bereits erste Blätter verloren, die auf der feuchten Straße klebten. Die mächtigen Stämme und ihr Astwerk bildeten einen natürlichen Sichtschutz. Was sie verdeckten, waren Häuser oder freie Flächen, die es hier auch noch gab.
Wie mit blutiger Schrift geschrieben, leuchtete der Name eines Hotels an der rechten Seite. Dort wuchsen auch keine Bäume mehr. Man hatte sie abgeholzt, um Platz für die Auffahrt zu schaffen.
Das Hotel hatte die Anruferin auch erwähnt, praktisch als einen der letzten Orientierungspunkte. So wußte Suko, daß es bis zu seinem Ziel nicht mehr weit war.
Er fuhr langsamer. Suchte die Querstraße. Dort mußte er noch einmal nach links fahren. Es gab da nur wenige Häuser, aber das letzte auf der rechten Seite war wichtig.
Er bog in die Straße ein. Auch hier klebten die Blätter auf dem feuchten Boden, und Suko fuhr noch langsamer. Im Schrittempo schlich der schwarze BMW durch die Nacht. Vergleichbar mit einer Raubkatze, die sich ihrer Beute näherte.
Die Beute lag auf der rechten Seite. Die anderen Häuser standen weiter zurück. Sie waren nur zu ahnen, und auch nur dann, wenn irgendwelche Lampen in der Nähe brannten.
Vor dem letzten Haus brannte kein Licht. Es sah aus, als hätte es sich versteckt. Sehr schmal, so gut wie keine Einfahrt. Zumindest konnte Suko den Wagen dort nicht parken. So ließ er ihn schließlich einige Meter weiter ausrollen.
Er schaltete das Licht aus, stieg aus und atmete die feuchte, nach Rauch riechende Luft ein. Es war so still. Naß und schwül. Er hörte sogar das Klatschen irgendwelcher Wassertropfen, die in einem für ihn nicht sichtbaren Bereich zu Boden fielen.
Suko wollte nicht, daß er gehört wurde. Seine Schritte setzte er langsam. Er schaute sich um. Verstecke für einen Hinterhalt gab es genug, doch zwischen den Büschen und Bäumen lauerte niemand auf ihn. Er war allein.
Vor dem Haus blieb er stehen.
Es war wirklich schmal. Sicher länger, und es stieß dabei hinein in einen Garten, der auf Suko trotz der recht schlechten Lichtverhältnisse ziemlich verwildert wirkte.
Auch das Haus war dunkel. Es lag nicht allein an der Umgebung, sondern auch an dem Gebäude selbst. Aus Ziegel oder Backsteinen erbaut und dann dichtem Efeubewuchs überlassen, der den größten Teil der Fassade umrankt hatte. Zumindest an der Vorderseite. Nur der Platz für die Haustür war frei. Da hatte man die herabhängenden Ranken dann beschnitten.
Es gab kein Tor, aber eine alte Mauer aus Steinen, die in der Mitte eine Öffnung aufwies. Die Mauer war
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