108 - Die Werwölfe des Dr. Satanas
kühlgestellten
Limonaden zu präparieren. Ein Polizeiwagen fuhr auf den Vorhof und hielt in
unmittelbarer Nähe des Eingangs. Dr. Satanas beobachtete durch die zugezogenen
Vorhänge die Ankunft der beiden Beamten. Der Weg durch den Haupteingang war ihm
versperrt. Dem Menschenfeind blieb keine Zeit mehr, aus dem Büro zu fliehen.
Rasch sah er sich um. Er hörte schon die Schritte auf der Treppe. Die
beschlagenen Sohlen und Absätze der schweren Stiefel knallten auf dem
Plattenboden. Im Büro stand ein großer Aktenschrank, tief genug, um einen
ausgewachsenen Mann kurzfristig zu verbergen. Vorausgesetzt, die Ankömmlinge
betraten den Raum nicht ganz und sahen sich um. Dann mussten sie den ungebetenen
Gast wahrnehmen. Satanas presste sich in den Schatten zwischen Wand und
Aktenschrank und hielt den Atem an. Seine Fäuste waren geballt, und seine Miene
war gespannt. In den dunklen, fast schwarzen Augen glitzerte es kalt. Dieser
Mann war zu allem bereit, erbarmungslos, wenn es um seine Ziele ging. Und seine
Ziele waren — das Böse, der Hass und die Vernichtung menschlichen Lebens. Die
Polizisten klopften an. Als sich niemand rührte, öffnete einer die Tür und
streckte den Kopf herein. „Hallo, Jackson? Wir sind da ...“ Der Cop, der zu
sprechen begonnen hatte, unterbrach sich. „Kein Mensch da, Freddy ...“, sagte
er dann. „Nicht mal die Whiskypulle steht auf dem Tisch. Das will schon etwas
heißen. Dann gibt’s hier wirklich im Moment viel zu tun, wenn er nicht mal mehr
Zeit hatte für nen Schluck...“
„Am Telefon
gab er sich verdammt aufgeregt. Aber er wollte partout nicht sagen, was ihn so
erregte. Ich seh mich mal um, irgendwo muss er ja sein. So viele Lebende gibt’s
ja nicht hier. Ich kann ihn also kaum verfehlen ...“, konnte sich der zweite
Beamte, den der andere mit dem Namen Freddy angesprochen hatte, den makabren
Scherz nicht verkneifen.
„Okay. Dann
warte ich hier so lang auf dich. Das ist zwar ein unfreundlicher Ort, an den
ich nur ungern komme, aber er hat auch sein Gutes. Jacksons Whisky. Also davon
versteht er etwas. Unter einem Dreißigjährigen tut er’s nicht. Ich trinke in
der Zwischenzeit nen kleinen Schluck. Jackson freut sich darüber, wenn man seinen
Whisky zu schätzen weiß, und seine Einladung, dass wir uns stets ganz wie zu
Hause fühlen sollten, gilt schließlich auch heute.“ Der Sprecher warf einen
Blick auf seine Armbanduhr. „Außerdem bin ich gleich nicht mehr im Dienst, der
geht in einer halben Stunde ohnehin zu Ende. Ein kleiner Schlaftrunk kann nicht
schaden ...“ Der eine Polizist trat ein und schob die Tür zurück, so dass sie
gerade angelehnt war. Die Schritte des anderen Cops entfernten sich. Der
Zurückgebliebene ging an den Kühlschrank. Der stand genau in der Ecke hinter
der Tür. Leise pfeifend ging der Mann in die Hocke und zog die Whiskyflasche
heraus. Er öffnete den Verschluss und schnupperte daran. „Jackson, du hast
wirklich einen guten Geschmack.“ Ein kleiner quadratischer Schrank mit Glastür
hing an der Wand über der Eisbox. Der Uniformierte nahm sich ein Glas und
schenkte sich einen Doppelstöckigen ein. Er stellte erst die Flasche zurück und
kam dann an den Tisch, setzte sich in Jacksons Sessel, legte die Beine auf die
Tischplatte und wollte den Drink in aller Ruhe genießen, als er den Schatten an
der Wand neben dem Aktenschrank gewahrte. Den Schattenriss eines Menschen, und
die Spitzen schwarzer Schuhe! Im gleichen Augenblick merkte auch Dr. Satanas,
dass er entdeckt war.
Da handelte
er. Er ließ dem Cop nicht die geringste Chance. Der war zwar alarmiert,
nestelte an seiner Pistolentasche und tat so, als sei er wirklich völlig
ahnungslos, aber Satanas, der mit dem Teufel gemeinsame Sache machte und seine
Seele verkauft hatte, war schneller. Der Schatten sauste nach vom. Der Cop
sprang noch auf...
Aber es war
schon zu spät. Die stählerne Klinge drang ihm mitten in die Kehle und tötete
ihn auf der Stelle. Der Uniformierte taumelte und brach zusammen. Satanas fing
ihn auf, ehe er auf die Schreibtischplatte schlagen und das vollgeschenkte
Whiskyglas zu Boden reißen konnte.
●
Der zweite
Polizist stieß in der Halle mit den Kühlkammern auf Jackson und Morna
Ulbrandson. Hier erfuhr er vom rätselhaften Verschwinden der Leiche Manuela
Lopez’. Er wollte es erst nicht glauben und zog auch die Türen anderer Kammern
auf, weil er der Meinung war, dass die Leiche vielleicht verwechselt worden
war. Aber dafür gab’s keinerlei
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