1081 - Die Unbesiegbaren
verwirrt, um sofort zu begreifen, daß es das Zirpen seines Armbandgeräts gewesen war, das ihn aus tiefem Schlaf gerissen hatte.
Verständnislos starrte er auf eine weite, leicht gekräuselte Wasserfläche und lauschte dem Rauschen, mit dem ein großer Schwärm Wildgänse ins ufernahe Röhricht einfiel.
„Gesil?" stammelte er.
Er glaubte, noch den weichen, warmen und zugleich unglaublich elastischen Körper Gesils zu spüren, und in seinem Bewußtsein loderten noch immer schwarze Flammen, doch ihr Bann war gewichen.
Endlich gelang es ihm, das, was er wirklich sah, als Wahrheit anzuerkennen. Er befand sich nicht im Quartier der Geheimnisvollen, sondern am Ufer des Goshun-Sees, weitab vom Raumhafen Terrania, von der SOL und von Terrania City, wo sein Platz an diesem frühen Morgen sein sollte. Allerdings konnte er sich nicht erinnern, wie er an diesen Platz gekommen war.
Als das Zirpen, das für eine Zeit verstummt war, wieder anhob, vermochte Perry wieder klar genug zu denken, um zu wissen, daß jemand nach ihm rief.
Er schaltete das Armbandgerät ein und sah in der Bildfläche des Telekomteils das Abbild des Gesichts von Atlan.
Ob Atlan wußte, wo er die Nacht verbracht hatte?
„Hallo, Perry!" sagte der Arkonide. Seine Augen schwammen in wäßrigem Sekret, aber bei Arkoniden war das bei jeder Art von Erregung der Fall. „Wo bist du?"
„Am Goshun", antwortete Perry. „Ich mußte allein sein. Was gibt es?"
„Am Goshun-Salzsee?" fragte Atlan gedehnt. „Hast du Gesil gesehen?"
Also doch!
„Hier ist sie jedenfalls nicht", antwortete Perry ausweichend und hoffend, der Freund möge keine direkte Frage stellen. „Von wo rufst du?"
„Ganz bestimmt nicht aus der Einsamkeit der Natur", erwiderte Atlan sarkastisch. „Ich bin im Hauptquartier der Hanse - und hier ist der Teufel los. Zwei Porleyter sind vor einigen Minuten aufgetaucht. Sie lassen alle möglichen Daten aus dem Hauptcomputer abrufen und informieren sich ungeniert über die Organisation der Hanse, ihre Stützpunkte und Basare."
Perry gab sich gelassen, auch wenn er innerlich vor Zorn bebte.
„Das habe ich erwartet, Atlan. Schließlich können die Porleyter nicht das Heft in die Hand nehmen, wenn sie den strukturellen Aufbau der Hanse und der LFT nicht gründlich genug studiert haben. Ist Bully erreichbar?"
„Der Barbar spielt den Unerschütterlichen!" höhnte der Arkonide. „Bully rennt umher wie eine Glucke auf der Suche nach ihren Küken. Gleichzeitig ist er so hilflos wie eine Schnecke."
Bei dem Wort „Schnecke" schlug in Perrys Kopf eine Glocke an.
„Bully beruhigt sich bald wieder. Er muß nur Dampf ablassen. Aber habt ihr etwas von den Dargheten gehört - und von Callamon?"
„Fehlanzeige. Soll ich dir einen Gleiter schicken, oder möchtest du die Natur noch ein wenig genießen, Wilder?"
Perry fühlte sich nicht in der Lage, auf Atlans Sarkasmus einzugehen und ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen, wie er es sonst getan hatte.
„Ich komme so schnell wie möglich", erwiderte er kurz angebunden und schaltete ab.
Anschließend orientierte er sich. In der Nähe führte eine hölzerne Treppe mit deutlichen Alterserscheinungen vom Ufer zu einem Hügel hinauf. Perry erstieg sie und sah sich um.
Nur wenige hundert Meter von seinem Standort entfernt erkannte er zwischen buntbelaubten Bäumen und grünen Koniferen die Siedlung, in der sein Bungalow stand.
Selbstverständlich war es nicht der gleiche Bungalow wie vor zweitausend Jahren, sondern der elfte in einer Reihe von Neubauten wechselnder Architektur - genau wie die übrigen Bungalows nicht mehr die alten waren. Das gleiche galt für die Garten- und Parkanlagen. Alles hatte sich im Lauf der Zeit immer wieder verändert, und die Veränderungen wären noch krasser gewesen, hätte man das Gebiet um den Goshun-See nicht schon vor rund anderthalb Jahrtausenden zum Naturschutzgebiet erklärt.
Perry Rhodan fühlte plötzlich das Bedürfnis, sein nominelles Zuhause aufzusuchen, nominell deshalb, weil er in letzter Zeit nicht mehr dort gelebt hatte. Er schlief und „wohnte" in einem der Apartments, die zum HQ Hanse gehörten und die allen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt wurden, die wegen der außerordentlichen Wichtigkeit ihrer Aufgaben ständig präsent sein mußten.
Erst jetzt wurde ihm bewußt, daß er in den meisten Fällen genauso gut hätte in seinem Bungalow wohnen können und daß es auch diesmal nicht unbedingt notwendig war, daß er pausenlos im HQ Hanse weilte. Er
Weitere Kostenlose Bücher