1085 - Rattenliebe
Überfall.«
»Du denkst noch an die Bilder?«
»Unter anderem.«
»Okay, ich weiß, daß ich dich irgendwie überfallen habe, aber das wird sich ändern.« Sie nahm mich an der Hand. »Es gibt auch ein Wohnzimmer«, flüsterte sie. »Du hast die schwarze Couch dort mit den roten Kissen gesehen?«
»Sie war nicht zu übersehen.«
»Die ist wunderbar bequem.«
Ich war froh, daß mich Teresa zurückzog. Wir gingen ins Wohnzimmer, und wieder ließ ich meine Blicke schweifen, ohne allerdings eine lebende Ratte zu sehen.
Vor der Couch blieben wir stehen. Teresa war wieder dicht bei mir. Ihr Mund lockte. Das Licht war sanft und strahlte von Lampen ab, die an den Wänden hingen. Gelbe Kugelleuchten.
»Darf ich dich was fragen, John?«
»Immer.«
»Warum trägst du eine Waffe?«
Als ich nicht sofort antwortete, sprach sie weiter. »Ich habe es gespürt, als ich nahe bei dir war. Brauchst du sie? Hast du sie schon einmal eingesetzt?«
»Ich fühle mich ohne sie unsicher. Die Zeiten sind gefährlich. Da muß man schon aufpassen.« Mir war selbst klar, wie schwach die Antwort geklungen hatte, aber Teresa ging nicht mehr darauf ein.
»Weißt du was, John? Wir werden zunächst einen kleinen Schluck trinken, dann sehen wir weiter.«
»Dagegen habe ich nichts.«
»Was möchtest du?«
»Was hast du denn da?«
»Ach, eigentlich alles, was das Herz begehrt. Du kannst Bier haben, auch Champagner, Wein…«
»Ja, Wein. Nur kein Rattengift.«
»Irrtum.« Sie bewegte sich von mir fort und wies mit dem Zeigefinger gegen mich. »Du hättest den Drink probieren sollen, John. Er war wirklich gut.«
»Mixt du ihn dir hier auch?«
»Nein, den lasse ich in der Kneipe. Roten oder weißen Wein?«
»Roten.«
»Sehr gut. Den trinken die wahren Genießer.«
Sie wandte mir den Rücken zu und ging zur Bar. Die Flaschen standen in einem schmalen, ebenfalls schwarzen Regal, in dessen unterem Drittel sich eine Kühlbox befand. Die ließ Teresa geschlossen.
Statt dessen griff sie zu einer Rotweinflasche und auch zu einem Korkenzieher. Aus dem oberen Fach nahm sie zwei Gläser. Dabei wandte sie mir den Rücken zu, und so konnte ich die Gelegenheit nutzen. Ich zog meine gefütterte Lederjacke aus und steckte die Beretta in die rechte Außentasche.
In der Nähe stand ein Kippsessel, und über seine Lehne warf ich die Jacke.
Profihaft öffnete Teresa die Weinflasche. Sie roch an der Öffnung und nickte zufrieden. »Er ist gut«, lobte sie.
»Woher stammt er?«
»Ein Italiener aus der Toskana.«
»Ja, der läßt sich trinken.«
»Das meine ich auch.« Sie verbeugte sich leicht. »Für meine Gäste nur das beste.« Sie kam zu mir und stellte die Flasche wie auch die beiden Gläser auf den Glastisch vor der Couch. Während sie einschenkte und der rote Wein in die Gläser gluckerte, schaute ich mich um. Die Räume waren nicht mit Teppichboden ausgelegt. Der Untergrund bestand aus geschliffenem Beton. An verschiedenen Stellen und in den verschiedenen Zimmern hatte Teresa schmale Teppiche ausgelegt, auch hier im Wohnraum. Vor dem Teppichstreifen mit schwarzrotem Muster malten sich die Umrisse einer Klappe oder einer Luke ab. Fast quadratisch und ziemlich groß. Ich nahm mir vor, Teresa irgendwann nach der Funktion dieser Luke zu fragen.
Sie setzte sich neben mich. Sehr dicht, so daß sich unsere Körper berührten. Das Licht war schummrig genug, um auf den Schein einer Kerze verzichten zu können.
Teresa hob ein Glas an. »Trinken wir auf uns und auf die Nacht, John.«
Der Wein war rot und funkelte, weil helle Reflexe über seine Oberfläche huschten. Er schmeckte mir auch, war sehr weich, da zog sich nichts im Mund zusammen.
Teresa genoß ihn auf ihre Art und Weise. Sie saß entspannt neben mir und hatte den Kopf zurückgelegt. Der hintere Teil berührte den oberen Wulst der Couchlehne.
Mit geschlossenen Augen genoß sie den Rebensaft. Ihre linke Hand hatte sie ausgestreckt und strich damit über meinen rechten Oberschenkel hinweg. Noch immer hielt sie die Augen geschlossen, auch als sie mich leise ansprach.
»Ich möchte, daß du dich ausziehst, John. Erst du, dann ich. Oder wir beide zusammen.«
»Nicht schlecht. Was machen wir dann?«
Sie hielt den Glasrand gegen die Unterlippe gedrückt und lächelte versonnen. »Magst du Überraschungen, John?«
»Nur gute.«
»Dann laß dich auch überraschen.«
»Bin ich dann zufrieden?«
»Ich denke schon.«
Als ich keine Antwort gab, stellte sie das Glas ab und drehte sich mir
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