1087 - Blutjagd
bauen konnte. Hoffentlich hatte er sie auch nutzen können.
Wir schauten jetzt in die Tiefe. Von verschiedenen Seiten her beobachteten wir den Erdboden, der sich jetzt besser abmalte. Zwar machten wir keine großen Unterschiede im Gelände aus, aber die Autobahn war wieder zu sehen, und wir überquerten sie.
»Sie müssen in westliche Richtung schauen!« riet uns Speedy. »Da werden Sie gleich etwas sehen.«
»Was ist mit dem Suchscheinwerfer?«
»Noch nicht.«
Wir schwirrten durch die Nacht. Es kam mir vor, als lägen wir leicht schräg in der Luft.
»Jetzt!« rief Speedy, ohne sich umzudrehen.
Was er damit gemeint hatte, sahen wir eine Sekunde später. Unter uns erschien ein heller, langer Streifen, der wie eine schräge Landebahn aus Licht wirkte. Der Suchscheinwerfer war sehr hell, und wir entdeckten auch den Kreis auf dem Boden, der weiterwanderte und über das normale hügelige Land huschte, aber schon bald in ein breites Tal hineinglitt. Wir verloren noch mehr an Höhe, und unser Pilot schaltete einen zweiten Scheinwerfer ein, dessen bleiches Auge ebenfalls seinen Weg über den Boden fand.
Sie waren dreh- und bewegbar, die bleichen Augen. Speedy beherrschte sie perfekt, und plötzlich schimmerten die hellen Kreise auf, als sie in den Bereich des Schienenstrangs gerieten. Sie erfaßten das Gleis, wanderten weiter und erreichten schließlich die Lok des Zuges.
Mit einem Schwung brachte Speedy seine Maschine zum Stehen. Wir schaukelten in der Luft. Einen Suchstrahl ließ er an der Seite des Zuges entlanggleiten.
Plötzlich stand ein Mann im hellen Zentrum. Er winkte mit beiden Armen, und wir sahen sofort, um wen es sich handelte.
»Mensch, das ist Bill!« Ich schlug Suko vor Freude auf den Schenkel.
»Ist er okay?«
»Er winkt!«
»Ich lande jetzt!« rief der Pilot.
»Klar, tun Sie das!«
Wir schwebten abwärts. Nicht weit entfernt vom Gleis suchte Speedy nach einer Stelle, an der er glatt aufsetzen konnte. Der Gleisdamm war glatt, das Gelände in seiner Nähe nicht. Aber auch die Buckel machten einem Mann wie Speedy nichts aus. Er bewegte seine Maschine, als wäre sie eine große Feder, und ebenso leicht setzte er sie auch auf.
Geschafft.
Ich rammte als erster den Ausstieg auf. Der Krach des Motors brüllte in meinen Ohren. Ich spürte über mir den Windzug der Rotorenblätter und zog den Kopf ein, bevor ich mich auf den Weg zu Bill machte und den kleinen Damm hochlief.
Aus der Höhe war mir der Zug klein vorgekommen. Jetzt, da ich neben ihm stand, kam ich mir klein vor, aber das war schnell vergessen, weil mir Bill praktisch in die Arme fiel.
»John, du bist wirklich wie ein Weihnachtsengel. Direkt aus dem Himmel gefallen.«
»So fühle ich mich nicht. Aber was ist hier eigentlich los?«
Bill wartete mit der Antwort, bis auch Suko eingetroffen war und sie sich begrüßt hatten. »Ich weiß nicht genau, was hier los ist«, sagte er, »aber ich würde es mit dem Begriff Horror umschreiben. Ja, der blanke Horror.«
»Dieser Vampir!«
Er nickte mir zu. »Und er hat bereits drei Menschen auf dem Gewissen. Zuletzt hat es den Lokführer erwischt. Deshalb stehen wir hier auf freier Strecke.«
»Bleibt noch Zeit für einen Bericht?« fragte Suko.
»Immer.«
Speedy blieb im Hubschrauber. Er nahm sicherlich Kontakt mit seiner Basis auf. Währenddessen hörten wir dem Bericht unseres Freundes zu. Wir konnten es kaum fassen, daß die Dinge bisher noch so »glimpflich« abgelaufen waren. Es hätte viel schlimmer kommen können, aber unser Freund hatte sich hervorragend verhalten.
»Und was ist jetzt mit deiner neuen Freundin, Bill?« fragte ich.
»Hör auf mit Freundin. Es war Zufall, daß wir uns hier im Zug trafen.«
»Ist sie wirklich resistent gegen Vampirbisse?«
»Ja, Suko, ob du es glaubst oder nicht. Das heißt, resistent ist vielleicht der falsche Ausdruck. Der Vampir hat sie angebissen, wenn ich das mal so sagen darf. Dann aber zuckte er zurück. Er wollte sie nicht. Ihr Blut schmeckte ihm nicht. Ich kann dir den genauen Grund auch nicht sagen und muß das glauben, was sie mir erzählt hat und was ich euch berichtet habe.«
Ich blickte Suko an. Er zuckte mit den Schultern. »Das müssen wir so hinnehmen, John.«
»Wo ist Estelle jetzt?«
»Im Abteil. Sie wollte ihren Mantel holen und dann zurückkehren. Bisher ist sie noch nicht bei mir erschienen.«
»Findest du das gut.«
»Was sollte ich denn machen? Ich mußte nach dem Lokführer sehen. Außerdem ist sie die letzte, die sich
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