1088 - Killer in der Nacht
denn?«
»Ich werde auf jeden Fall mit Christa Evans reden. Und zwar so bald wie möglich.«
»Heißt das noch in dieser Nacht?«
»Sicher.«
Brenda erschrak. »Dann wollen Sie tatsächlich hinfahren?«
»Es ist wichtig.« Ich dachte nicht nur an Christa Evans, sondern auch an eine andere Person, die in diesem Haus wohnte und sehr nahe bei der ehemaligen Erzieherin. Es war Estelle Crighton, die sich plötzlich wieder in einer gefährlichen Lage befand, obwohl sie selbst nichts dazu beigetragen hatte.
Ein Mord war bereits in ihrer Nähe geschehen. Niemand konnte ausschließen, daß eine weitere Tat folgen würde, auch wenn bei den bisherigen Verbrechen immer ein größerer Zeitabstand gewesen war. Der brauchte nicht unbedingt eingehalten zu werden.
Als ich aufstand, bekam Brenda große Augen. »Wollen Sie tatsächlich jetzt fahren?«
»So ist es.«
»Nehmen Sie mich mit!«
Ich schaute sie an und schüttelte den Kopf. »Nein, Mrs. Lee, das kann ich nicht riskieren. Es könnte für Sie zu gefährlich werden. Bleiben Sie in Sicherheit. Fahren Sie wieder zurück.«
Plötzlich war sie stur. Sie schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall, Mr. Sinclair. Ich will und muß auch mit. Ich will endlich erfahren, was Christa mit mir angestellt hat. Sie muß es mir sagen. Ich möchte Klarheit haben, denn ich will nicht, daß die Alpträume so weitergehen.«
So ganz paßte es mir nicht, doch die Entschlossenheit der Frau beeindruckte mich. Deshalb nickte ich ihr zu. »Okay, einverstanden. Zwar nicht mit vollem Herzen, aber Sie können mitkommen, wenn Sie sich zurückhalten.«
»Was meinen Sie denn damit?«
»Indem Sie mir nicht ins Handwerk pfuschen. Außerdem ist nichts bewiesen.«
Da lachte sie mich an. »Für mich schon, Mr. Sinclair. Für mich ist einiges bewiesen.«
»Kommen Sie«, sagte ich nur…
***
Estelle Crighton lag im Bett und fühlte sich wie ein Statue.
Sie hatte dieses Atmen gehört!
Wie bei einem Menschen, der Schwierigkeiten hatte, die Luft einzusaugen. Er hatte sich wahnsinnig angestrengt, um Luft zu holen, und so hatte es sich auch angehört. Ein saugendes Atmen, ein schweres Röcheln, bleiern und schlürfend zugleich. Langgezogen war es zwischen Decke und Bett hinweggeweht, wie ein akustischer Schleier, und der lange Atemzug hatte ihre Ohren malträtiert.
Sie lag im Bett und bewegte nur die Augen. Sie wollte sehen, wo sich etwas abspielte. Irgendwo in ihrer Nähe mußte etwas zu erkennen sein. Eine Bewegung, ein Schatten vielleicht, aber es war nichts zu sehen und auch nichts zu hören.
Allmählich beruhigte sich Estelle. Sie merkte, daß ihre Starre aufhörte und sie der Schreck aus seinen Klauen gelassen hatte. Sie konnte sich wieder bewegen. Sie setzte sich hin.
Im Bett blieb sie hocken.
Wieder schaute sie sich um. Jetzt bewegte sie dabei den Kopf, und sie schaffte es auch, alle Winkel des Zimmers zu beobachten, auch die, die im Schatten lagen.
Dort tat sich nichts.
Es war und blieb ruhig.
Ich bin allein! hämmerte sich Estelle ein. Verdammt noch mal, es ist niemand bei mir. Ich habe keinen Menschen gesehen, und dieses verdammte Geräusch habe ich mir nur eingebildet. Sie schüttelte den Kopf. »Alles nur Einbildung. Es gibt keine Unsichtbaren«, flüsterte sie, ohne von ihren Worten überzeugt zu sein.
Ihr Gesicht hatte sich wieder entspannt. Der Schrecken war verschwunden, aber es war ihr nicht möglich, dem Frieden zu trauen. Das Atmen der oder des Unsichtbaren hatte sie ja nicht zum erstenmal vernommen. Schon einmal hatte sie sich davor gefürchtet. Wenig später war wieder alles normal geworden.
Passierte das auch jetzt?
Seltsamerweise war sie davon nicht so überzeugt. Sie konnte sich gut vorstellen, daß die Dinge anders liefen. Außerdem war beim erstenmal John Sinclair in der Nähe gewesen, und das war jetzt nicht der Fall.
Es lag auf der Hand, daß sie sich mit dem Geisterjäger beschäftigte, und es dauerte nicht lange, da überlegte sie ernsthaft, ob sie ihn anrufen sollte.
Auf der einen Seite hätte sie das beruhigt. Auf der anderen aber dachte die darüber nach, ob sie ihn tatsächlich stören sollte. Sie war ihm schon einige Male auf die Nerven gegangen, und er brauchte seine Kraft für andere Dinge. Wenn nun alles ein Irrtum war, machte sie sich zudem lächerlich.
Deshalb entschied sich Estelle Crighton dagegen. Außerdem war sie bisher immer allein zurechtgekommen, abgesehen von der furchtbaren Zeit im Zug und außerhalb, aber das wiederholte sich nicht mehr. Der
Weitere Kostenlose Bücher