1093 - Blutkult um Angela
gepackt, ich tat das gleiche. Ich bekam drei oder vier Zöpfe mit den daran hängenden Knochen zu packen, drehte sie in meinen Händen, und der Schmerz hätte ihn zum Schreien bringen müssen, aber ich hörte keinen Laut. Ich zerrte den Kopf zurück, den Körper ebenfalls, so daß Tiziana aus seinem Griff hervorrutschte, die Thekenkante nicht mehr zu fassen bekam und in die Knie sackte.
Um sie kümmerte ich mich nicht. Ich hielt den Blutsauger noch immer fest und wuchtete ihn jetzt herum.
Er prallte gegen die Theke, wurde durchgeschüttelt und hob seine Arme an.
Die beiden Knaben dahinter hatten alles mitbekommen, griffen aber nicht ein, weil sie zu überrascht waren.
Holger und ich standen uns gegenüber. Zwischen uns hockte Tiziana mit angezogenen Knien auf dem Boden. Für einen Fremden mußte es so aussehen, als würden wir um sie kämpfen, und irgendwie stimmte das auch.
Ob die anderen Mitglieder der Gruppe ebenfalls auf der Suche nach Opfern waren, das bekam ich nicht mit. Holger war wichtiger. Er mußte seinen echten Frieden bekommen. Auf keinen Fall sollte er als Untoter auf Blutsuche weiter durch die Gegend irren.
Das Kreuz »meldete« sich. Die leichte Erwärmung gab mir den endgültigen Beweis, der mir in diesem Augenblick nicht viel einbrachte, denn Holger griff an.
Ich war sein Feind. Ich hatte ihn bei seiner »Nahrungsaufnahme« gestört. Möglicherweise war es sogar die erste gewesen, da ich davon ausging, daß er und seine Freunde allesamt in die Klauen des Will Mallmann geraten waren.
Blut ist Blut.
Nicht mehr Tiziana war an der Reihe, sondern ich…
***
Suko hielt sich zwar noch im Gang auf, aber er hatte sich aus dem direkten Schein der Grableuchten zurückgezogen und so nahe an die Mauer gestellt, daß er nicht so rasch gesehen werden konnte. Den Spiegel mit den Lichtern behielt er im Auge.
Und wer alles daran vorbeilief.
Es war kaum zu fassen. Da schien ein Grusel-Theater all seine Akteure entlassen zu haben, um sie durch den Gang defilieren zu lassen. Suko sah die unterschiedlichsten Gestalten, aber alle wirkten gleich, wie uniformiert.
Schwarz und Grau waren die Farben. Hin und wieder ein Violett oder ein blutiges Rot.
Er sah junge Männer, die Strapse trugen, Korsagen und schwere Lederstiefel. Kurz geschorene Haare, blasse Gesichter, dunkle Augen. Umhänge flatterten um manchen Körper, der nur wenig verhüllt war.
Auch bei den weiblichen Gästen gab es Unterschiede. Einige benahmen sich so scheu und schüchtern wie Betschwestern, die sich verlaufen hatten, eingehüllt in schwarze Trauerkleidung und ebenfalls schwarze Schnürstiefel tragend. Dunkle Augen, Ketten, Halsbänder, die mehr zu einem Hund gepaßt hätten, so wieder waren andere gekleidet. Eng aufreizend, mal mehr, mal weniger Stoff.
Bewaffnet mit Peitschen und kleinen, biegsamen Gerten.
Alles war vertreten. Suko hatte den Film Blade zwar nicht gesehen, aber er konnte sich vorstellen, daß die Gestalten dort kaum anders ausgesehen hatten.
Ob die Waffen echt waren oder nur Imitate, war nicht so einfach festzustellen. Da hätte die Beleuchtung besser sein müssen. Sie gingen an Suko vorbei und wenig später passierten sie auch den Spiegel.
Dort sah Suko sie wieder. Und zwar immer doppelt, denn es gab keinen unter ihnen ohne Spiegelbild.
Also kein Vampir.
Es ärgerte Suko ein wenig, und er fragte sich, wie lange er hier noch stehen und beobachten sollte.
Wie sein Freund John war auch er davon überzeugt, daß sie erscheinen würde, nur das wann konnte keiner erfassen.
Und dann stellte sich Suko eine zweite Möglichkeit vor. Es konnte gut sein, daß es noch einen zweiten Eingang gab, so daß die echten Blutsauger schon die Disco betreten hatte. Wenn Mallmann der Drahtzieher im Hintergrund war, dann kannte er jeden Trick.
Suko beschloß, sich noch fünf Minuten zu geben. Danach würde er in die Vampirdisco gehen und sich dort ebenso umschauen wie sein Freund John.
Außerdem ebbte der Strom der Gäste ab. Es kamen längst nicht mehr so viele. Nachzügler, aber nicht weniger verrückt gekleidet.
Manche unechten Vampire fauchten vor sich hin. Sie machten sich lächerlich, was Suko allerdings nicht so sah. Das blutige D auf der Stirn des Toten vergaß er nicht. Es gab Mallmann. Er war da.
Wie immer hielt er sich gern im Hintergrund und wartete darauf, eingreifen zu können.
Die Hälfte der gesetzten Frist war abgelaufen, als Sukos Handy piepste. Er erschrak, weil er nicht damit gerechnet hatte, nahm den Apparat aus
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