1093 - Blutkult um Angela
der Tasche und meldete sich. Außerdem war er froh, daß das Handy hier unten funktionierte.
»Ich bin es«, sagte Shao.
»Okay. Gibt es was Neues?«
»Das kann man wohl sagen. Harry hat wieder angerufen, und jetzt weiß ich, wo er sich aufhält.«
»Sag nicht in…«
»Doch, ich sage es. Hier in London. Aber er ist nicht allein. Zwei Frauen sind bei ihm.«
»Bestimmt Dagmar…«
»Richtig.«
»Du wirst es kaum erraten, Suko, aber Harrys zweite Begleiterin heißt Angela.«
»Was?« fast hätte er geschrieen, aber er konnte sich zusammenreißen und flüsterte. »Unsere Angela?«
»Sehr richtig, Suko, unsere…«
***
Harry Stahl war mit seinen beiden »Frauen« in London gelandet. Dagmar und er waren auf der Reise besonders aufmerksam gewesen. Sie hatten den Vampirengel Angela nicht aus den Augen gelassen, denn völlig trauen konnten sie ihr nicht.
Wer und was war sie?
Die Fragen stand im Raum. Zunächst einmal gehörte sie zu den Psychonauten. Sie war eine Person, die das dritte Auge besaß, ebenso wie Dagmar. Normalerweise hielten die Psychonauten zusammen.
Jede Minderheit war irgendwie auch eine verschworene Gemeinschaft, aber bei Angela liefen die Dinge anders. Sie war als Psychonautin in die Fänge von Dracula II geraten, sie hatte seinen Biß ertragen müssen und sie war zu einer Blutsaugerin geworden, zumindest was das Äußere anbetraf.
Da stimmte einfach alles, denn aus ihrem Oberkiefer waren die beiden Zähne gewachsen. Es hatte auch diesen Umkehrschub bei ihr gegeben. Praktisch vom Menschen hin zum Vampir, aber er war nicht bis zum Ende durchgehalten worden. Sie reagierte nicht so, wie Mallmann es sich wohl vorgestellt hatte. Zwar mochte sie das Blut, aber sie war nicht Unbedingt scharf darauf, es den Menschen zu rauben. Angela befand sich in einer Zwitterstellung. Zur einen Hälfte war sie Mensch und Psychonautin, zur anderen aber gehörte sie dem Stand der Untoten an.
Dies zu fassen, war für Dagmar Hansen und Harry Stahl nicht eben einfach gewesen. Aber sie hatten es akzeptiert.
Kontakt hatte Angela auf geistiger Ebene mit Dagmar aufgenommen. Mit diesen bestimmten Informationen versehen, hatten sich die beiden auf den Weg zu einem Friedhof in Köln gemacht, wo in einer der hintersten Ecken das Grab des Vampirengels zu finden sein sollte. Dagmar hatte sich sogar klassisch bewaffnet. Einen Pflock und einen Hammer hatten sie mitgenommen, um die Blutsaugerin zu pfählen.
Dazu war es nicht mehr gekommen. Der Vampirengel, als starre hockende Figur auf einem Grabstein, war im letzten Augenblick erwacht. Und er hatte Hilfe erhalten. Von einer Gruppe junger Leute, die sich People of Sin nannten.
Alles war dann anders geworden. Harry Stahl konnte überwältigt werden. Dagmar hatte man entführt, und Angela, der Vampirengel, hatte versucht, sie auf ihre Seite zu bringen.
Unter einer Rheinbrücke war es zum Kampf zwischen den beiden gekommen, und den hatte Dagmar für sich entscheiden können. Dabei mußte sie feststellen, daß Angela einen großen Teil ihrer Psychonauten-Kräfte verloren hatte. Die Flügel des Pegasus waren verschwunden, und somit auch das Engelhafte an ihr. Jetzt war sie nur noch eine Vampirin, aber auch nicht so stark, wie Mallmann es sich unter Umständen gewünscht hätte. Noch immer tobten zwei Seelen in ihrer Brust. Einmal die der Blutsaugerin, zum anderen die des Menschen. Die Zwitterstellung hatte sie nach wie vor eingehalten. Dagmar und Harry konnten nur hoffen, daß die menschliche Existenz überwog.
Angela hatte sich kooperativ gezeigt. Sie wollte ihnen helfen, und sie hatte ihnen erklärt, daß es nicht in Deutschland, sondern in London weiterging. In einem Bunker, der zu einem Treffpunkt des Vampir-Kults geworden war.
Dort versammelten sie sich. Da tanzten sie nach ihren Rhythmen, da waren sie unter sich. Da wollten sie das große Bluterlebnis erleben, und dort warteten sie auf den echten Vampirengel, der ihnen angekündigt war.
Nicht Blade, wie in diesem Kultfilm, sollte der Star heißen, sondern Angela.
Auch wenn sie das Erscheinungsbild des Engels nicht mehr prägte, wollte sie die Show durchziehen, nach London fahren und sich den Dingen stellen.
Das kam Harry und Dagmar natürlich gelegen. Da in London John Sinclair und seine Freunde lebten, hatten sie dort so etwas wie ein Heimspiel. Zudem konnten sie sich durchaus vorstellen, daß plötzlich derjenige auftauchte, der im Hintergrund die Fäden zog. Vampir-Fans waren für einen Dracula II die ideale
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