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11 - Die Helden des Westens

11 - Die Helden des Westens

Titel: 11 - Die Helden des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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getroffen zu haben, und ich hoffe, daß die kleine Differenz zwischen Euch und diesen Señores sich ausgleichen lassen wird. Vielleicht nehmt Ihr Euer Wort zurück?“
    „Das Wort Lügner? Nein.“
    „Aber könnt Ihr es beweisen?“
    „Ja. Ich pflege nie etwas zu behaupten, was ich nicht beweisen kann. Ein Estanciero schickt nicht gerade seine beiden Oberknechte in den Llano; darauf könnt Ihr Euch verlassen. Einen von ihnen braucht er stets auf der Estancia. Soll der andere wirklich Geld kassieren, so gibt er ihm einen oder wahrscheinlich mehrere Vaqueros mit. Überdies haben wir uns gerade jetzt zwei Monate lang in der Gegend zwischen El Paso und Albuquerque aufgehalten. Wir sind in jeder Estancia und Hacienda eingekehrt, haben aber gerade bei San Diego und Cobledo weder eine Estancia del Cuchillo noch einen Estanciero namens Montano gefunden.“
    „So seid Ihr an unserer Besitzung vorübergeritten“, erklärte Emilio.
    „Das glaube ich nicht. Und selbst wenn es so wäre, würde ich von derselben und ihrem Herrn gehört haben. Steckt eure Messer ein und setzt euch ruhig nieder! Ich lasse mir nicht drohen. Ich will euch nicht von meinem Lager treiben, da ihr mit Männern gekommen seid, welche ich für ehrliche Leute halte. Wie ihr euch betragt, so werdet ihr behandelt. Am Rande des Llano kann man nicht vorsichtig genug sein, und jedermann weiß, daß man die Weißen viel mehr zu fürchten hat als die Roten.“
    „Haltet Ihr uns vielleicht für Llanogeier?“
    „Diese Frage werde ich euch beantworten, wenn wir uns trennen; dann habe ich euch kennengelernt, während sich mein Urteil jetzt nur auf Vermutungen stützen kann. Seid ihr wirklich brave Leute, was ich allerdings gern wünschen möchte, so werden wir gewiß als Freunde scheiden.“
    Die beiden Mexikaner blickten einander fragend an. Zur Förderung ihrer geheimen Absichten war es geraten, sich versöhnlich zu zeigen. Darum sagte Carlos:
    „Diese Eure letzten Worte machen das Vorhergehende wieder gut. Da wir ehrliche Leute sind, so können wir uns mit der Überzeugung beruhigen, daß Ihr sehr bald einsehen werdet, wie unrecht Ihr uns beurteilt habt.“
    Er setzte sich wieder nieder, und sein Bruder tat dasselbe. Baumann schickte seinen Sohn, den vielbesprochenen ‚Sohn des Bärenjägers‘, nach der Kaktusgruppe, um Früchte dieser Pflanzen zu holen, welche zum Nachtisch gegessen werden sollten.
    Während man dieselben genoß, wurde es Nacht, und die Männer brannten ein Feuer an. Material dazu war genug vorhanden.
    Außer dem Übergang des Tages in die Nacht war noch eine andere Veränderung vorgegangen. Der Talkessel war durch die hohen Felsenwände von der Ebene abgeschlossen. Die Luftströmungen, welche draußen ihre volle Macht entfalten konnten, fanden auf drei Seiten den Zugang verschlossen. Nur von der vierten Seite, von welcher die Yankees und Mexikaner gekommen waren, konnte eine atmosphärische Strömung in den Kessel treten, was aber nur dann möglich war, wenn der Wind ganz genau aus dieser Richtung blies und stark genug war, sich nicht im unteren Teil des Tales zu verfangen.
    Nun gab sich jetzt seit Eintritt der abendlichen Dunkelheit eine Luftbewegung kund, welche aus der erwähnten Richtung kam. Sie stieg natürlich an den Felswänden empor, und nur ein verschwindend kleiner Teil konnte durch die enge Spalte Abzug finden, welche die Neuangekommenen heute bemerkt hatten und die in der Tat gegen den Llano hin den Ausgang aus dem Tal bildete. Diese Luftströmung kam nicht stoßweise, sondern sie war gleichmäßig; sie wurde deutlich empfunden und wirkte doch nicht bewegend auf die Flamme des Feuers ein. Sie veranlaßte keinen hörbaren Ton, am allerwenigsten das Pfeifen und Heulen desSturmes, und dennoch wurde sie vom Ohr vernommen. Dabei atmeten die Lungen ganz anders als vorher, ob schwerer oder leichter, das war eigentümlicherweise nicht zu sagen.
    Die Kaktusfeigen waren alle geworden, und Martin Baumann ging, um neue zu holen. Kaum hatte er die Sträucher hinter sich, so hörten die anderen seine Stimme:
    „Was ist das? Kommt einmal her, Mesch'schurs! So etwas habe ich noch nie gesehen!“
    Sie folgten seiner Aufforderung. Als sie zwischen dem Wasser und dem Gebüsch hindurch waren, bot sich ihnen ein höchst überraschender Anblick dar. Der ganze Talkessel lag in tiefem Dunkel, denn der Schein des Feuers, welches nur klein war, drang nicht durch die Büsche; aber dort, wo die Kaktus standen, sah man zahlreiche Flammenbüschel,

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