11 - Geheimagent Lennet auf der Insel des Schweigens
Sonar und Ferngläser beobachtet.
Lennet, der in Paris die Fotos der Wissenschaftler wohl fünfzigmal studiert und nicht weniger oft Tonbandaufnahmen ihrer Stimmen angehört hatte, der aus ihrem Leben auch kleinste Details wußte, hatte keine Mühe, sie wiederzuerkennen.
Die beiden Seefahrer waren völlig erschöpft, als sie sich der rettenden Insel näherten
Der Mann mit der »Flüstertüte« hieß Porticci. Er war Ingenieur, Lieblingsschüler des berühmten Professors Marais und Leiter der Gruppe. Wie sein Lehrer war er Spezialist für Raketentreibstoffe. Wenn man ihn sah, dachte man wohl eher an einen Gewichtheber oder Zehnkämpfer als an einen Mathematiker, aber er war einer der vielversprechenden jungen französischen Wissenschaftler.
Der Alte an seiner linken Seite, der Mann mit den wirren Haaren, war sein Stellvertreter, der Meeresforscher Baret.
Der junge Mann mit dem Bürstenschnitt war Henry Goffic.
Er war Funker und gleichzeitig Richtschütze für die Probeschüsse.
Daneben stand eine junge Frau. Sie hieß Madeleine Terran und war die Sekretärin der Mannschaft.
Rechts vom Ingenieur schließlich, der junge Mann, der ganz aus Muskeln und Sehnen zu bestehen schien, war Leutnant Gaston Plana, der Sicherheitsoffizier.
Und alle waren bewaffnet. Sogar die Sekretärin schwang eine Panzerfaust.
»Sie werden auf uns schießen«, rief Liane.
»Das glaube ich nicht«, antwortete Lennet ruhig.
»Übrigens würden sie uns bei diesem Wellengang sowieso nicht treffen!«
Er steuerte das Floß direkt auf den Strand zu, bis es aufsetzte. Lennet war erleichtert. Die fünf Atropisten liefen auf sie zu. »Was für eine Sprache sprechen Sie?« fragte Porticci, der Mann mit dem Sprachrohr.
»Französisch, Monsieur«, erwiderte Lennet höflich und sprang an Land. Er half Liane. »Dann geht zum Teufel!«
»Aber von da kommen wir doch gerade, Monsieur«, gab Liane zurück. »Fünfzehn Meilen auf einem Floß, das Jerome Blanchet gebastelt hat, das ist die Hölle! Das kann ich Ihnen versichern.« Liane schien entschlossen, sich durch den unfreundlichen Empfang nicht einschüchtern zu lassen.
»Blanchet?« fragte der Meeresforscher mit meckernder Stimme, »ist das nicht der Bursche, von dem heute morgen im Radio gesprochen wurde?«
»Und Sie sind die geheimnisvolle Verlobte?« fragte Madeleine Terran und kam neugierig näher.
»Ich bin Jerome Blanchet«, sagte Lennet, »aber unglücklicherweise ist Liane nicht meine Verlobte!«
»Glücklicherweise, willst du wohl sagen«, protestierte sie.
»Sie heißt Liane Dorante«, fügte Lennet hinzu.
»So oder so, das ist mir völlig egal«, knurrte Porticci. »Die Möglichkeit, hierzubleiben, ist für Sie unmöglich. Unsere Aufgabe auf dieser Insel ist viel zu wichtig. Es tut mir leid, aber Sie haben keine andere Wahl, als so rasch wie möglich wieder von hier zu verschwinden.«
Lennet wies wortlos mit der Fußspitze auf das Floß, das sich langsam aber sicher aufzulösen begann. Der Mast hing bereits völlig schief. Die ersten Seile waren durchgescheuert, und es war klar, daß binnen einer halben Stunde von dem ganzen Kunstwerk nicht mehr viel übrigbleiben würde. Porticci schien zu zögern.
»Die Chancen, daß Sie innerhalb von zwei Stunden absaufen, stehen tatsächlich 98,7 Prozent zu 1,3!« bestätigte er dann.
»Sie können doch den ,Seemann aus Liebe’ nicht in den Tod schicken!« mischte sich Madeleine Terran, eine Frau von rund dreißig Jahren, mit einem offenen, ein wenig melancholischen Gesicht, ein.
»Seemann aus Liebe«, sagte Leutnant Plana höhnisch.
»Aus Liebe zu wem? Ich habe die ergreifende Geschichte auch im Radio gehört, aber ich möchte doch gern wissen, was er hier ohne sein Boot macht, und wieso er ein Mädchen dabei hat, das nach seinen eigenen Angaben nicht seine Verlobte ist.«
»Ich hatte mich an Bord versteckt, weil ich nach Honolulu wollte«, erklärte Liane. »Und dann sind wir gestrandet.«
»Und wo haben Sie dieses Floß gefunden?«
»Wir sind bei der Insel Tupatu auf ein Riff gelaufen!« erläuterte Lennet. »Und wir haben dort Professor Saturnin kennengelernt. Er behauptete, nicht weit von seiner Insel gäbe es eine zweite, die bewohnt sei, und zwar von gastfreundlichen Leuten. Bewohnt, das stimmt ja wohl, gastfreundlich, das möchte ich jetzt fast bezweifeln.
Warum wollen Sie uns hier nicht landen lassen?«
Der Chefingenieur sah seine Untergebenen an. »Nun, offensichtlich kann ich Sie zu meinem großen Bedauern nicht in
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