1101 - Die Rache des Griechen
Interesse mehr zeigte. Sie hatte den Kopf etwas zur Seite gedreht, und ihr Blick hatte sich förmlich am Bildschirm festgesaugt.
»Ist da was?«
»Ja.«
Die Antwort war nur ein Hauch gewesen. Er hatte Jane allerdings aufmerksam machen lassen.
»Sieh dir das an, Jane.«
Jetzt blickte auch die Detektivin hin - und ihr Erstaunen war ebenso groß wie das von Sheila. Kalt rann es über ihren Rücken hinab, denn die Botschaft war gelöscht worden.
Nichts mehr zeichnete sich auf dem Monitor ab.
Jane Collins fand als erste die Sprache wieder und stellte eine Frage.
»Kannst du mir sagen, was das zu bedeuten hat, Sheila?«
»Ja, das kann ich wohl. Ich meine, daß Leonidas dabei ist, seine Drohung in die Tat umzusetzen…«
***
Leonidas hatte Johnny in seiner falschen Freundlichkeit sogar angeboten, sich zu waschen oder zu duschen, doch der Junge hatte darauf verzichtet. Er war clever genug, um zu wissen, daß ihn dieser Mann nur einlullen wollte. In Sicherheit wiegen, um schließlich gemeiner zuzuschlagen.
Das Wasser aus der Literflasche hatte er nicht abgelehnt. Der Durst war zu groß gewesen. Außerdem wollte er seine Kräfte behalten.
Leonidas hatte ihn während des Trinkens beobachtet und dabei ein süffisantes und überlegenes Grinsen gezeigt. Er wußte, wie die nahe Zukunft aussah, im Gegensatz zu Johnny, der die Flasche jetzt wegstellte und sich auch keine großen Gedanken um die Zukunft machte. Er war froh, daß man ihn aus dem Verlies herausgeholt hatte. Der Keller lag jetzt hinter ihm, und beide befanden sich in einer anderen Ebene des Hauses und zugleich in einem völlig anderen Bereich. Die Umgebung konnte man als prachtvoll und glänzend bezeichnen, aber Johnny ließ sich nicht täuschen.
Es war ein großer Raum. Beinahe schon ein Saal. Entsprechend groß war auch das Fenster. Es nahm die gesamte Breite ein. Da das Haus erhöht stand, hatte der Betrachter von dieser Stelle aus einen phantastischen Blick über die nicht sehr große Insel. Allerdings war es nicht nötig, hinauszuschauen. Ein großer Bildschirm an einer Wand gab die Bilder wieder, die von zahlreichen Überwachungskameras aufgenommen wurden. Im Moment war nichts zu sehen. Es gab nur die Dunkelheit, die sich wie ein blauer Schatten verteilt hatte. Ab und zu ein Licht, das war auch alles. Keine Bewegungen irgendwelcher Menschen oder Tiere, die in den Bereich der Infrarotkameras gelangt wären.
»Geht es dir besser?« erkundigte sich der Mann künstlich besorgt.
»Der Durst ist weg.«
»Sehr schön.«
Johnny wußte genau, daß die Freundlichkeit reines Getue war. Aber er riß sich zusammen und wunderte sich dabei über sich selbst, weil er es schaffte. Er versuchte auch, sich umzuschauen, aber so, daß es dem Griechen nicht auffiel. Es war wichtig, die Umgebung zu kennen, die möglicherweise einen Fluchtweg bot.
Johnny hatte nicht aufgegeben. Er war keiner, der die Flinte so schnell ins Korn warf. Dafür hatte er in seinem recht jungen Leben schon zuviel erlebt und auch durchlitten. Er wußte, daß es nicht nur schlechte Menschen gab wie diesen Leonidas, er war auch oft genug mit Dämonen, Monstren und dämonischen Wesen konfrontiert worden.
Sogar Atlantis hatte er erlebt.
»Du kommst hier nicht weg, Johnny!«
»Wie… was soll das?«
»Ich habe deine Gedanken gelesen.«
»Das glaube ich nicht.«
»Ist mir egal. Ich kann mir vorstellen, daß du über einen Fluchtweg nachdenkst. Der ist nicht drin. Das hier ist mein Haus. Ich habe es mir nach meinen Vorstellungen bauen lassen. Die Insel gehört mir. Im Haus und auf der Insel wird nichts geschehen, mit dem ich nicht einverstanden bin. Es gibt für dich keine Chance, wenn ich es nicht will. Hast du verstanden?«
»Wie lange wollen Sie mich hier festhalten?«
»Nicht lange.«
»Bis zum Morgengrauen?«
»Ah, denk doch nicht so, Junge. Du siehst die Dinge falsch. Ich habe dir schon in deinem Verlies erklärt, daß sich die Dinge für dich ändern werden. Das ist nichts gegen dich persönlich. Du hast nur das Pech, ein Conolly zu sein.«
»Ich habe Ihnen nichts getan.«
»Das gebe ich gern zu. Aber deine Familie und deine Freunde haben dafür gesorgt, daß meine Tochter starb. Genau das habe ich nicht vergessen können. Man hat mir die Tochter genommen, ich nehme der anderen Seite den Sohn. Deshalb habe ich dich entführt.«
Johnny blieb ruhig, obwohl es in ihm anders aussah. Der Grieche hatte die Worte locker gesprochen. Genau deshalb fürchtete sich Johnny. Die Rache war etwas
Weitere Kostenlose Bücher