1102 - Assungas Blutfalle
nickte. »Ich werde es auch machen.«
»Wo?«
Sie drehte Eric sehr langsam den Kopf zu. »Ich gehe jetzt einfach nach Hause.«
»Und dann?«
Sie lächelte böse. »Meine Mutter ist ganz allein…«
***
Ich schaute das Quadrat aus vier Briefmarken an und wollte es kaum glauben.
Viermal Dracula II.
Viermal sein Gesicht mit den glatten, nach hinten gekämmten, schwarzen Haaren, dem dünnen Mund, den eingefallenen Wangen, deren Haut bläulich schimmerte, der leicht gebogenen Nase und den bösen Augen mit den dunklen Pupillen.
Vor mir lag eine Brücke, über die ich nicht gehen konnte. Aber sie war vorhanden. Sie mußte für andere fest sein, für mich allerdings war sie brüchig.
Ich hielt die Marken fest, und ich wußte auch, daß ich die Lösung des Problems in der Hand hatte.
Es war zumindest so etwas wie ein Beginn, das Grundmotiv, aber ich wußte nicht, wie es weitergehen sollte. Wie gefährlich diese Marken waren, die zunächst einmal nur dieses schaurige Motiv aufwiesen.
Ich durchsuchte noch die übrigen Schubladen. Die Arbeit hätte ich mir sparen können. Es gab nichts, was mich in diesem Fall weitergebracht hätte.
Aus der Innentasche holte ich die flache Brieftasche hervor und legte die Marken hinein. Sie waren das Pfand, und ich war sicher, daß Cathy sie auch suchen würde, wenn sie zurückkehrte. Das mußte nicht in dieser Nacht sein, die für eine schon Veränderte wie sie den besten Schutz bot.
Es war still in der Wohnung. Deshalb hörte ich aus einem anderen Zimmer auch die Stimmen der Frauen. Noch blieb ich zurück, weil ich mir einfach nicht vorstellen konnte, daß vier harmlose Briefmarken mit dem Porträt des Dracula II eine derartige Veränderung auslösen konnten. Das war nicht zu packen, noch nicht. Allerdings hatte ich in meiner langen Laufbahn schon Dinge erlebt, über die man nur den Kopf schütteln konnte, weil sie ebenso unwahrscheinlich waren.
Als ich das Zimmer verließ, schloß ich die Tür hinter mir. Jetzt hörte ich die Stimmen der Frauen deutlicher. Im Moment sprach Sharon Ambler. »Was auch geschehen ist, ich möchte nur, daß meine Cathy zurückkehrt. Ich verzeihe ihr alles, wirklich, aber sie soll wieder zurück nach Hause kommen.«
»Das wird sie auch, Sharon, da brauchst du keine Angst zu haben. Sie weiß ja, wo sie hingehört.«
»Das glaube ich nicht mehr. Sie hat ihre Lieblingstiere getötet. Wie ist das nur möglich?«
»Cathy muß durchgedreht sein.«
»Ach ja? Trinkt man, wenn man durchgedreht ist, auch das Blut von Tieren? Nein, Glenda, daran glaube ich nicht. Da muß etwas ganz Schreckliches dahinterstecken, das jenseits unseres menschlichen Begriffsvermögens liegt. Diese Welt ist voller Rätsel und Wunder, und nicht alle sind nett und gut.«
Ich öffnete die Tür.
Beide Frauen blickten hoch. Glenda kannte mich gut. Sie brauchte nur mein Gesicht zu sehen, um zu erkennen, daß etwas passiert war. Die Frage las ich von ihren Augen ab, aber sie stellte sie noch nicht.
Es war noch ein Sitzplatz frei. Als ich saß, schaute ich auf das Fenster, vor dem gelbliche Gardinen als dünne Schleier hingen.
»Haben Sie etwas gefunden, Mr. Sinclair?« Sharon Ambler hielt es nicht mehr aus; sie hatte die Frage einfach stellen müssen.
Ich gab auch eine Antwort, die sie allerdings verwunderte. »Sammelt Ihre Tochter Briefmarken?«
»Bitte?«
»Ja, Briefmarken. Und zwar welche mit außergewöhnlichen Motiven. Die gibt es ja.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Weil ich in der Schreibtischschublade welche gefunden habe. Vier Marken, die zusammenhingen.«
Sharon Ambler zuckte mit den Schultern. »Cathy hat hin und wieder einen Brief geschrieben, das stimmt wohl. Und dafür braucht man ja Briefmarken.«
»Diese hier sind besonders.«
»Was haben sie denn mit dem entsetzlichen Verhalten meiner Tochter zu tun?« fuhr sie mich an.
»Zeig sie doch mal!« sagte Glenda.
Ich warf Glenda einen warnenden Blick zu, den sie verstand, denn sie nickte. Sie würde keine große Reaktion zeigen, wenn die Briefmarken auf dem Tisch lagen.
Ich holte sie hervor. Meine Bewegung wurde gespannt beobachtet. Das Deckenlicht war gut. Es leuchtete direkt gegen die Tischplatte, auf der die Marken ihren Platz fanden.
Ich schaute nur Glenda an, die scharf die Luft einsaugte, aber keinen Kommentar abgab. Natürlich hatte sie längst erkannt, welches Porträt die Marken zeigten, und ich sah auch, wie ihr Gesicht an Farbe verlor.
»Das ist ja widerlich!« flüsterte Mrs. Ambler.
»Was
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