1104 - Meuterei im All
abgesehen davon, daß du die Endlose Armada zu vergessen scheinst, die mit Millionen von Schiffen in der Nähe steht und nicht tatenlos zusehen wird, wie man einen ihrer Verbände angreift. Handle so, wie ich es dir gesagt habe - oder ziehe dich aus unserer Nähe zurück!"
„Ich werde alles versuchen, um deinen Rat zu befolgen", sagte Brodr. „Aber ich appelliere an dich, nicht auf Schutzsuchende schießen zu lassen. Wir kommen in friedlicher Absicht."
„Kommt ihr nicht eher im Auftrag von Seth-Apophis?" fragte der Terraner, Seth-Apophis?
Wieder hatte Brodr das Empfinden, an zwei Orten zugleich zu sein - in der Zentrale der OCKR und irgendwo in einem Meer von Gedanken.
Es verflog ebenso schnell wie beim erstenmal.
„Wir kennen niemanden, der Seth-Apophis heißt, Terraner", entgegnete er abweisend.
Er unterbrach die Verbindung.
„Willst du dich wirklich den Forderungen dieses Terraners beugen?" erkundigte sich Herrgo.
Brodr schüttelte sich, daß seine „Anhängsel" klirrend aneinanderschlugen.
„Der oberste Schlachtenführer der Cruuns beugt sich niemals einem fremden Willen!" erklärte er stolz. „Im Gegenteil, wir müssen die Durchführung unseres Planes beschleunigen und die Terraner damit vor vollendete Tatsachen stellen, bevor sie Gegenmaßnahmen ergreifen können. Ich werde sofort die Phygos und Jauks zum Kampfplatz schicken und..."
Er zögerte, denn in ihm kämpften zwei konträre Strömungen: die eine, die ihm ohne sein Wissen aufoktroyiert worden war und ihm befahl, sofort bis an den Rand der Galaktischen Flotte vorzustoßen und damit der Endlosen Armada die Verbrüderung zwischen Avenoiden und Terranern zu demonstrieren - und die andere, die seinen Vatergefühlen entsprang und alles verhindern wollte, was die physische und psychische Gesundheit eines seiner Kinder gefährdete.
Der Kampf war noch nicht entschieden, als er die Phygos und Jauks über Hyperfunk aufforderte, den Gerjoks und Sawpanen zu Hilfe zu eilen...
*
Eric Weidenburn ließ seinen Blick durch den Raum schweifen, um das Spezialgerät zu suchen, mit dem er das Signal zur Aktion geben wollte.
Dabei erhielt er den Eindruck, daß er in den Wochen seines Aufenthalts in diesem Raum nicht gerade sehr ordnungsliebend gewesen war. Überall lagen Essensreste auf dem Boden, leere Getränkedosen stapelten sich in drei Ecken, und es roch säuerlich nach Erbrochenem.
Eric runzelte die Stirn und versuchte, sich zu erinnern.
Er erinnerte sich noch genau daran, wie er hier versteckt worden war. Er wußte auch noch vage, daß mehrmals ein umprogrammierter Hilfsroboter gekommen war, um ihm Verpflegung und Getränke zu bringen und seine transportable Toilette auszuwechseln.
Doch was die übrigen Wochen betraf, ließ sein Erinnerungsvermögen ihn im Stich.
Das kam ihm merkwürdig vor.
Er konnte kaum die meiste Zeit geschlafen haben.
Der Gedanke an Schlaf ließ ihn gähnen, und plötzlich wurde er sich der Müdigkeit bewußt, die ihm in allen Gliedern lag. Er fühlte sich wie zerschlagen, und es juckte ihn überall.
Er ging ein paar Schritte, fächelte sich mit der Hand frische Luft zu, dann blieb er reglos stehen und holte durch die Nase tief Luft.
Beinahe hätte es ihn umgehauen.
Er stank bestialisch.
Weidenburn erschrak.
Alles sprach dafür, daß er sich während seines ganzen Aufenthalts hier - und das waren laut seinem Chronocomp rund fünf Wochen gewesen - niemals gewaschen und niemals seine Wäsche gewechselt hatte.
Das gab es doch nicht!
Sonst hatte er täglich geduscht oder gebadet und jeden Tag frische Wäsche angezogen. Diese Gewohnheiten waren so stark gewesen, daß sie ihn beherrscht hatten, und er wußte genug von Psychologie, um sagen zu können, daß solche Gewohnheiten niemals mehr erloschen, sondern sich lebenslang hielten.
Es sei denn, man wurde schwer krank oder senil.
Oder die Persönlichkeit wurde durch äußere Einflüsse nachhaltig gestört...
Mit plötzlichem Argwohn musterte er abermals die summenden Spulen des Umformers.
Sollte eine Streustrahlung des fünfdimensionalen Faradayschen Käfigs seine Psyche beeinflußt haben, so daß seine Persönlichkeit sich veränderte?
Zumindest vorübergehend, denn jetzt war er sicher, psychisch völlig normal zu sein. Andernfalls hätte er nicht kritisch über seinen früheren Zustand nachdenken können.
Wieder versuchte er, Erinnerungen an die Zeit im Käfig zurückzuholen.
Da war etwas gewesen.
Er hatte den Käfig verlassen, um irgendwohin zu
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