111 - Die Gehirne des Dr. Satanas
wie ein Engel in ihrem langen Kleid, das jetzt nur noch weiß hätte
sein müssen, dachte Iwan.
Die
dreiundzwanzigjährige Liz wirkte ruhig und besonnen, ein etwas herber Frauentyp
mit kurzem Haarschnitt und strengem Blick. Iwan hätte sie sich gut als Lehrerin
vorstellen können.
Kate war die
älteste in dem eigenartigen Kreis, der sich hier zusammengefunden hatte und der
nur aus jungen Frauen bestand. Das hatte seine Bedeutung, wie Jeany Roumer
wenig später erklärte.
»Wir haben
viele Tests und Versuche gemacht. Der Kreis war anfangs größer, und viele junge
und auch ältere Männer gehörten ihm an. Wir waren ganz objektiv. Diejenigen,
welche die besten Ergebnisse zeigten, sollten zusammenbleiben, darüber waren
wir uns von vornherein im klaren. Margaret war zweifellos das größte Talent.
Sie mögen es seltsam finden, daß ausgerechnet wir vier übriggeblieben sind,
aber das war eben das echte Ergebnis. Die anderen waren weniger konzentriert,
es kam zu Zwischenfällen. Ich hoffe Sie stören sich nicht daran, im Kreis von
vier Frauen der einzige Mann zu sein.«
»Etwas
Besseres hätte mir gar nicht passieren können«, strahlte der Russe, und die
kräftigen, hellen Zähne blitzten hinter dem wilden Bart. Er dachte an Larry
Brent. Wie der wohl die Situation genossen hätte?
Ein Tisch
stand in der Mitte, auf dem ein fünfarmiger Kerzenleuchter brannte. Es gab
keine geheimnisvollen Zeichen und irgendwelche kultischen Gegenstände. Durch
Licht und Raumgestaltung wurde lediglich eine Atmosphäre der Ruhe geschaffen.
Von draußen
drang kein Laut herein. Es war völlig still. Kunaritschew war überzeugt davon,
daß die Wände hinter den Stoffbahnen gepolstert waren.
Im Haus
selbst war es völlig ruhig. Kein Radio, kein Fernsehen. Jeany hatte ihre Eltern
gebeten, an diesem Abend außer Haus zu gehen. Zu Freunden, in ein Kino oder ins
Theater. Die Nähe und das Fluidum vieler Menschen lenkte ab.
»Hoffentlich
störe ich nicht«, lautete Iwans Kommentar, während er an dem großen, runden
Tisch Platz nahm.
Lächeln
antwortete ihm, und die sommersprossige Betty meinte: »Wir werden uns bemühen,
Ihre Anwesenheit zu vergessen.«
Iwan lehnte
sich zurück. »Na, dann bin ich beruhigt. Das nämlich wird Ihnen sicher nicht
schwerfallen.«
Jeany nahm an
seiner rechten Seite Platz.
Er mußte sie
immer wieder ansehen. Mit ihren zwanzig Jahren hatte sie eine Reife gewonnen,
wie das eine Seltenheit bei Frauen ihres Alters war.
X-RAY-7 mußte
daran denken, daß vor kurzer Zeit auf dem Stuhl, der nun leer blieb, noch ein
Mädchen namens Margaret Wright gesessen hatte. Nach einer Sitzung begleitete
Jeany sie nach Hause. Margaret war länger geblieben als die anderen, und Jeany
hatte sich noch mit ihr unterhalten. Nicht mal einen Kilometer vom Wohnhaus der
Roumers entfernt ereignete sich der Überfall. Ehe Jeany Hilfe herbeirufen
konnte, war alles schon vorüber. Man fand Spuren, aber das war auch alles.
Seit diesem
denkwürdigen Abend war es das erste Zusammentreffen der Freundinnen, die sich
mit parapsychischen Forschungen befaßten.
»Wir treiben
keinen Hokuspokus«, fühlte Jeany sich veranlaßt zu erklären. »Was hier
geschieht, ist etwas ganz Normales, vorausgesetzt, daß man Dinge, die man nicht
sehen und erklären kann, als etwas Normales anzusehen bereit ist. Wir können
nicht voraussagen, ob uns gelingt, was wir uns vorgenommen haben. Manchmal sind
die Kräfte stärker, manchmal schwächer. Wir werden unser Bestes tun. Margaret
wurde entführt. Gemeinsam mit ihr versuchten wir uns in Telepathie und
Telekinese.
Keiner von
uns konnte in letzter Zeit seine Gedanken vor den anderen verbergen. Wir
gehörten zusammen, wir bildeten eine geistige Einheit. Margaret führte uns.
Wenn wir uns alle drei konzentrieren, kann es vielleicht sein, daß wir Einflüsse
aufspüren und Signale registrieren, die von ihr ausgehen. Wir werden es
versuchen. Mister Kunaritschew ist sicher sehr skeptisch. Vielleicht sollten
wir ihm demonstrieren, daß wir wirklich etwas unternehmen, daß wir überhaupt in
der Lage dazu sind, ohne einen Finger zu rühren, geistige Kräfte wirksam werden
zu lassen. Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit bitte auf den fünfflammigen
Kerzenständer in der Mitte dieses Tisches, Mister Kunaritschew! Betty, Liz,
Kate und ich werden uns gemeinsam nur auf die Flamme in der Mitte
konzentrieren. Wir werden versuchen, sie auszulöschen, durch reine
Gedankenkraft, ohne daß jemand Hand dort anlegt oder
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