1113 - Die Fratzen der Fresser
hineingeraten? Ich fühle mich wie ein Fremdkörper, und das sind wir auch. Die anderen werden uns meiden.«
»Sollen sie.«
»Wir werden ja schon jetzt komisch beglotzt. Dabei haben wir sie noch gar nicht erreicht.«
Das stimmte, denn die übrigen Fahrgäste schauten uns an wie zwei völlige Fremdkörper. Sie sagten nichts, aber die Blicke sprachen Bände.
Eine Frau fiel auf. Sie war jünger, trug ein helles Kostüm und war mit einem Schreibbrett bewaffnet, auf dem ein Zettel klemmte. Dort hatte sie die Namen der Mitreisenden notiert. Wir gingen davon aus, daß wir uns bei ihr anzumelden hatten, und schlenderten auf sie zu. Die Frau war mit einem älteren Mann beschäftigt, der ständig schwitzte und sich immer wieder mit dem Zeigefinger über seine Oberlippe hinwegfuhr. Er wollte wissen, ob es auch das versprochene Geschenk gab, von dem in der Werbung die Rede gewesen war.
»Ja, das bekommen Sie.«
»Tatsächlich einen Fernseher?«
»Ich verspreche es Ihnen.« Die Frau im Kostüm, die ständig lächelte und so um die Dreißig war, behielt die Nerven. Sie gehörte zu den Menschen, die immer gut drauf waren. Zumindest nach außen hin. Wie es in ihrem Innern aussah, war eine andere Sache.
»Wissen Sie«, sagte der Schwitzende, »ich mache die Fahrt heute zum erstenmal mit. Ich bin Witwer und…«
»Dann darf ich Sie herzlich willkommen heißen. Sie werden bestimmt wiederkommen. Die meisten Menschen hier sind nämlich Stammgäste. Die wissen genau, was gut und preiswert ist. Die lassen sich so leicht nichts vormachen.«
»Danke.«
»Dann sehen wir uns gleich im Bus.« Mit diesen Worten war der Schwitzende entlassen, und die Blonde konnte sich uns zuwenden. Sie drehte sich herum, sah uns - und plötzlich war das Lächeln auf ihrem Gesicht wie weggewischt. Bestimmt nicht, weil sie wußte, was wir vorhatten, sie war einfach zu überrascht, uns hier zu sehen, denn vom Alter her paßten wir überhaupt nicht in die Gruppe hinein.
Glenda übernahm die Initiative. Sie konnte immer so herrlich lächeln und dabei richtig schauspielern. »Guten Tag«, sagte sie, »ich glaube, daß wir hier richtig sind.«
»Wenn Sie die Fahrt zu Windsor Castle meinen, dann schon.«
»Genau da möchten wir hin.«
Die Frau betrachtete uns. Zwar lächelte sie, aber es wirkte verkrampft, denn in den Augen zeichnete sich das Gefühl nicht ab. Im Gegenteil, sie schauten schon sehr mißtrauisch in die Welt. Sie strich mit der freien Hand durch ihre Sturmfrisur, und ihre blauen Augen verengten sich leicht. »Dann darf ich Sie um Ihre Namen bitten.«
»Glenda Perkins.«
Sie schaute auf ihre Liste. »Ja, habe ich hier.«
»Wunderbar.«
»Und Ihr Name, Mister?«
»John Sinclair.«
Die Blonde murmelte ihn noch einmal nach, dann nickte sie. »Ja, auch Sie sind auf der Liste verzeichnet.«
»Dann ist ja alles klar.«
»Selbstverständlich.« Die Überraschung hatte sie verdaut und lächelte uns wieder an. Jetzt begrüßte sie uns ganz offiziell per Handschlag, und wir erfuhren, daß sie Britta hieß und als Reiseleiterin fungierte. »Die Plätze können Sie sich übrigens aussuchen.«
»Danke«, sagte ich und wollte mich abwenden.
»Moment noch, bitte.«
Ich drehte mich wieder um und erlebte Britta ein wenig verlegen. »Ich will Ihnen beiden ja nicht zu nahe treten, aber Sie fallen in unserer Gruppe schon auf.«
»Das wissen wir.«
»Und Sie sind wirklich an unserer kleinen Rundfahrt interessiert?«
Ich strahlte sie an. »Aber sicher. Wir wollen doch auch davon profitieren. Schließlich soll es als Geschenk einen Fernsehapparat geben. Oder nicht?«
Darauf ging sie gar nicht ein. Sie frag te mit leiser Stimme, damit niemand mithören konnte. »Und Sie haben keine anderen Gründe für diese Fahrt?«
»Nein.«
Sie war noch immer nicht überzeugt und sagte: »Fotografieren ist übrigens nicht erlaubt.«
»Sehen Sie einen Apparat bei uns?«
»Das nicht.«
»Eben.«
Das Mißtrauen blieb. Wir sahen es an ihrem Gesicht, und zuletzt hob sie die Schultern. »Dann wünsche ich Ihnen noch viel Spaß bei unserer Reise. Sie können jetzt schon einsteigen.«
»Gern.«
Bevor wir den Bus betraten, schaute ich noch einmal zur Straße hin. Suko hatte dort angehalten und war ausgestiegen. Er stand neben dem Rover. Selbst auf diese Distanz hin konnte ich sein grinsendes Gesicht sehen. Er gönnte uns die Reise. Es machte ihm richtig Spaß, uns einsteigen zu sehen.
Wir betraten den Bus, in dem die meisten Fahrgäste schon ihre Plätze
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