1120 - Grauen hinter Gittern
neigte ich mein Ohr gegen das dicke Holz.
Schaben, Kratzen, ein leichtes Klirren…
Ich hätte mir eine Waffe gewünscht, doch leider konnte ich mir keine zaubern. Sehr leise öffnete ich die Tür. Ich war darauf gefasst, einen Blick in die Zelle zu werfen, aber auch darauf, zurückweichen zu müssen.
Auch hier glitt die Tür lautlos auf. Der erste Blick sagte mir nichts.
Im Gegensatz zu meiner Zelle gab es hier kein Bett. Aber es brannte Licht. Es konnte auch sein, dass die Sonne ihre Strahlen durch das vergitterte Fenster schickte und auch für einen Schatten sorgte, der sich unruhig über den grauen Boden hinweg bewegte.
Etwas zuckte von rechts nach links. Ich sah den Gegenstand noch nicht, sondern nur eben den Schatten, der sich auf dem Untergrund abmalte und eine ovale Form aufwies.
Ich öffnete die Tür ganz – und blieb wie angewurzelt auf der Stelle stehen. Was ich sah, war schrecklich!
Eigentlich hätte ich damit rechnen müssen, nachdem, was Abe Douglas und ich auf dem Friedhof erlebt hatten. Wir hatten dort eine Kreatur gesehen, die nicht Mensch und auch nicht Affe war.
Für uns war sie ein Auswurf der Natur gewesen, und etwas Ähnliches sah ich hier. Nur konnte sich diese Kreatur nicht frei bewegen.
Sie steckte in einem ovalen Käfig, und der wiederum hing von der Decke nach unten. Da sich der Inhalt bewegte, übertrugen sich diese Bewegungen ebenfalls auf das hängende Gefängnis, das aus ausbruchsicherem Metall bestand und mich an einen Schandkäfig aus dem Mittelalter erinnerte.
Er oder es hockte darin. Ein fehlgeschlagenes Experiment. Ein nackter Mensch und zugleich ein halber Affe. Der Kopf war behaart, der Unterkiefer verwachsen und nach vorn gedrückt. Lange Arme, kurze Beine, eine neue Stirn, doch eine noch menschliche Nase.
Es stank erbärmlich. Die Fäkalien bedeckten den Boden der Zelle und auch den im Käfig. Die Kreatur hatte mich gesehen. Sie starrte mich an und hielt ihre Finger um die Gitter gepresst. Wir waren beide überrascht, aber die Mutation hatte diese Zeit schneller überstanden. Sie ließ die Stangen los, drückte die Hände und einen Teil der Arme durch die Lücken, als wollte sie nach mir greifen.
Das Maul riss die Kreatur weit auf. Ich sah Zähne, die ebenfalls nicht mehr zu einem Menschen gehörten, und auf den Lippen schimmerte plötzlich gelblicher Geifer.
Durch mein Erscheinen war die Kreatur erschreckt und zugleich wütend gemacht worden. Sie bewegte sich heftig in ihrem Gefängnis, so dass der Käfig vor- und zurückschaukelte. Er war durch einen Haken an der Decke befestigt. Bei jeder Bewegung drang mir ein quietschendes Geräusch entgegen.
Ich konnte nichts für die Kreatur tun. Sie war gefangen, und es war auch gut so. Hätte ich sie befreit, hätte sie es mir nicht gedankt und sich auf mich gestürzt, um mich zu zerreißen.
Ich blieb in sicherer Entfernung stehen und beobachtete nur. Es passte der Kreatur nicht. Sie wollte an mich herankommen und sorgte mit immer kraftvolleren Stößen, dass der verdammte Käfig in stärkere Schwingungen geriet.
Es reichte nicht aus. Ich stand zu weit weg. Dafür hörte ich die Schreie. Sie klangen nicht wie die eines Menschen, aber auch nicht wie die schrillen Rufe eines Affen, wenn er von Baum zu Baum durch den Regenwald hetzte.
Was war er einmal gewesen? Ein Mensch, der zu einem Affen genmanipuliert worden war? Oder umgekehrt?
Ich konnte es nicht sagen. Auch bei der Kreatur auf dem Friedhof hatten Abe Douglas und ich es nicht herausgefunden. Wir wussten nur, dass dieses Wesen zu einem gnadenlosen Killer mutiert war.
Dieses Wesen kam mir schlimmer vor als ein Vampir oder Werwolf zusammen. Gerade weil es noch etwas Menschliches an sich hatte und ich erkennen musste, wozu eine pervertierte Wissenschaft in der Lage war. Sie konnte Menschen manipulieren oder Affen oder vielleicht auch noch andere Wesen.
Nach außen hin wurde alles abgestritten, doch es gab genug Menschen, die ihre Kenntnisse in einen Dienst stellten, der einfach verabscheuungswürdig war. Dies in der Praxis zu sehen und zu erleben, ging mir an die Nieren. Möglicherweise zitterte ich deshalb so stark und spürte auch einen gewaltigen Druck im Magen.
Ich hasste das Geschöpf nicht. Es war mir einfach unmöglich. Ich konnte es nur bedauern, auch wenn es ein Todfeind war und mich in Freiheit sicherlich zerreißen würde.
Auf dem Boden verteilten sich nicht nur die Fäkalien. Auch Essensreste lagen in den Ecken. Die Kreatur hatte sie einfach
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