1120 - Grauen hinter Gittern
wenn die großen Geister den Weg erst gefunden haben, kann niemand sie stoppen. Dann werden wir tolle Kreaturen züchten und mit ihnen auch Kriege führen können. Der erste Schritt ist getan. Weitere werden folgen. Das müssen bald alle begreifen. Diejenigen, die sich jetzt noch gegen die Forschungen stemmen, werden bald zu den Verlierern gehören, Sinclair. So wie du…«
Nach dem letzten Wort brach die Stimme ab. Es folgte nichts mehr, und ich blieb in der Stille stehen. Ich hatte mich auf das Gespräch konzentrieren müssen und dabei meine Umgebung vernachlässigt. Jetzt fiel mir wieder ein, dass ich die Schritte gehört hatte.
Der Schall, der von oben an meine Ohren gedrungen war.
Ich schaute hoch. Der Sprecher hatte nicht gelogen. Dank seiner Befehle war es den Kreaturen und auch den normalen Menschen gelungen, ihre Zellen zu verlassen.
Sie standen an den Geländern und schauten auf mich herab. In der ersten und auch der letzten Etage hatten sie sich aufgebaut. Sie sprachen kein Wort und glichen den Figuren eines Künstlers, der sie für eine Ausstellung geholt hatte. Sie bewegten sich auch nicht.
Das Licht war schlecht. So war es mir nicht möglich zu erkennen, wer Mensch oder wer Mutation war.
Der Anblick war schlimm. Als noch schlimmer allerdings empfand ich die Stille. Zusammen mit den Gestalten auf den Galerien bildete sie eine finstere Drohung.
Es gab für mich keinen Ausweg. Wohin ich auch lief, ich konnte ihnen nicht entkommen. Und der Sprecher oder der Chef dieses Zuchthauses hatte ich auch nicht zu Gesicht bekommen. Es war fraglich, ob ich ihn überhaupt jemals sehen würde.
Wo gab es einen Ausweg?
Vielleicht dort, wo sich die breite Gittertür befand? Von dort aus musste der Weg zu den anderen Räumen des Zuchthauses führen.
Die starren Gesichter glotzten weiterhin nach unten. Masken, Fratzen, die zu Gestalten gehörten, die darauf warteten, dass ich etwas unternahm.
Nein, so lange warteten sie nicht. Sie verhielten sich wieder wie nach einem gemeinschaftlich erhaltenen Befehl. Wer den Ausschlag gegeben hatte, erfuhr ich nicht. Aber die Starre löste sich.
Jeder wusste genau, welchen Weg er zu nehmen hatte. Dabei spielte es keine Rolle, wohin sie gingen, denn alle Wege führten zu den Treppen. Und diese wiederum endeten unten in der Arena, in der ich als einsamer Gladiator stand…
***
Im Handschuhfach hatte Suko zwei Dosen mit Wasser gefunden.
Auch wenn die Brühe ziemlich warm geworden war, er riss die Laschen trotzdem ab und flößte dem neben ihm sitzenden Abe Douglas etwas von der Flüssigkeit ein, wobei er auch Wasser über dessen Gesicht kippte.
Er fuhr nicht mehr. Der Wagen stand jetzt auf einem Parkplatz, der zu einem großen Supermarkt oder Shopping Center gehörte.
Wer hier stand, der hatte andere Sorgen, als sich um den Nachbarn zu kümmern. Außerdem parkte Suko an der Einfahrt, wo die wenigsten standen, weil sie von dort zu weit zu den Geschäften zu laufen hatten.
Der Tote lag auf der Ladefläche hinter dem Rücksitz, auf dem Master mehr hing als saß. Er war noch immer bewusstlos. Im Gegensatz zu Abe Douglas, dem das Wasser gut getan hatte.
Suko gönnte dem G-Man noch einen Schwall Wasser und lachte leise, als er Abe prusten hörte. »Na, wieder da?«
Douglas sagte nichts. Aber er hatte die Worte gehört, denn seine Haltung war angespannter geworden. Zudem waren die Augen nicht mehr geschlossen, und sehr langsam drehte er den Kopf nach links.
Suko saß auf dem Fahrersitz und hatte sich dem Freund ebenfalls zugedreht. Abe Douglas riss die Augen noch weiter auf. »Nein!«
»Doch«, sagte Suko.
»Das ist ein Traum. Ich spinne! Ich bin…«
»Du bist in New York. Du sitzt in einem Chrysler, und ich bin keine Fata Morgana.«
Douglas schloss die Augen wieder. Er musste den positiven Schock erst verdauen. Dann fasste er Suko an und flüsterte: »Verdammt, es ist doch kein Traum.«
»Deshalb sollten wir auch so schnell wie möglich reden und zur Sache kommen. Ich befürchte, dass wir nicht mehr viel Zeit haben.«
»Worüber reden?«
»Über dich und über John.«
Der G-Man war noch immer benommen, aber er gehörte auch zu den Männern, die eine harte Schule hinter sich hatten und sich so leicht nicht von den Beinen holen ließen. »Ist schon gut«, sagte er und trank die Dose mit einigen Schlucken leer. Er fluchte auch über seine Kopfschmerzen, aber er erklärte gleichzeitig, dass sie sich ertragen ließen.
Suko stellte zunächst keine Fragen mehr. Statt dessen
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