1123 - Der Terror beginnt
jemand zu Hause, denn zwei Fenster standen offen. Das Haus wurde von einem Garten umgeben. Vorn blühten Sommerblumen, und da fielen mir besonders die hohen Sonnenblumen auf, die um diese Zeit in voller Pracht standen. Ich hörte das Summen der Insekten und ansonsten kaum einen Laut. Friedlicher konnte die Welt nicht sein.
Nach Terrence Bull brauchte ich nicht lange zu suchen. Wahrscheinlich hatte ihn das Zuschlagen der Wagentür aufmerksam werden lassen. Im Haus hatte er sich nicht aufgehalten, sondern dahinter.
Jetzt kam er vor und sah mich am Zaun stehen.
»John…«
»Hallo, Terrence.«
Seine Augen leuchteten. Er freute sich echt. Bull war schon älter, ein knorriger Mann, auf den ich mich immer hatte verlassen können. Er trug Gartenkleidung, einen Overall, dicke Schuhe, ein kariertes Hemd und eine flache Mütze. Das Gesicht darunter verzog sich zu einem breiten Lächeln.
»Himmel, wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen, mein Freund.«
»Das stimmt.«
»Dann komm rüber. Laß uns in den Garten gehen. Ich bin dabei, Äpfel zu pflücken. Du weißt ja, daß ich einen grünen Daumen habe, und ich habe das Gelände hinter dem Haus als Obstwiese gelassen. Birnen, Äpfel, Pflaumen, Kirschen, das ist meine Welt nach Feierabend.« Er legte mir eine Hand auf die Schulter. »Jedenfalls freue ich mich, daß du den Weg nach Lauder gefunden hast. Du hast dich hier lange nicht mehr blicken lassen«, erklärte er mit einem leisen Vorwurf in der Stimme.
»Das stimmt allerdings.«
»Wie ist es dir denn ergangen?«
»Ach - später.«
»Immer noch das gleiche, wie?«
»Ja.«
Wir waren inzwischen um das Haus herumgegangen und befanden uns nun an der Rückseite, wo die zahlreichen Obstbäume wuchsen. Ich sah Körbe und Kisten auf dem Rasen stehen. Teilweise waren sie mit Birnen und Äpfeln gefüllt. Andere waren noch leer. Mit Greifern versehenen unterschiedlich langen Zangen holte Bull das Obst von den Bäumen, wahrlich keine leichte Arbeit.
Es gab auch eine gemütliche Ecke. Um einen viereckigen Holztisch herum standen eine Bank und zwei Stühle. Ebenfalls grün gestrichen und aus Holz gefertigt.
»Das ist mein Reich, wenn ich dienstfrei habe. Heute bin ich sogar allein, meine Frau ist unterwegs. Aber setz dich doch.«
»Danke.« Ich fand meinen Platz auf einem Stuhl. Es war wirklich angenehm hier draußen und auch nicht zu warm, da die Bäume genügend Schatten spendeten.
Auch Bull nahm Platz und schob seine Mütze etwas zurück. »Bist du schon länger hier?«
»Nein, noch nicht. Ich war am Grab meiner Eltern und auch oben am Haus.«
Bulls Gesicht verdüsterte sich. »Ja, ja, die Zeiten haben sich geändert«, sagte er mit traurig klingender Stimme. »Es ist vieles anders geworden hier in Lauder. Manchmal habe ich das Gefühl, es hätte der Tod deiner Eltern und alles, was damit zusammenhängt, die Menschen hier gelähmt.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich kann mich natürlich auch irren, aber die Fröhlichkeit ist verschwunden. Die Leute sind einfach nicht mehr locker genug.«
»Ja, es ist einiges passiert, und es passiert noch immer etwas, Terrence.«
Bull schaute mich kurz prüfend an, behielt jedoch einen Kommentar für sich und deutete statt dessen auf eine Flasche und auch Gläser, die auf dem Tisch standen. »Ich hatte gerade vor, einen kleinen Schluck zu nehmen. In meinem Alter muß man sich hin und wieder eine Pause gönnen. Trinkst du einen mit?«
Ich deutete auf die braune schlanke Flasche. »Was ist das für ein Gebräu…«
»Nein, John, du irrst dich. Das ist kein Gebräu. Das ist der beste Apfelsaft, den du dir vorstellen kannst. Eigene Herstellung, John. Super, sage ich dir. Saft, der weg muß, denn ich werde den neuen bald aufziehen.«
»Machst du das?«
»Nein, das lasse ich machen. Es geht schneller. Aber ich habe das Rezept erfunden.«
»Dann möchte ich gern einen Schluck.«
»Ja.« Er strahlte. »Du wirst dich noch wundern, wie gut dir mein Saft schmeckt.«
Er füllte zwei Wassergläser und schob mir eines davon vorsichtig rüber. »So, dann wollen wir mal einen Schluck nehmen. Zur Gesundheit.«
»Ebenfalls.«
Der Saft war super. Aber er war auch einer für Erwachsene, denn ich schmeckte sofort, daß er mit Alkohol angereichert worden war. Der alte Fuchs Terrence wußte genau, was er tat, und er hatte recht, die eigenen Produkte zu loben.
»Na, wie bekommt er dir?«
»Hervorragend. Aber ich bin Autofahrer.«
»Es ist nur wenig, glaub mir. Nimm noch einen Schluck. Der
Weitere Kostenlose Bücher