113 - Gebeine aus der Hexengruft
Melodiefetzen,
schwebten durch die Kapelle. Wenn draußen einer vorbeiging, den würde das kalte
Grausen packen, ganz und gar, wenn er einen Blick durch die schmutzigen
Scheiben riskierte.
„Eine muß das Opfer darstellen. Wir wollen
alles ganz genau haben.“ Fred Laine blickte sich in der Runde um.
„Warum soll es immer eine Frau sein? Wie
stebt’s mit Alex?“ fragte Liz kichernd. Sie schleiften ihn über den Boden,
legten ihn auf die Stufen und übergossen ihn mit Whisky.
In der kleinen Kapelle roch es nach Alkohol.
„Nichts. Es muß eine Frau sein“, sagte Ellen
Radnor unvermittelt.
„Okay. Freiwillige vor.“ Laine sah, daß
gleichzeitig drei nackte weibliche Arme in die Luft flogen. „Na, das ist heute
wieder ein Gedränge. Da müssen wir auslosen. “
„Das kannst du dir ersparen“, sagte Ellen
Radnor leise, und ein geheimnisvoller Unterton schwang in ihrer Stimme mit.
„Ich weiß, daß ich es sein werde.“
Jim Tekner präparierte drei verschieden lange
Streichhölzer. Die weiblichen Mitglieder der Gruppe zogen die Hölzchen kurz hintereinander.
Wer das kürzeste erhielt, der sollte Satansbraut werden, so hatte der „Große
Meister mit der Ziegenbockmaske“ es bestimmt.
„Ich hab’s euch doch gesagt. Ich werde es
sein.“ Die Wahl war auf Ellen Radnor gefallen.
●
Sie legte sich flach auf den Boden, den Blick
gegen die Decke gerichtet.
Ihre Augen glänzten, und ein leichtes,
beglückendes Lächeln umspielte ihre Lippen.
Es war, als ob sie etwas erwarte und wisse,
daß sie es auch bekam.
Fred Laine stimmte einen seltsamen Singsang
an. Was sie hier trieben, war dumm und unsinnig, und keiner wußte eigentlich so
recht, warum er es tat. Oder war es mehr? Gerieten sie in einen Zwang, den sie
nicht begriffen und nicht erkannten?
Unflätige Worte kamen über Fred Laines
Lippen. Er rief den Satan an und deutete mit spitzen Fingern auf das nackte
Opfer am Boden.
Fred, Jim und die beiden Mädchen faßten sich
an den Händen, umtanzten den Altar, auf dem der whiskyübergossene Alex lag, und
die untere^. Stufen, auf der Edlen Radnor lag , die
Augen halb geschlossen.
Wie ein Nebelschleier lag es über ihren
Augen. Was sie hier trieben, war gotteslästernd. Sie entweihten diesen heiligen
Ort.
Aber - war er wirklich noch heilig? War er
nicht entweiht worden durch Cynthia Maniot, die sich dem Teufel verschrieben
hatte?
Die Figuren an der Wand schienen sich zu
bewegen. Das Wechselspiel der Kerzenflammen zwischen Licht und Schatten machten
sie lebendig. Ein Panoptikum des Grauens!
„Komm, Luzifer! Nimm unser Opfer an! Hörst du
unser Rufen?“ Laut und deutlich hallte Fred Laines Stimme durch die kleine
Kapelle. Die Nebel über Ellen Radnors Augen verstärkten sich.
„Mir wird so komisch“, vernahm sie wie aus
weiter Ferne Gwendolynes Stimme.
Die Tänzer verlangsamten ihre Schritte und
blieben stehen.
Gwendolyne wischte sich über die Augen. „Ich
habe plötzlich einen solchen Druck auf der Stirn. Mir ist, als hätte mich etwas
berührt - eine Hand.
Laine lachte. „Die Hand Satans! Kinder, was
wollen wir mehr?! Aber er greift nach Gwendolyne und verschmäht Ellen. Was für
einen Geschmack hat der Bursche? Die Haarfarbe ist die gleiche, auch die Figur.
Ob er größere Brüste liebt?“
Sie lachten. Gwendolyne stimmte mit ein.
Laine war ein Teufelskerl und ein wirklicher Clown. Dem fiel aber auch immer
ein Unsinn ein.
„Partnertausch! Laß die von Luzifers Hand
Berührte deinen Plate entnehmen, Ellen ..
„Die Hexe ..kam es wie ein Hauch über Ellen
Radnors blasse Lippen, und sie sah aus, als wäre
jegliches Blut aus ihrem Körper gediehen. „Cynthia Maniot! Ihr müßt... Cynthia
rufen!“
Ihre Stimme klang benommen.
Fred Laine warf die Arme hoch und stampfte
wie ein Stier um den Altar herum. „Wir werden sie rufen“, sagte er mit heiserer
Stimme. „Kommt“, wisperte er den anderen zu. „Sie ist schon in Trance. Ellen
hat eine Vision.“
Er faßte es als ein Spiel auf, als eine
plötzliche Idee der jungen Textilarbeiterin. Er ging darauf ein.
Gwendolyne zögerte einen Moment und wollte
den anderen nicht die Hand reichen, wurde aber einfach gepackt und mitgerissen.
„Cynthiaaa - Cynthiaaa Maniot! Kannst du uns
hören?“ Fred schrie es zuerst, Jim wiederholte den Ruf wie ein Echo, und die
Wände dröhnten.
Liz wiederholte den Ruf.
Dann war Stille.
Sie wartete auf Gwendolyne. Die riß sich
plötzlich los. „Ich mach’ nicht mehr mit“, sagte sie heiser.
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