1130 - Zombieville
zuckten die Achseln, besprachen sich dann leise, und einer von ihnen, ein älterer, mit weißem Bart und Wollmütze, nickte ihr schließlich zu. »Ja, bei uns ist noch Platz.«
»Das ist nett.«
»Kommen Sie mit.«
Den Wagen konnte sie stehenlassen. Sie holte nur noch die Tasche hervor und schloß den Volvo ab.
Dann folgte sie ihrem Gastgeber durch eine Gasse, die von windschiefen, Häusern umrahmt wurde, am Rande eines kleinen Tümpels entlang zu einem größeren Haus mit flachem Dach. Aus einem Kamin quoll grauer Rauch.
Im Haus brannte Licht. Es gab hier keine Elektrizität, aber irgend jemand hatte einen alten Generator organisiert, so brauchte man im Haus nicht unbedingt im Schein der Kerzen oder in dem des Kaminfeuers zu sitzen.
Drei Kinder, eine Frau, ein jüngerer Mann staunten nicht schlecht, als der ältere den Gast mitbrachte. Keiner hatte etwas dagegen, daß Karina bei der Familie übernachtete. Sie mußte eben auf der Kaminbank schlafen, was ihr sogar recht war.
Gegessen wurde auch. Kinder und Erwachsene saßen an einem großen Tisch zusammen. Es gab Brot und einen Aufstrich, der grau wie Grütze aussah, aber sehr gut schmeckte, denn er war scharf gewürzt und auch mit Knoblauch durchzogen.
Das letzte Eis zwischen ihnen brach, als Karina das Essen sehr lobte. Dann erzählte sie, daß sie aus Moskau gekommen war, und die Kinder bekamen sofort große Ohren, denn Karina mußte ihnen von Moskau erzählen.
Bis es den Eltern zu bunt wurde und die Kinder schlafen geschickt wurden. Karina erfuhr, daß die Menschen hier vom Maisanbau lebten und auch von der Schweinezucht. Viel brachte es nicht ein, und sie waren wirklich das letzte Kaff, wie der ältere Mann, der Vater des Jüngeren, behauptete.
Damit hatte er ein Thema angeschnitten, das Karina Grischin gefiel. »Warum ist das so?«
»Irgendwo muß es einmal zu Ende sein.«
»Aber hier ist keine Grenze…«
»Doch!«
»Ich habe keine gesehen.«
»Sie ist eben unsichtbar.«
»Wirklich?«
»Ja, man hat sie gemacht. Unser Maisfeld ist das letzte. Danach kommt nichts mehr.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen.«
Der alte Mann winkte ab. »Früher gab es hier mal Soldaten, aber das liegt lange zurück. Jetzt sind wir vergessen.«
»Soldaten?« Karina schüttelte den Kopf. »Was haben die denn bewacht? Raketen oder so?«
»Nein.«
»Also nichts…«
Der Alte zuckte mit den Schultern. »Kann man so auch nicht sagen. Aber ich will es gar nicht wissen.«
»Ist auch besser, wenn man nicht darüber redet!« sprang sein Sohn ihm bei.
Die letzte Bemerkung hatte Karina noch neugieriger werden lassen. Aber sie mußte auch vorsichtig agieren und die Familie nicht mißtrauisch machen. Die Frau redete sowieso nicht. Sie saß still auf der Bank und schaute mehr ins Leere.
»Aber die UdSSR gibt es nicht mehr«, sagte sie mit leiser Stimme. »Vieles hat sich geändert, verändert und aufgelöst. Selbst Militäranlagen verrotten.«
Der junge Mann stand auf. Neben dem Kamin standen zwei Kerzen mit hohen Ständern. Er holte sie an den Tisch heran und zündete die Dochte mit einem alten Sturmfeuerzeug an. Es gab jetzt mehr Licht, und auch Karina sah besser.
»Das war keine Militäranlage«, sagte der junge Mann. »Wenigstens keine, wie man sie sonst kennt. Wir haben keine Panzer und ähnliche Fahrzeuge gesehen. Sie wären ja sonst hier in der Nähe vorbeigefahren. Aber so war das nicht.«
»Ihr habt Soldaten gesehen?«
»Das schon. Aber keiner durfte hin. Die haben nur etwas bewacht. Es muß etwas Außergewöhnliches gewesen sein. Ich weiß das.«
Auch der Alte nickte, um seinem Sohn beizupflichten. »Es ist nicht gut, wenn man sich darum kümmert. Wir sollten auch jetzt die Finger davon lassen.«
»Aber euch hat nie eine Gefahr gedroht - oder?«
»Nein, das nicht. Wir haben uns auch an die Regeln gehalten.« Der Mann schloß die Augen, um damit zu zeigen, daß er nichts mehr hinzufügen wollte.
Sein Sohn saß neben ihm. Er hatte die dunklen, dichten Augenbrauen von seinem Vater geerbt. Er zog sie zusammen, bevor er wieder das Wort übernahm. »Man spricht von geheimen Forschungen«, gab er mit leiser Stimme bekannt. »Davor haben wir alle Angst gehabt.«
»Hängt es mit dem Begriff Atom zusammen?«
»Nein, nicht wie weiter im Süden damals. Tschernobyl. Kein Atom, das muß etwas anderes gewesen sein. Es hat auch nur Militär gegeben. Ich kenne keine Zivilisten. Hin und wieder sind sie durch unser Dorf gefahren. Auch mit großen Wagen, die völlig
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