1132 - Hexenfalle Bamberg
zumindest. Ich sehe keinen Grund, ihr nicht zu glauben.«
»Hat sie auch das Ziel der Mondsüchtigen gesehen?«
»Nein, leider nicht. Aber sie muß von jemand erwartet worden sein. Von der Mörderin.«
Ich schaute den Kommissar an, der nur mit den Schultern zuckte und meinte: »Das ist inoffiziell, John.«
»Was sagen deine Kollegen?«
»Alles ruhig in der Stadt.«
»Ich bin noch nicht fertig«, meldete sich Elke, die das Schnapsglas weggestellt hatte. »Was ich euch jetzt erzähle, ist ebenfalls inoffiziell, aber es könnte dazu beitragen, den Fall zu lösen, und diesmal sind wir betroffen.«
Weder Uwe Hinz noch ich wußten, was sie damit meinte. Der Kommissar sagte: »Nun rede doch endlich, Elke!«
»Keine Sorge, das werde ich. Es geht um Ulrike Feind.«
»Wie? Monikas Freundin?«
»Genau um die. Ihretwegen ist unsere Tochter gestern nacht nicht nach Hause gekommen«, erklärte Elke Hinz zu mir gewandt. »Sie mußte einfach bei ihr bleiben, weil es ihr schlecht ging.«
»War sie krank?«
»Nein, Herr Sinclair, das nicht. Zumindest nicht körperlich krank. Aber sie litt unter Alpträumen. Sie sank während des Schlafs in einen schrecklichen Zustand hinein, aus dem sie auch dann nicht erwachte, wenn sie aufstand und losging.«
»Als Schlafwandlerin?«
»So ist es.« Elke Hinz lächelte hart. »Und jetzt vergleichen Sie bitte meine letzten Worte mit den Aussagen der inoffiziellen Zeugin. Dieser Zusammenhang ist mir erst in der letzten Stunde klargeworden. Und liege ich da so falsch?«
Sie wollte von ihrem Mann und von mir eine Antwort. Die konnten wir ihr nicht geben, weil wir beide erst nachdenken mußten.
»Monika ist bei Ulrike.«
Dieser eine Satz ließ Uwe zusammenschrecken. »Moment mal, sie ist wieder zu ihr gegangen?«
»Das habe ich gesagt. Und sie hat auch vor, die Nacht bei ihr zu verbringen.«
Das war eine Nachricht, die uns auf keinen Fall gefallen konnte. Ich war es gewohnt, mich nicht nur auf die Berichte der Kollegen zu verlassen, ich hatte immer selbst recherchiert und auch auf sogenannte Zwischentöne geachtet.
Hier dröhnte es jetzt in meinem Kopf. Ich mußte Elke Hinz ein Kompliment machen. Vielleicht hatte sie dank ihrer Intuition genau den richtigen Zusammenhang erkannt.
»Ein Opfer zumindest war eine Schlafwandlerin«, erklärte sie. »Möglicherweise hat die Mörderin auch Ulrike Feind dazu gebracht. Sie und der Dämon sind in ihre Träume eingedrungen. Das erzählte sie Monika, und sie hat es mir erzählt.«
Ich dachte an die fliegende Bestie, die mich fast erwischt hatte.
»Wir sind hier falsch, Uwe.«
»Das denke ich allmählich auch.«
»Du weißt, wo Ulrike wohnt?«
»Sicher.«
»Aber ich fahre mit!« erklärte Elke Hinz in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete…
***
Loretta hatte es sich bequem gemacht. Sie wirkte auf eine wundersame Art und Weise gelöst und locker. Streß war ihr nicht anzusehen, und wie sie stellte man sich auch keine sechsfache Mörderin vor. Eher wie eine Frau, die geboren war, um die Männer zu verführen. Darauf wies zumindest ihr provokantes Outfit hin.
Sie hatte sich auf der Mauerecke, die den Dachrand begrenzte, niedergelassen und einen dunklen, langen, aber vorn offenen Mantel um ihren Körper geschlungen. Darunter trug sie so gut wie nichts.
Nur zwischen den Beinen klemmte noch ein Stück Stoff, und ihre Beine steckten in langen Stiefeln, die hoch bis zu den Knien reichten. Ihr Gesicht war glatt. Es schimmerte im fahlen Licht des Mondes, der jetzt wolkenfrei am Himmel stand. Eine hohe Stirn, eine leicht nach oben gebogene Nase, ein weiches Gesicht mit sinnlichem Mund und sehr dunklen Augen, ebenso dunkel wie das lange, gekräuselte Haar.
Der kleine Dämon hockte nicht weit von ihr entfernt. Es war zu sehen und zu spüren, daß die beiden zusammengehörten, und das stellte auch Monika Hinz fest.
Sie hatte sich noch nicht getraut, das Vordach zu betreten. Nach wie vor stand sie mit einem Bein im Zimmer, und sie klammerte sich noch immer am Fensterrahmen fest. Aber sie hatte ihren ersten Schock überwunden und konnte klar denken und überleben, auch wenn die Gedanken schrecklich waren, denn sie drehten sich um das Schicksal ihrer Freundin.
Loretta Lugner würde keine Gnade kennen. Das hatte sie bei ihren ersten Morden und auch bei den drei nächsten bewiesen. Mit Ulrikes Tod würde sie die Reihe der ersten Morde fortführen, und auch Monika Hinz war klar, daß sie sich in Lebensgefahr befand, denn was sollte Loretta daran
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